Kategorie-Archiv: Jethro Tull

Ian Anderson und seine Jungs

Ian Anderson: Homo Erraticus (2014) … coming soon

Bereits am 11. April (in Deutschland), zeitig vor dem Osterfest, ist es soweit: Johannes, der Vagabund, enthüllt sein neuestes Werk und bietet es uns zum Kaufe an: Homo Erraticus. Jethro Tull ist tot, es lebe Ian Anderson!

Ian Anderson: Homo Erraticus (2014)

Zum Inhaltlichen gab es ja bereits vieles zu lesen, auch an dieser Stelle: Homo (Britanicus) Erraticus. Kommen wir zum Eingemachten. Zunächst beglückte uns der Meister mit einem kleiner Teaser und ließ uns erstmalig etwas aus dem neuen Werk erlauschen:


Ian Anderson – Homo Erraticus album teaser

Und eine Tracklist des neuen Albums ist auch längst verfügbar, die Aufnahmen also schon längst im Kasten:

PART ONE: CHRONICLES
1. Doggerland [4:20]
2. Heavy Metals [1:29]
3. Enter The Uninvited [4:12]
4. Puer Ferox Adventus [7:11]
5. Meliora Sequamur [3:32]
6. The Turnpike Inn [3:08]
7. The Engineer [3:12]
8. The Pax Britannica [3:05]

PART TWO: PROPHECIES
9. Tripudium Ad Bellum [2:48]
10. After These Wars [4:28]
11. New Blood, Old Veins [2:31]

PART THREE: REVELATIONS
12. In For A Pound [0:36]
13. The Browning Of The Green [4:05]
14. Per Errationes Ad Astra [1:33]
15. Cold Dead Reckoning [5:28]

Ian Anderson ist nicht nur sehr geschichtsträchtig geworden, sondern auch noch unter die Lateiner gegangen. Hier einige Hinweise für Nicht-Lateiner (zu denen ich mich auch zählen muss) zu den Liedtiteln:

4 Puer Ferox Adventus: Ankunft des wilden Kindes
5 Meliora Sequamur: Let’s keep striving for better (Lasst uns nach Besserem streben) – Wahlspruch der Brighton Grammar School und auch der Blackpool Grammar School (na, wer da wohl einst zur Schule gegangen ist: Spin me back down the years and the days of my youth…?)
8 The Pax Britannica: Der Friede Britanniens, in Anlehnung an die Pax Romana des alten Rom: Prinzip der Welt- und Kolonialherrschaft im 19. Jahrhundert
9 Tripudium Ad Bellum: Tanz in den Krieg
14 Per Errationes Ad Astra: Während der Wanderungen der Sterne

Inzwischen geistern im Netz auch schon einige der Lieder von der neuen Scheibe. Man staunt. Aber wir sind ja globalisiert und nutzen diese Tatsache auch gern für unsere Zwecke. Dank einer Vorausschau eines polnischen Rundfunksender (Moderator der allwegs bekannte Piotr Kaczkowski) hier also schon gleich drei Lieder:


Ian Anderson “Homo Erraticus“ (The Engineer – After These Wars)


Ian Anderson “Homo Erraticus“ (The Pax Britannica)

Und ein viertes Lied lässt sich über dropbox.com sogar herunterladen: Ian Anderson: Doggerland

Oje! Was soll ich jetzt zu diesen vier Liedern schreiben. Für mich ist das weder Fisch noch Fleisch. Und wenn ich im Alter inzwischen auch die zweite Vorkommastelle mit Herrn Anderson teile: das ist musikalisch ziemlich belangloser Altherrenrock. Aber NEIN: Das habe ich jetzt nicht geschrieben. Ich werde mir die Stücke noch einmal (und noch einmal) in Ruhe anhören … Wenigstens trifft der Meister beim Gesang den Ton, wenn er auch äußerst verhalten daherzwitschert (… also beim Altherrenrock bleibe ich! Basta!).

weitere Infos siehe bei kscope – auch mit einigen ‚hübschen’ Bildchen von Ian Anderson und seinen Mannen

Plitschnass: Jethro Tull – Under Wraps-Tour 1984

Am 8. Oktober 1984 erschien in den USA das Album Under Wraps der Gruppe Jethro Tull. Es war ohne Schlagzeuger im Frühjahr 1984 in Ian Andersons Heimstudio aufgenommen und ist das einzige Album der Gruppe, das überwiegend Stücke aus der Feder der Bandmitglieder enthält, hauptsächlich aber Lieder in Zusammenarbeit von Ian Anderson mit dem Keyboarder Peter-John Vettese, der dann auch erheblich den Stil des Albums prägte: elektronischer Rock mit jeder Menge Synthesizer, u.a. auch mit programmierten Schlagzeug. Höchste Chart-Position war Platz 76 in den USA (in Großbritannien erschien das Album bereits am 9. September und erreichte Platz 18).

Das Album wird unter Tull-Fans bis heute heiß diskutiert, denn an ihm scheiden sich immer noch die Geister. Auch ich war damals beim Erscheinen nicht gerade begeistert. Inzwischen habe ich aber Frieden damit geschlossen und betrachtet es vor allem als ein Kind seiner Zeit (eben die 80-er Jahre).

Wenige Tage nach der Veröffentlichung begann dann am 12. Oktober die Konzerttour durch die USA und führte die Gruppe am 28. Oktober nach Passaic, New Jersey. Dort traten sie im Capitol Theatre auf. Erstmals bei einer Tour mit dabei war Doane Perry am Schlagzeug. Das Konzert wurde von MTV für die Sendung „MTV Rock Influence“ aufgezeichnet, Sendedauer: 45 Min. Hierfür wurden allerdings nur vier bzw. fünf Lieder (Aqualung, Living in the Past kurz angespielt, Teile von Thick as a Brick, Under Wraps #1 und zuletzt, ist klar: Lomomotive Breath) verwendet. Wegen Probleme mit dem Urheberrecht ist das bei Youtube vorhandene Video dieser Sendung (in allerdings bescheidener Qualität) in Deutschland leider nicht zu betrachten (lässt sich aber über eine russische Website aufrufen). Die Rechte liegen inzwischen wohl u.a. bei Bill Graham Archives bzw. Wolfgang’s Vault und werden von dort vermarktet (eine inzwischen kostenpflichtige Mitgliedschaft ist notwendig – Bill Graham rotiert deshalb sicherlich in seinem Grab!).

Die Sendung „MTV Rock Influence“ allein ist sicherlich schon fast einen Beitrag wert. Es geht um Progressive Rock, und neben den Einspielungen aus dem Konzert in Passaic, New Jersey, kommt Ian Anderson zu Wort. Daneben werden Konzertausschnitte z.B. von Emerson, Lake & Palmer, Yes, King Crimson und Traffic (auch von Genesis – ohne Peter Gabriel bieten Phil Collins & Co. aber nur Mainstream-Rock) samt einiger Kommentare von Bandmitgliedern eingespielt. Im Mittelpunkt steht aber Jethro Tull und Ian Anderson (da war der Meister wohl zur rechten Zeit am rechten Ort).

