Griechischer Barde und rockende Katze

Kretakatze schrieb am 18.08.2008:

Meine lieben Freunde,

nach längerer Zeit möchte ich wenigstens einmal ein kurzes Lebenszeichen von mir geben. Ich habe Euch nicht etwa vergessen, tatsächlich denke ich täglich an Euch, und täglich wird mein schlechtes Gewissen größer (was Euch allerdings kaum etwas nützen wird). Ich habe Euch unvorbereitet mit dem Sinn des Leben konfrontiert und dann mit Euren Fragen, Zweifeln und Unklarheiten allein gelassen. Das war äußerst rücksichtslos von mir. Meine einzige Entschuldigung ist, dass ich von einem neuerlichen Anfall manisch-musikalischer Kreativität heimgesucht wurde (er ist noch immer nicht vorbei…). Täglich traktiere ich stundenlang Gitarre und Stimmbänder und übe neue Lieder bis die Finger so schmerzen, dass ich keine Saite mehr herunterdrücken kann. Dann schaue ich mir auf Youtube Musikvideos an. Für den Sinn des Lebens finde ich da einfach keine Zeit mehr… Wie Ihr seht, mein Leben ist zurzeit ziemlich sinnfrei aber trotzdem restlos ausgefüllt.

Aber ich bin mir sicher, liebe Freunde, dass ich früher oder später zur Philosophie zurückkehren werde und den Diskussionsfaden wieder aufnehme. Tatsächlich habe ich auch in letzter Zeit hin und wieder ein bißchen was geschrieben, es ist nur nichts fertig und vieles ruht noch in meinen Kopfe. Auch das Thema Musik und Qualität beschäftigt mich noch, aber ich weiß nicht, ob ich es noch einmal aufgreifen sollte, da liegen unsere Ansichten wohl doch zu weit auseinander.

Wie Ihr wisst, lasse ich Euch immer gerne an meinem chaotischen Lebenswandel teilhaben, und daher folgt nun noch ein (nicht einmal sehr kurzer) Einblick in die musikalischen Pfade, auf denen ich gerade wandle. Ich fürchte zwar, dass es wieder nicht Eurem Geschmack entsprechen wird, aber ich habe gerade erst durch Eure Listen der Lieblings-Songs gelernt, dass es garnichts schadet, wenn man einmal ein paar Videos anschaut, die man sonst nie angeklickt hätte – es erweitert den Horizont.

Neben Klassikern wie REM’s Losing My Religion oder Melanie’s Ring The Living Bell (beide mit einem schönen, einfachen Rhythmus und leicht zu spielen) habe ich mich vor allem auf einen neuen Musiker gestürzt, der so neu eigentlich auch nicht mehr ist. Ich bin schon vor über einem Jahr erstmals auf ihn gestoßen und hatte hier auch bereits einmal ein Video von ihm verlinkt. Seine Musik fand ich damals ganz gut, aber die Zeit war wohl noch nicht reif für die intensivere Beschäftigung – ich weilte musikalisch noch in anderen Gefilden. Woran es liegt, dass man zu manchen Zeiten eine bestimmte Musik aufsaugt wie ein Schwamm, die zu anderen Zeiten längst nicht die gleiche Wirkung auf einen hat – ich weiß es nicht.

Wenn ich diesen Musiker jetzt hier vorstelle, werde ich mich vermutlich bei Euch damit nicht beliebter machen, denn er ist Grieche und er singt auch noch auf griechisch – wenn nicht gar in noch exotischeren Sprachen. Sein Name ist Miltiadis (kurz auch Miltos) Pascalidis, und da taucht schon das erste Problem auf. Es ist nicht möglich seinen Namen in lateinischen Buchstaben so zu schreiben, dass ein Deutscher ihn richtig aussprechen würde. Eigentlich müsste ich „Paschalidis“ schreiben, aber das würde wohl jeder als „sch“ interpretieren. Die richtige Aussprache ist aber „s-ch“, wobei das „ch“ hart klingt wie in „ach“. Im Internet findet man ihn üblicherweise unter der Schreibweise „Pasxalidis“ (manchmal auch Pashalidis oder auch Pasxalidhs etc. es gibt da zahlreiche Variationsmöglichkeiten), da die Griechen auch nicht wissen, wie sie ihr „ch“ in lateinische Buchstaben umsetzen sollen – im Englischen gibt es den Laut nicht. Also behalten sie einfach ihr griechisches „x“ = chi bei. Soweit mein kurzer Lehrgang zur griechischen Phonetik.