Zurück zum Konzert: Hier zunächst die Playlist, wie sie in der Tull Tour History von The Ministry of Information (MoI) aufgeführt ist:

Under Wraps (intro), Locomotive Breath (inst. intro)/Hunting Girl, Under Wraps #1, Later That Same Evening, Nobody’s Car, Fly By Night, Thick As A Brick, Skating Away…, Clasp, Living In The Past, Serenade To A Cuckoo, Fat Man, Instrumental, Black Sunday, Songs From The Wood, Minstrel In The Gallery, My Sunday Feeling, Aqualung, Locomotive Breath, Too Old To Rock’N’Roll, Thick as a Brick (reprise)

Wie gesagt: MTV nahm damals das Konzert auf. Rechtemäßig ist es bei Wolfgang’s Vault gelandet. Und über die Website concertvault.com kann man das Konzert in ordentlicher Qualität (bei bestehender Mitgliedschaft) betrachten: Jethro Tull – Under Wraps 1984. Es gibt inzwischen auch eine alternative Website paste.com, über die man sich probeweise kostenlos einwählen kann (ich vermute Trittbrettfahrer, die die Wolfgang’s Vault-Videos ‚abschöpfen’): Jethro Tull – Under Wraps 1984

Wer evtl. die Videos herunterladen möchte (denn das lässt sich machen) findet Rat und Tat und weitere Infos zu dem Konzert bei Jethro Tull@www.laufi.de.

Allerdings fehlen gegenüber der Auflistung bei MoI die Stücke Minstrel In The Gallery und My Sunday Feeling. Letzteres kann man verknusen. Hier noch einmal die Playlist der Videos:

1 Under Wraps #1 02:18
2 Locomotive Breath (instrumental) / Hunting Girl 06:12
3 Under Wraps #1 04:46
4 Later, That Same Evening 04:13
5 Nobody’s Car 05:12
6 Fly By Night 04:19
7 Thick As A Brick 08:38
8 Skating Away On The Thin Ice Of A New Day 02:05
9 Clasp 04:06
10 Living In The Past 03:35
11 Serenade To A Cuckoo 04:19
12 Banter
(Vorstellung der Band) 02:10
13 Fat Man 06:17
14 Instrumental 08:15
15 Black Sunday 06:22
16 Songs From The Wood 06:34
17 Aqualung 07:28
18 Locomotive Breath 06:54
19 Too Old To Rock ‚N‘ Roll, Too Young To Die 09:06

Zuletzt einige (verkleinerte) Screenshots von Herrn Anderson in action. Man kann von „Under Wraps“ halten was man will. Aber das Konzert sollte man gesehen haben. Dermaßen energiegeladen habe ich Ian Anderson noch nie gesehen (und ich habe einige Konzerte seit 1972 besucht). Immerhin war der große Flötenguru damals auch schon 37 Jahre alt. Ich kann mich beim Betrachten der Videobilder des Eindrucks nicht erwehren, dass Anderson während des Konzertes unter Strom stand oder etwas in seinem Pausentee hatte. Etwas ätzend ist Andersons Kopfbinde (und die Kopfhörer samt Empfänger am Gürtel sprechen für eine noch nicht allzu ausgereifte Übertragungstechnik).

Und wie der Meister aus allen Poren schwitzt … Schon bald ist das Hemd klitschnass. Und zuletzt trieft auch die Gärtnerhose Andersons nur so von Körperflüssigkeiten (welchen auch immer?!). Erwähnenswert ist sicherlich auch, dass zu sehen ist, wie sich der Meister kurz unters Fußvolk mischt. Das ist wirklich ein seltener Anblick.

Erstaunlich ist auf jeden Fall, mit welcher Power Ian Anderson das Konzert bestreitet. Die Stimme ist zwar schon deutlich angeknackst, was ihn aber nicht davon abhält, wie ein Berserker zu singen: absolut sehens- und hörenswert!

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live - Under Wraps-Tour 1984

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live - Under Wraps-Tour 1984

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live - Under Wraps-Tour 1984

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live - Under Wraps-Tour 1984

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live at Capitol Theatre, Passaic, NJ, USA – Under Wraps-Tour 1984

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live - Under Wraps-Tour 1984

Ian Anderson plitschnass: Jethro Tull live - Under Wraps-Tour 1984

Johannes, der Vagabund

Man verzeihe mir das kleine Spielchen. Es ist nur zu berichten, dass die Sache wohl Formen annimmt. Die Hülle (der Mantel, die Decke?) ist bereits enthüllt. Sie muss sich nur noch mit Inhalt füllen. Am 14. April ist es dann soweit: Johannes, der Vagabund, wird über den Ladentisch gereicht …

eines der glubschigen Augen des Meisters: Ian Anderson – Homo Erraticus

Wie bitte?

Ian Anderson: Homo Erraticus – Veröffentlichung: 14. April 2014

Download CD-Cover (2500px mal 2500px = 2,1 MB)

Willis alter Beitrag: Homo (Britanicus) Erraticus

Backwards played

Ich möchte noch einmal auf das 1970 erschienene Album Benefit von der Gruppe Jethro Tull zurückkommen, das vor kurzem als Deluxe Edition (u.a. DVD mit 5.1-Ton) erschienen ist. Es geht um das Thema: rückwärts gespielte Flöte, von dem ich vor einiger Zeit einmal schrieb:

Zur „rückwärts gespielten Flöte“ habe ich auf der offiziellen Tull-Website etwas gefunden, dort heißt es:

“Group leader Ian Anderson begin experimenting with production techniques, including the famed “backwards-played” flute on “With You There to Help Me” which would become a concert joke as Ian turned his back to the audience to play the opening notes. This track, and others, reflect Ian’s budding romance with a Chrysalis secretary who would become Ian’s first wife.”

Vom Beatclub gibt es ja auch eine Aufnahme dieses Stückes „With You there …“, allerdings spielt der Meister „vorwärts“. Immerhin lässt sich so das Vorwärts- und Rückwärtsgespiele sehr gut vergleichen. Und zum weiterem Vergleich: Den Anfang des Stückes (Original von der Benefit-Scheibe) und dann das Ende habe ich im Rückwärtsgang (reverse, wie der Engländer sagt) abspielen lassen – wie nachfolgend zu hören ist:


Jethro Tull: With You There To Help Me (Ausschnitt – reverse)

Im Beitrag Was ist bloß mit Ian los? Teil 43: Mondlandung mit Shakespeare schrieb ich dann weiter dazu:

Bei cupofwonder.com las ich Folgendes zum Lied „With You There to Help Me“, das mit der rückwärts gespielten Flöte:

According to Greg Russo this song is about Jennie Franks, a secretary in Chrysalis’ publishing department, whom Ian would marry later that year. The lyrics reflect the pressure of the heavy touring schedule and his longing for being home.

Danach beschreibt der Text seine Sehnsüchte nach dem trauten Heim mit seiner ersten Frau Jennie. Also doch eine Art Liebeslied, auch wenn Herr Anderson im oben erwähnten Interview behauptet, keine ‚klassischen’ Liebeslieder schreiben zu können. Okay, auch der folgende Text ist nicht ’klassisch’ (statt von ‚ihr’ singt er u.a. von ‚den einen’ – ‚the ones’).

In days of peace
sweet smelling summer nights
of wine and song;
dusty pavements burning feet.
Why am I crying, I want to know.
How can I smile and make it right?
For sixty days and eighty nights
and not give in and lose the fight. (nachgeben)

I’m going back to the ones that I know,
with whom I can be what I want to be.
Just one week for the feeling to go
and with you there to help me
then it probably will. (wird es möglich sein)

I won’t go down
acting the same old play.
Give sixty days for just one night.
Don’t think I’d make it: but then I might.
I’m going back to the ones that I know,
with whom I can be what I want to be.
Just one week for the feeling to go
and with you there to help me
then it probably will.

Was die ‚rückwärts’ gespielte Flöte dieses Stückes betrifft, da bin ich mir immer noch nicht im Klaren. Ich habe beide Versionen (‚rückwärts’ gespielte Flöte des Originals und die nochmals im ‚Rückwärtsgang’ eingespielte Version – mithin müsste es die Flöte ‚vorwärts’ wiedergeben) noch einmal verglichen. Nach den Anmerkungen auf der Tull-Website stand der Meister mit dem Rücken zum Publikum. Das kann aber kaum mit ‚rückwärts’ gemeint sein. In Frage kommt auch die kontrapunktische Technik des Krebses, das Rückwärtsspielen einer Notenpassage. Ich denke mir aber, dass die Bandaufnahme des Flötenspiels einfach ‚rückwärts’ abgespielt wurde. Dafür spricht die Aussage, Anderson hätte mit ‚production techniques’ experimentiert.

Krebs in ‚Zombie Woof’ vom Album ‚Over-Nite Sensation’ von Frank Zappa
Krebs in ‚Zombie Woof’ vom Album ‚Over-Nite Sensation’ von Frank Zappa

Also noch einmal: Die Aufnahme erfolgte nach meiner Meinung mit der Technik des Krebses, die Noten wurden von Anderson also für die bestimmten Passagen ‚rückwärts’ eingespielt. Dann wurde die aufgenommene Passage rückwärts abgespielt, sodass die Passage im Grunde notentechnisch ‚vorwärts’ ablief.

Auf dem Album „Benefit“ gibt es noch eine Aufnahme, die mich etwas irritiert: „Play in Time“. Diesmal ist es die Gitarre, die reichlich ‚komisch’ klingt. Hört Ihr es auch?


Jethro Tull – Play in Time – MyVideo

Ich habe einen kleinen Ausschnitt aus dem hinteren Teil genommen und diesen dann rückwärts abspielen lassen. Sollte neben der rückwärts gespielten Flöte auch Martin Barres Gitarre rückwärts-krebsmäßig eingespielt und wiedergegeben sein? Hier der kleine Ausschnitt von jeweils 15 Sekunden – zunächst normal abgespielt, dann rückwärts …


Jethro Tull: Play In Time (Ausschnitt – 0:15 Sek. normal vorwärts – 0:15 Sek. reverse)

Siehe u.a. auch den Beitrag: Was ist bloß mit Ian los? Teil 40: Jahreswechsel

Vorweihnachtszeit 2013 (5): Ian Anderson liest Weihnachtliches

Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern liest uns unser Flötenguru, Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull, etwas traditionell Weihnachtliches aus seiner Heimat Schottland vor („Weihnachtliches mit Onkel Ian“):

    Ian Anderson: Happy New Year & Merry Christmas!

Es handelt sich hierbei um einen Radio-Beitrag zu einer Sendung namens „A Toss the Feathers Christmas Special 2004“ und wurde einst vor inzwischen neun Jahren über den amerikanischen Sender Public Radio International ausgestrahlt. Neben „Another Christmas Song“ und „Ring Out Solstice Bells” (am Ende) liest Ian Anderson aus Sir Walter Scott’s „Marmion“ – Dichtung in sechs Gesängen (Marmion – A Tale of Flodden Field in six Cantos; Edinburgh 1808) etwas Weihnachtliches vor:

INTRODUCTION TO CANTO SIXTH

Heap on more wood!-the wind is chill;
But let it whistle as it will,
We’ll keep our Christmas merry still.
Each age has deem’d the new-born year
The fittest time for festal cheer: 5
Even, heathen yet, the savage Dane
At Iol more deep the mead did drain;
High on the beach his galleys drew,
And feasted all his pirate crew;
Then in his low and pine-built hall, 10
Where shields and axes deck’d the wall,
They gorged upon the half-dress’d steer;
Caroused in seas of sable beer;
While round, in brutal jest, were thrown
The half-gnaw’d rib, and marrow-bone, 15
Or listen’d all, in grim delight,
While scalds yell’d out the joys of fight.
Then forth, in frenzy, would they hie,
While wildly-loose their red locks fly,
And dancing round the blazing pile, 20
They make such barbarous mirth the while,
As best might to the mind recall
The boisterous joys of Odin’s hall.

And well our Christian sires of old
Loved when the year its course had roll’d, 25
And brought blithe Christmas back again,
With all his hospitable train.
Domestic and religious rite
Gave honour to the holy night;
On Christmas eve the bells were rung; 30
On Christmas eve the mass was sung:
That only night in all the year,
Saw the stoled priest the chalice rear.
The damsel donn’d her kirtle sheen;
The hall was dress’d with holly green; 35
Forth to the wood did merry-men go,
To gather in the mistletoe.
Then open’d wide the Baron’s hall
To vassal, tenant, serf, and all;
Power laid his rod of rule aside, 40
And Ceremony doff’d his pride.
The heir, with roses in his shoes,
That night might village partner choose;
The Lord, underogating, share
The vulgar game of ‘post and pair.’ 45
All hail’d, with uncontroll’d delight,
And general voice, the happy night,
That to the cottage, as the crown,
Brought tidings of salvation down.

The fire, with well-dried logs supplied, 50
Went roaring up the chimney wide:
The huge hall-table’s oaken face,
Scrubb’d till it shone, the day to grace,
Bore then upon its massive board
No mark to part the squire and lord. 55
Then was brought in the lusty brawn,
By old blue-coated serving-man;
Then the grim boar’s head frown’d on high,
Crested with bays and rosemary.
Well can the green-garb’d ranger tell, 60
How, when, and where, the monster fell;
What dogs before his death he tore,
And all the baiting of the boar.
The wassel round, in good brown bowls,
Garnish’d with ribbons, blithely trowls. 65
There the huge sirloin reek’d; hard by
Plum-porridge stood, and Christmas pie:
Nor fail’d old Scotland to produce,
At such high tide, her savoury goose.
Then came the merry maskers in, 70
And carols roar’d with blithesome din;
If unmelodious was the song,
It was a hearty note, and strong.
Who lists may in their mumming see
Traces of ancient mystery; 75
White shirts supplied the masquerade,
And smutted cheeks the visors made;
But, O! what maskers, richly dight,
Can boast of bosoms half so light!
England was merry England, when 80
Old Christmas brought his sports again.
‘Twas Christmas broach’d the mightiest ale;
‘Twas Christmas told the merriest tale;
A Christmas gambol oft could cheer
The poor man’s heart through half the year. 85

Ich habe noch einmal nachgeforscht und entdeckt, dass es von diesem Poem mindestens zwei deutsche Übersetzung gibt:

Marmion. Eine Erzählung vom Schlachtfelde von Flodden. Dichtung in sechs Gesängen. Zwickau, Gebrüder Schumann, 1827 (Übersetzung: C. Richard) und
Marmion. Darmstadt 1857 (Übersetzung: Alexander Neidhardt, der auch Sonette von Shakespeare übersetzt hat)

Leider habe ich den deutschen Text nicht ausfindig gemacht, so dürft Ihr Euch selbst mit dem Schottischen herumschlagen (leider spricht Ian Anderson alles mehr oder weniger englisch aus. Schade eigentlich … Oder er kann nicht richtig schottisch).

Homo (Britanicus) Erraticus

    Turn up the wick. Burn a little brighter.
    Ian Anderson (2013)

Diesmal hat Gerald Bostock (ja, der von ‚Thick as a brick’) wieder zur Feder gegriffen und sich eines verstaubten, bisher unveröffentlichten Werkes eines Amateurhistorikers namens Ernest T. Parritt (1873-1928) mit dem Titel „Homo Britanicus Erraticus“ angenommen. Bostock hatte wohl den ‚berühmten’ Matthew Bunter Old Library Buchladen (siehe u.a. auch unter StCleve.com) in der kleinen Ortschaft Linwell besucht und dort das Manuskript an sich genommen. In dem Machwerk geht es um die Geschichte der frühen Zivilisation Britanniens. Außerdem scheint es Zukunftsszenarien zu prophezeien. Der gute Parritt war zwei Jahre vor seinem Tod vom Pferd gefallen und hatte dabei wohl arg gelitten. Er war nach dem Sturz mit der übermächtigen Überzeugung erwacht, frühere Leben als historische Figuren genossen zu haben (awoke with the overwhelming conviction of having enjoyed past lives as historical characters, wie Anderson schreibt): als einen vorgeschichtlichen, nomadisierenden Siedler der Jungsteinzeit, einen Schmied der Eisenzeit, als einen sächsischen Invasoren, einen christlichen Mönch usw. – bis hin zu Prinz Albert, dem Ehemann von Königin Viktoria.

Ja, im April des nächsten Jahres soll das nächste Album von Jethro Tull’s Ian Anderson auf den Markt kommen: Homo Erraticus, der umtriebige, herumirrende Mensch, auch ist Land- bzw. Stadtstreicher gemeint (was Assoziationen zu Aqualung weckt). Die Musik soll im Folk-Rock-Metal-Stil gehalten sein (Ian Anderson: „But you can call it Prog.”).

Ian Anderson: Homo Erraticus

Man ahnt es bereits: Jedes Lied wird sich einer Epoche der britischen (Vor-)Geschichte widmen und Herr Anderson wird einmal als jungzeitlicher Nomade auftreten, dann mit Kutte als Mönch und zuletzt als Prinz Albert, dem deutschen Moralisten im sündigen England (heute ist Prinz Albert eigentlich nur noch für ein bestimmtes Genitalpiercing bekannt, aber dazu wird sich Herr Anderson wohl kaum äußern, oder?). Das Ganze erinnert an TAAB2, in dem Anderson versucht hat zu beschreiben, was alles aus einem etwa 50-jähriger Gerald Bostock, dem fiktiven Autoren von TAAB, hätte werden können. Und natürlich erinnert es an TAAB selbst, denn der fiktive Autor des Ganzen soll ja wieder Gerald Bostock sein.

Allein schon dieser geschichtsträchtigen Lyrik wegen, könnte ich mich für das neue Album interessieren. Die Phantasie Ian Andersons treibt seltsame Blüten. Wenn dann auch noch die Musik halbwegs ‚stimmt’, dann ist alles gut. Gespannt bin ich allemal.

Kramen in Ian Andersons Dachstübchen

Übrigens: Ian Anderson hat wohl für etwas Ordnung in seinem Dachstübchen gesorgt. Andere nennen es Archiv, Ian Anderson „Attic“. Es darf gekramt werden …

Vorweihnachtszeit 2013 (1): Santa, reich mal die Buddel ‘rüber

Mit Beginn dieser Woche beginnt nun auch ‘offiziell’ die Weihnachts- bzw. Vorweihnachtszeit. Alles Volkstraurige, Gebüße und Totensonntägliche haben wir hinter uns gelassen, um verstärkt an Weihnachtsgeschenke zu denken (kaufen wäre auch nicht schlecht), Kekse zu backen und bald zu essen (bevor sie hart und ungenießbar sind) – und alles in Weihrauch- und Kerzengestank zu ersticken.

    Ian Anderson 2003 - Christmas Song

Aus allen Lautsprecherboxen dröhnt Weihnachtsmusik. Da will ich nicht hintanstehen und habe das Lied ‘Christmas Song’ von Ian Anderson (Jethro Tull) ausgegraben. Zu beachten ist die Textpassage, in der darauf hingewiesen wird, dass der weihnachtliche Geist nicht das ist, was man trinkt (that Christmas spirit is not what you drink) – in diesem Sinne wünsche ich eine schöne Vorweihnachtszeit:


Video: Ian Anderson 2003 – Christmas Song

Jethro Tull: Benefit (Deluxe Edition 2013)

Nach Special Edition und Limited Edition jetzt also eine Deluxe Edition (heißt offiziell sogar A Collector’s Edition, ach, was weiß ich …). Um Begriffe ist Ian Anderson wohl nicht verlegen. Nach Aqualung (40th Anniversary Special Edition 2011) und Thick as a Brick (Special Collector’s Limited Edition 2012) war in diesem Jahr Benefit aus dem 1970 dran, um als Doppel-CD mit dem neuen Stereo Remix von Steven Wilson und außerdem auf DVD mit 5.1 Mix DTS & Dolby Digital Surround auf den Markt zu kommen: Benefit (Deluxe Edition).

Ich weiß: Viele werden es wieder für reine Geldschneiderei des Flötenmeisters halten, dass er nach und nach die alten Scheiben von Jethro Tull neu auflegt. Aber ich denke, es ist der Technik geschuldet, die uns auch als Otto Normalverbraucher ins Haus gewachsen ist. Wer die entsprechende Anlage für 5.1-Mehrton besitzt und Jethro Tull mag, den wird es freuen (natürlich ist auch der Remix auf CD in Stereo nicht zu verachten). Ansonsten spart man sich das Geld für andere hübsche Dinge.

    Jethro Tull: Benefit (1970)

Hier zur Erinnerung die Setlist der alten Benefit-Scheibe:

1. With You There To Help Me
2. Nothing To Say
3. Alive And Well And Living In
4. Son
5. For Michael Collins, Jeffrey And Me
6. To Cry You A Song
7. A Time For Everything?
8. Inside
9. Play In Time
10. Sossity; You’re A Woman

Fürs Geld gibt es natürlich noch etwas mehr als diese zehn Lieder. Neben der Neubearbeitung u.a. auch der Singles „Sweet Dream“ und „Teacher“ samt B-Seiten, ist eine 2. CD im Box-Set mit diversen anderen „Mischungen“ bis hin zu Mono enthalten. Vielleicht etwas zu viel des Guten. Den Allessammler und auch den Puristen wird’s aber freuen.

Zunächst etwas zur Musik als solcher. „Benefit“ fristete bis zum heutigen Tag eher ein Nischendasein. Es war die Scheibe zwischen „Stand Up“ aus dem Jahre 1969, die zum ersten Mal aufzeigte, in welche musikalische Richtung die Reise können wird, und 1971 dann „Aqualung“, die Scheibe, die Jethro Tull in aller Welt bekannt machte. Ich erinnere mich über die 43 Jahre zurück, als ich nach neuem Material aus der Feder von Ian Anderson geradezu hungerte – und dann endlich das Plattencover im Schallplattenladen entdeckte. Irgendwie hatte ich vielleicht etwas ganz anderes erwartet, als das, was ich da zu hören bekam. Und doch war ich überrascht, was die Gruppe da wieder im Studio produziert hatte.

„Benefit“ hat wie eigentlich alle Alben von Jethro Tull seinen ganz eigenen Charakter. Mir fallen heute verschiedene Begriffe im Zusammenhang mit diesem Album ein, ohne dass einer auch nur halbwegs zutreffend wäre (oder doch?). Nach den Gitarrenriffs zu urteilen, könnte man bereits dieses Album in die Schublade Hardrock verfrachten (bei amazon.de wird es hier geführt und hat es sogar in die Top 20 geschafft). Überhaupt Gitarrenriffs: Es ist ein Album der Riffs – und musikalisch erweitert gesehen – der Hooklines, also der charakteristisch eingängigen Melodiephrasen. Nach Meinung des Rezensenten des Musikmagazins Rolling Stone ist das Album „langweilig“, „lustlos und mechanisch gespielt“ und ein Ausdruck „schreiender Mittelmäßigkeit“. Ich kann das durchaus einwenig nachvollziehen, denn (und hier noch ein weiterer Begriff, der eigentlich nicht zutrifft 😉 ) ich höre eine Art Barmusik heraus, Musik, die sonst nur von einem Barpianisten in den Dunst aus Bier und Rauch (ach, nein, es darf ja nicht mehr geraucht werden) hineingeklimpert wird, ohne aufdringlich zu sein und die Gespräche zu stören, um gleichsam aber doch den Gästen den akustischen Background zu bieten, das Wohlfühlambiente, um locker und entspannt den Abend zu beginnen. So könnte man „langweilig“ und „lustlos“ auch mit locker und entspannt und „mittelmäßig“ mit unaufdringlich übersetzen. „Benefit“ also Barmusik? In gewisser Hinsicht schon (siehe Titel wie „Alive And Well And Living In“, „For Michael Collins, Jeffrey And Me“ oder „Inside“ – für mich sogar ohne Zweifel). Hinzu kommt, dass alle Stücke der Scheibe in Molltonarten gehalten sind, was bei vielen als melancholisch, traurig empfunden wird und den ’negativen‘ Charakter der Lieder verstärkt.

Wie steht es nun um dieses neue Remix. Wer nicht direkt alt und neu vergleicht, wird kaum größere Unterschiede heraushören. Das Ursprungsmaterial ist nun einmal das Gleiche. Nichts wurde neu eingespielt oder so. Ich habe mir erst einmal die CD- also Stereo-Version angehört (klar mit 5.1 hört der Vergleich auf, da stellt die räumliche Fülle – als Zuhörer befindet man sich gewissermaßen zwischen den Instrumenten – alles in den Schatten). Was mir als erstes aufgefallen ist, dass ist das Schlagzeug, das nun besser herauskommt. Die Instrumente sind insgesamt deutlicher ‚getrennt’, alles klingt auch in Stereo räumlicher, nicht so ‚gedrängt’. Das Remix wurde auch diesmal wieder von Steven Wilson bewerkstelligt, der dabei wiederum Wert auf Feinheiten legte. So hört man z.B. das Zirpen (die Flageoletttöne) der Gitarre (in „Alive and Well an Living In“), die in dem alten Mix kaum hörbar untergegangen sind. Natürlich hat so ein Remix seine Grenzen. Wäre das Ursprungsmaterial bereits digital aufgenommen worden, dann ließe sich noch mehr erreichen. Aber immerhin …

Hier einige der Stücke von „Benefit“, teilweise live, auch in unterschiedlichen Interpretationen – und (soweit von Platte) natürlich noch im alten ‚Gewand’:


Jethro Tull: With you there to help me/By Kind Permission Of … live Beatclub1970


Jethro Tull: Nothing to Say


Jethro Tull: Alive And Well And Living In


Jethro Tull: For Michael Collins, Jeffrey And Me


Jethro Tull: To Cry You a Song/A New Day Yesterday (07/31/1976)


Martin Barre – To cry you a song, Bamberg 22.10.2013


Jethro Tull: Inside (Purple Rocks Vintage)


Jethro Tull – Play in Time – MyVideo


Jethro Tull: Medley: Sossity; You’re a Woman/Reasons For Waiting (Live at Carnegie Hall 1970)

Zuletzt ein Bonustrack, der auch als Single 1970 Erfolge feierte, nach meinem Geschmack aber nicht so ganz in die “Benefit”-Reihe passt:


Jethro Tull: Teacher (Bonustrack) Beat Club 1970

Martin Barre: Away with Words

    “Arranging and representing the Tull songs featured on the album became a very peasant and rewarding task. These lesser known songs have always been amongst my favourite pieces of music and reworking them brought back many good memories. My own compositions have been written to compliment and enhance these pieces.
    Composing and arranging is my passion, and bringing together the many acoustic instruments was a delight for me, but of course, the electric guitar, couldn’t be totally left out of the picture!
    I hope you enjoy the results of this project as much as I have.
    Martin Barre”

So steht es in bescheidenen Worten im Inlay-Text zu Martin Barres neuester CD: Away With Words, die in diesen Tagen erschienen ist (bzw. am 8. November auch direkt auf den deutschen Markt kommt).

Martin Barre hat sich also einige weniger bekannte, dafür aber von ihm favorisierte Lieder von Jethro Tull vorgenommen und diese um eigene Kompositionen erweitert. Komponieren und Arrangieren ist seine Leidenschaft. Auf dieser Scheibe nun versammelt Barre viele akustische Instrumente, konnte aber die elektrische Gitarre nicht ganz verleugnen. Und obwohl die CD „Away with Words“ heißt (Hinweg/Fort mit Wörtern), so konnte er selbst auf Gesang (der Titel deutet eigentlich daran hin, keine Wörter zu benutzen) in „Hymn 43“ nicht ganz verzichten.

    Martin Barre: Away with Words (2013)

Nun das neue Album von Martin Barre habe ich mir während seines Konzertes mit seiner neu formierten Band in Buchholz/Nordheide gekauft und noch am gleichen Tag, sozusagen zum Ausklang eines gelungenen Abends, mit meiner Frau und meinen Söhnen angehört. Meine Frau dazu: Und dass habt Ihr heute im Konzert gehört? Nein, haben wir nicht oder nur zum Teil, denn im Konzert fetzte es gewaltig. Gehört haben wir Paparazzi (instrumental), Hymn 43 und Home (beide mit Gesang) in ähnlicher Form.

Das neue Album ist also eher das Gegenteil vom Konzert. Martin Barre nimmt sich dort wie bereits erwähnt einiger alter, meist dem Folkrock verpflichteter Tull-Stücke an, arrangiert sie zum großen Teil neu und verbindet diese mit eigenen Kompositionen zu geradezu neuen Stücken. Das Ganze klingt in vielen Teilen wie klassische Gitarrenmusik (Julian Bream & Co. lassen grüßen).

Barre sprach dann leider von „Desaster“ und meinte vor allem wohl die Verkaufszahlen und die ersten Kritiken, wenn’s denn welche gibt (und die Verzögerung bei der Veröffentlichung – immerhin gab es das Album bei den Konzerten zu kaufen).. So wie Konzertankündigungen für die Martin Barre Band fast ungehört in der Weite des Raums verhallen, so ignorant ist die Musikwelt auch gegenüber Veröffentlichungen eines der besten Rockgitarristen der Welt. Schade, denn dieses Album, gerade weil es in wunderschönen akustischen Arrangements daher kommt, gefällt mir ausgesprochen gut. Natürlich ist es das Ergebnis eines eher intimen Projektes.


Martin Barre live 2013 Bamberg – Martin’s Jig/Hymn 43
(leider mit wilden Schwenks und etwas viel Geklatsche)

siehe auch: Martin Barre live beim Cropredy-Festival: Air: Lament Of The Spalpeen/Martin’s Jig/Hymn 43

Was Martin Barre hier bietet, ist Gitarrenmusik vom feinsten. Manchmal streift er vielleicht die Grenze zur Süßlichkeit. Dabei lässt er immer einen klaren Ton erklingen, spielt manchmal in Stakkato, dann wieder perlen die Töne förmlich über das Griffbrett. Aber nie ist es Selbstzweck, kein Jagen nach Geschwindigkeitsrekorden. Barre spielt eher dezent und offenbart doch eine ungewöhnliche Technik dabei. Es ist die reinste Freude. Für Spieler wie Zuhörer.

Bass und Schlagzeug kommen nur sporadisch zum Einsatz, nämlich dann wenn sie einem Stück zusätzliche Fülle verleihen sollen. Dass Barre zudem ein guter Flötist ist, wissen wir von Konzerten mit Jethro Tull, denn wer sonst außer Ian Anderson durfte dieses Instrument spielen.

Ähnlich wie Ian Andersons Divinities – Twelve Dances With God hat diese Musik nur noch wenig mit Rockmusik zu tun. Und doch ist gerade diese Mischung aus Folk und Klassik ein nicht unerheblicher Bestandteil der Musik von Jethro Tull. Ja, wer dieses Album hört, erkennt schnell, welch großen Anteil Martin Barres Gitarrenspiel bei Jethro Tull gehabt haben muss.

Fürs Anhören, dass sei gesagt, braucht es Ruhe. Nur wer ganz aufmerksam den Stücken lauscht, bekommt die vielen Feinheiten des Barre’schen Gitarrenspiels mit. Es muss nicht immer rocken und fetzen. Wer Jethro Tull mag (besonders die eher leisen Stücke), der wird auch an dieser Scheibe Gefallen finden. Aber auch wer klassische Gitarrenmusik liebt, wird vielleicht seinen musikalischen Horizont um diese aus der Populärmusik gereichte Klangwelt erweitern wollen.

Personnel:

Martin Barre: Acoustic/Classical/Electric Guitars, Bouzouki, Mandolin, Bass, Flute & Bass Clarinet
Dan Crisp: Vocals
Frank Mead: Blackwood Flute, Whistles, Bodhran, Blues Harp
Jonathan Noyce: Bass
George Lindsay: Drums & Percussion
James Bragg: Engineer

Recorded at The Garage Studio, Devon
Excerpt drums at Middle Farm Studio, Devon

Setlist:

1. At First Light (Barre)/Moths (Anderson) 3:10
2. Its My Round (Barre)/Requiem (Anderson) 6:04
3. One Brown Mouse (Anderson)/Fatcat (Barre) 3:15
4. Air: Lament Of The Spalpeen (Traditional)/Martin’s Jig (Barre)/Hymn 43 (Anderson) 6:11
5. All Bars Hold (Barre) 1:12
6. Pussy Willow (Anderson) 3:43
7. Snapshot (Barre)/Paparazzi (Barre/VetteseAnderson) 4:14
8. Long Ago (Barre)/Home (Anderson) 4:54
9. Fire At Midnight (Anderson)/From The Ashes (Barre) 4:05
10. Protect And Survive (Anderson) 3:05
11. Spare A Thought (Barre)/From A Dead Beat To An Old Greaser (Anderson) 4:03
12. Sundown (Barre) 4:03

Gitarrenzauber mit Martin Barre

Wow, was für ein Konzert. Am Freitag (25.10.2013) gastierte Martin Barre, von Ende 1968 bis Mitte 2011 Gitarrist der Gruppe Jethro Tull, mit seiner Band in der Empore zu Buchholz i.d. Nordheide. Und ich habe es nicht bereut, das Konzert zu besuchen. Es war ganz einfach phantastisch, was Martin und seine Mannen da boten. Auch meine beiden Söhne, die eigentlich keine Tull-Fans sind, waren begeistert.

Zuvor gab es aber noch einen gehörigen Schrecken in der Abendstunde: Mit meinem jüngeren Sohn fuhr ich mit dem Auto von Tostedt nach Buchholz und parkte dort am Bahnhof, um meinen älteren Sohn, der mit dem Zug aus Göttingen anreiste, abzuholen. Die Eintrittskarten hatte ich in die Innentasche meiner Jacke verstaut, da war ich mir zu 100 Prozent sicher. In Buchholz hatten wir noch reichlich Zeit bis zur Ankunft des Zuges. So gingen wir beide schon mal die Strecke zum Veranstaltungsort ab. Beim Aussteigen aus dem Auto müssen wohl die Eintrittskarten aus der Jackentasche geflutscht sein – und unterwegs entglitten sie mir dann wohl ganz. Als wir meinen älteren Sohn endlich abgeholt hatten (die Zug war fast pünktlich), stellte ich dann zu meinem Schrecken fest, dass die Karten futsch waren. Im Auto lagen sie nicht. Aber dann fanden wir sie doch noch auf dem Weg zur Empore. Erleichterung pur! (Scheiße, ich werde alt …!).

Dann aber das Konzert! Einzigster Wermutstropfen: die wenigen Zuschauer. Aus dem Kulturetat der Stadt Buchholz wird wohl einiges draufgelegt werden müssen, um die Gage für Martin Barre und Band begleichen zu können. Das hatte allerdings auch einen Vorteil: So ergab sich von Anfang an eine geradezu familiäre Atmosphäre. Die Bestuhlung der schon so eher kleinen Halle war entfernt worden. Dafür hatte man runde Tische aufgestellt, auf denen man seine Getränke abstellen konnte. So verteilte sich das Publikum gleichmäßig im Saale (Die bestuhlten Plätze auf dem Rangbalkon waren aber wohl fast alle belegt – ich pflanzte mich mit meinen Söhnen auf noch freie Plätze auf dem Seitenbalkon). Nach kurzer Einleitung legte dann Martin mit einem eigenen Stück los. Gut, ich habe (fast) alle Scheiben von ihm, aber manches instrumentale Stück kommt doch recht kraus daher. Mein ältester Sohn fand das aber ganz okay und nannte es „Spielwiese“ eines typischen Gitarristen. Stimmt wohl. Dann kam auch schon das erste Stück von Jethro Tull: „Minstrel in the Gallery“ (ohne Intro), denn der Abend stand ja unter dem Motto: Martin Barre & Band playing the classic music of Jethro Tull.

Erst einmal aber zum Line Up: Statt des ebenfalls ehemaligen Jethro-Tull Mitglieds Jonathan Noyce spielte Greg Harewood den Bass. Der klang ziemlich dezent, füllte aber ausreichend den Raum. Bei manchen Stücken linste er durch seine Brille schon mal aufs Notenblatt. Im zweiten Teil des Konzertes kam er dann aber doch ganz gut in die Puschen. An der Schießbude saß George Lindsay, dessen Spiel ich als solide bezeichnen möchte. Neben Martin Barre war es der Franzose Pat O’May, der sicherlich keinen Schönheitspreis gewinnen dürfte, der aber gekonnt die Klampfe krachen ließ. Sicherlich fehlt ihm der letzte Schliff, der das Gitarrenspiel von Martin ausmacht, aber oberaffengeil fand ich schon die Gitarrenduette, die Martin und Pat zweistimmig hinlegte (z.B. in „Fat Man“ und „Song for Jeffrey“). Und „To Cry You a Song“ mit Soli beider Gitarristen war der Hammer.

Martin Barre Band - Backstage

Dan Crisp mit akustischer Gitarre der Sänger der Gruppe (manchmal unterstützt von Pat O’May) hat zwar nicht die frühere Stimme Ian Andersons. Aber seine Stimme, etwas kratzig schon, meisterte die Höhen und Tiefen der Lieder in voller Bravour (kein Anderson’sches Gequäle). Besonders schön die beiden langsamen Stücke „Wond’ring Aloud“ und „Still Loving You Tonight“, bei denen Dan Crisp auf der akustischen Gitarre lediglich von Martin Barre mit E-Gitarre überstützt wurde. Auch hier gab es ein verdoppeltes Sologitarrenspiel. Klasse! Und was ist mit Flöte? Nichts ist damit. Ganz ehrlich: Ich habe es nicht vermisst. Frank Mead, der angekündigt und wohl anderweitig unterwegs war, hat mich nicht mit seinem Saxophon- und Flötenspiel überzeugen können (siehe Youtube-Videos). Stücke von Jethro Tull mit Flöte, die nicht von Ian Anderson gespielt wird, das geht irgendwie nicht. Und dank der Präsenz der Gitarrenpower hat wohl keiner wirklich die Flöte an diesem Abend vermisst.

Was gab es noch so Schönes? TAAB in Ausschnitten als „Thin as a Brick“ vorgestellt zeigte Martin Barres Anteil an diesem sonst nur Ian Anderson zugeschriebenen Machwerk auf: eine Instrumentalpassage, die ebenfalls im Zusammenspiel mit Pat O’May den Zuhörern einiges auf die Ohren gab. Von Jethro Tull gab es dann noch „Home“ und „Hymn 43“, beides durch Martin umarrangiert und mit neuer Frische belegt. Ach ja, dann noch bei der Zugabe „Locomotive Breath“. Musste wohl sein. Neben weiteren Instrumentalstücken aus Martin Barres Feder gab es auch ein Stück von Pat O’May – sowie einige Bluesstandards (u.a. „Crossroad“). Hier kam dann auch der farbige Bassist Greg Harewood ins Rollen.

Alles in allem ein gelungenes Konzert (wie gut, dass ich die verloren geglaubten Karten wiedergefunden habe, aber ich hätte mir dann doch noch einen Kartensatz an der Abendkasse geordert). Nein, mehr noch: ein absolut geiles Konzert! Das lag natürlich auch an der guten Akustik der Halle. Der zweite Teil (nach einer Stunde Konzert gab es eine Pinkelpause von 20 Minuten, die wohl auch dem Alter der meisten Besucher geschuldet war, selbst meine beiden Söhne dürften das Durchschnittsalter kaum unter 60 Jahre gedrückt haben 😉 ) war dann sogar noch etwas besser vom Klang her, da am Mischpult erfolgreich nachjustiert wurde. – Früher habe ich Konzerte in großen Mehrzweckhallen besucht, die eigentlich klanglich völlig ungeeignet für Konzerte sind.

Natürlich könnte man sich fragen, warum Martin Barre immer noch in erster Linie Stücke von Jethro Tull spielt? Immerhin hat er über 40 Jahre „Stage left“ von Ian Anderson gestanden und maßgeblich den Stil der Gruppe mitgeprägt (Jethro Tull ist bzw. war eben nicht Ian Anderson allein). Und der leider einzigste Grammy-Gewinn der Band (für das Album Crest of a Knave) geht im hohen Maße auf die Kappe von Martin Barre.

Noch ein Wort zu der geringen Besucherzahl. Jethro Tull, soweit sie einer kennt, verbinden auch heute noch viele in erster Linie mit Ian Anderson. Martin Barre war immer ein ergebener Vasall des Flötenmeisters. So kennen zwar viele Ian Anderson, kaum einer (außer echte Jethro Tull-Fans) kennt Martin Barre. Dabei zählt er zu den größten Rockgitarristen und sein Gitarrensolo auf dem Stück „Aqualung“ (das übrigens beim Konzert in Buchholz nicht gespielt wurde) zählt auf Platz 25 (in anderen Umfragen auf Platz 20) zu den besten und größten der Rockmusik. Schade, dass nicht mehr Rock-Fans den Weg in die Empore nach Buchholz gefunden haben. Jungs und Mädels: Ihr habt wirklich etwas verpasst!

Und noch eines: Es tat Martin Barre sichtlich gut, nicht im Schatten von Ian Anderson stehen zu müssen. Er präsentierte sich in Buchholz zwar bescheiden, wie er nun einmal ist, aber auch sehr locker und entspannt. Und was er auf der Gitarre zauberte, war schon aller erste Sahne!

Lesenswert finde ich übrigens den Bericht von King Heath im Jethro Tull Board @ www.laufi.de (also ich habe nur 2 € 50 fürs Bier bezahlt) und das sich (fast) ganz mit meinen Eindrücken vom Konzert deckt.

Martin Barre hat im Laufe der Jahre neben den Alben von Jethro Tull auch eigene Scheiben veröffentlicht: Martin Barre. Die neueste Away With Words habe ich mir beim Konzert gekauft. Zu dieser später etwas mehr. Es ist ein – soviel kann ich verraten – ganz eigenartiges Album, dass nur wenige Bezüge zum Konzert hat. Im überwiegendem Teil ist es akustisch und ohne Gesang („weg mit Wörtern“) und verknüpft in fast jedem Stück ein Lied aus der Feder von Ian Anderson mit Kompositionen von Martin Barre (z.B. Jethro Tulls „One Brown Mouse“ mit Barres „Fatcat“).

Nachtrag: Inzwischen gibt es auch Videos von Martin Barres Konzert in Buchholz (und drei Tage zuvor aus Bamberg). Dank an die Jungs (und/oder Mädels), die das bei Youtube eingestellt haben.

Jethro Tull: War Child (1974) in Quadrophonie

Die Gruppe Jethro Tull mit ihrem Masterhead Ian Anderson war schon immer für ihre Aufgeschlossenheit technischen Erneuerungen gegenüber bekannt. Vor nunmehr 35 Jahren war sie die erste Rockband, deren Konzert in einer simultanen Transatlantik-Schaltung aus den USA (Jethro Tull live 09.10.1978 im Madison Square Garden, New York) im britischen Fernsehen gezeigt wurde (inzwischen als DVD/CD erhältlich). Und bereits vier Jahre zuvor, also 1974, veröffentlichte die Gruppe ihr Album War Child u.a. auch in der damals ziemlich neu auf dem Markt erschienenen Mehrkanalaufzeichnung mit vier Kanälen, Quadrophonie genannt.

    Jethro Tull: War Child (1974) Quadradisc

Natürlich braucht man quadro-fähige Abspielgeräte, z.B. Plattenspieler mit CD4-Verfahren, um in den Genuss der vier Tonkanäle zu kommen: „Dieses gelang durch die Entwicklung eines speziellen Diamantschliffs beim Tonabnehmer, der auch Töne im für den Menschen unhörbaren Bereich von der Platte abnehmen konnte. Die beiden hinteren Kanäle wurden vor Produktion der Schallplatte vom normalen hörbaren Bereich von 20 Hz bis 20 kHz auf 30–60 kHz transferiert und nach dem Abtasten der Nadel durch den Konverter wieder in den hörbaren Bereich zurückgeholt. Diese Technik wurde unter der Bezeichnung CD4 und als einziges echtes Quadrofonie-Verfahren vermarktet.“ (Quelle: de.wikipedia.org)

Die Quadrophonie hat sich dann nicht durchsetzen können, es gab nur wenige Quadrophoniealben. Sicherlich ein Grund dafür war, weil „alle Quadrofonie-Systeme auf der falschen Annahme [basieren], dass ein Klangfeld durch Aufnahme von vier Kanälen und Wiedergabe über vier Lautsprecher in 90°-Anordnung zueinander reproduziert werden könne. Bei einer solchen Anordnung entstehen jedoch Lücken im Klangfeld.“

Immerhin muss man Quadrophonie als eine Vorläufertechnologie des Dolby-Surround-Systems ansehen, das auf dem Matrix-Verfahren der Quadrofonie basierte, und der aktuellen digitalen 5.1-, 6.1- und 7.1-Raumklangverfahren. Auch hier mischt Jethro Tull bekanntlich die Karten neu und veröffentlicht seit geraumer Zeit seine alten Alben im 5.1-Ton: nach Aqualung kam Thick as a Brick mit einem neuen Stereo Mix und 5.1 DTS/Dolby Digital Surround auf DVD auf den Markt. Das Gleiche dann natürlich mit dem neuen Album: Thick as a Brick II. Nun wurde als nächstes das Album „Benefit“ neu gemischt und kommt ebenfalls als Benefit (Deluxe Edition) am Freitag (25.10.2013) auf den Markt.

Aber zurück zum Quadrophonie-Album „War Child“: Es heißt, dass das Album für die Quadro-Aufnahmen erneut eingespielt wurde. So unterscheidet es sich sehr stark vom Stereo-Album (siehe hierzu u.a. im Jethro Tull Board)

Ich war also gespannt und habe im Netz etwas geforscht, ob es da eine digitalisierte Fassung des Quadro-Album gibt (nicht nur Jethro Tull samt Ian Anderson ist technisch aufgeschlossen, die Fans der Gruppe sind es auch). Und es gibt … ! – zudem in unterschiedlichsten Versionen. Da gibt es erst einmal den Download für eine CD, die von der Quadradisc (auch Quad-LP genannt, die Bezeichnungen variieren) in ein DTS 4.0-Format digitalisiert wurde: Jethro Tull – War Child DTS 4.0 from Quad LP. Vorsicht, nicht jeder Player unterstützt dieses Format (siehe hierzu weitere Informationen in meinem Beitrag Jethro Tull: Thick as a Brick 5.1) Ob der Download klappt, kann ich leider nicht zusichern. Und dann gibt es einen weiteren Download: Jethro Tull – War Child (1974 quad mix 24/96 lossless 4.0 DVD-A). Hierbei handelt es sich um eine hybride DVD, also eine ‚gemischte’ DVD, die sowohl Audio- wie auch Video-DVD ist. Der Audio-DVD-Teil (24/96 4.0 lossless MLP) lässt sich nur mit entsprechenden DVD-Playern abspielen (oder über den PC mit 5.1-Ton-Unterstützung). Dagegen funktioniert der Video-DVD-Teil (16/48 4.0 AC3 @ 440kbps) auf jeden handelsüblichen DVD-Player (der Download sollte klappen).

Nun ich habe ein Ohr in diese Aufnahmen hineingehalten, wenn auch nur in Stereo-Wiedergabe. Und mein erster Eindruck ist tatsächlich der, dass das Ganze viel ‚voller’ klingt als die eigentliche Stereo-CD. Wem die „War Child“-Scheibe also gefällt, dem kann ich nur zu dieser Quadro-Version raten. Wenn ich Zeit und Muße habe, dann werde ich mir diese 4.0-Version einmal in aller Ruhe hineinziehen. Ich freue mich schon darauf.