Herr Pascalidis ist von Hause aus Diplom-Mathematiker und hat wohl auch ein paar Semester Philosophie studiert. Er wirkt nicht direkt so, wie man sich üblicherweise einen Musiker vorstellt, schon garnicht einen griechischen. Eigentlich sieht er aus wie das, was er ist: Ein Diplom-Mathematiker mit Hang zur Philosophie, Typ „ewiger Student“ – allerdings vielleicht eher ein schwedischer. Er hat mich an einen Ausspruch Lockwoods erinnert, der vor kurzem meinte, Philosophen wären wohl meist ernste Menschen. Ich weiß nicht ob Herr Pascalidis direkt ein Philosoph ist, aber ich kann mich nicht erinnern je ein Photo oder Video von ihm gesehen zu haben, auf dem er gelächelt oder gar gelacht hätte – oft schaut er geradezu grimmig. Musik scheint für ihn eine todernste Sache zu sein und ein Auftritt vor Publikum kein Vergnügen (wenn doch, dann lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken). Ich finde es immer wieder faszinierend, welch unterschiedliche Charaktere sich musikalisch betätigen. Noch erstaunlicher ist, dass die Musik nicht so unterschiedlich zu sein scheint wie die Menschen, die sie produzieren.

Aber halten wir uns nicht länger mit dem unromantischen Erscheinungsbild des Herrn Pascalidis auf, hören wir uns lieber ein romantisches Lied von ihm an. Und ab hier ist jetzt Schluss mit den einfachen Rhythmen, denn Paramithi Me Lipimeno Telos (Märchen mit traurigem Ende) kommt im typisch griechischen 7/8 Takt. In dem Lied geht es darum, immer etwas sein zu wollen, was man nicht ist: Ich kannte einmal einen See, der ein Meer sein wollte…und immer, wenn der Tag anbricht, verzehrt ihn die Sehnsucht…ich liebte einmal ein Mädchen, das jeden Jungen fragte, wann sie eine Frau sein würde… zehn Jahre sind vergangen, aus dem Mädchen ist eine Frau geworden, aber ich bin immer noch ein Junge…und immer, wenn der Tag anbricht…

Von der Romantik zur Melancholie – O,Ti Ki‘ An Sisis (Was Du auch (er)lebst): Was Du auch erlebst, es ist nicht genug, es reicht nicht, dass Du lernst. Sooft Du denkst, Du bist ihm entgangen, wird es Dir wieder passieren… – und schließlich zur Depression – In Im‘ Ena Pevko Stin Akrojalia (Ich bin eine Kiefer am Strand) verarbeitet Herr Pascalidis einen Alptraum, der ihn lange Zeit verfolgt hat. Er muss zusehen, wie ein Kind ertrinkt und kann nicht helfen, denn er ist eine Kiefer am Strand.

Wer nun denkt Herr Pascalidis hätte nur langsame, schwermütige Lieder auf Lager, der wird jetzt gleich eines besseren belehrt. Herr Pascalidis kann auch schnelle, schwermütige Lieder: Pinelopi (Penelope). Eine Anspielung auf die Odysee: Du sagst, Du hast es satt zu warten und zwanzig Jahre am selben Kleid zu weben…ich werde immer zu Dir zurückkehren, und wenn Dir das nicht reicht, dann werde Du ein Schiff und ich werde ein Hafen…Alle auf hoher See werden vom Kummer verzehrt, wer auf Reisen war, sehnt sich nach Ithaka.

Was zu einem Intellektuellen immer gut passt, ist der kämpferische Prostestsong. Da ist auch Herr Pascalidis in seinem Element. Bei Ajiristo Kefali (Unbeugsamer Kopf) hört man schon am Rhythmus, worum es hier gehen muss. Wenn die Beschreibung des Videos stimmt, dann war das ein Auftritt im letzten Sommer auf dem Syntagma-Platz, dem Platz der Verfassung vor dem Parlamentsgebäude (viel sehen tut man ja gerade nicht) aus Anlass eines „Protestkonzerts für den Umweltschutz“, vermutlich eine Art griechischer „Earth Day“. Der Text des Liedes mutet geradezu apokalyptisch an (stammt allerdings ausnahmsweise nicht von ihm selbst): Es weht ein Wind, der alte und gehütete Wünsche hinwegfegt, die Helden machen sich aus dem Staub…blinde Vögel picken an meine Fensterscheibe…durch die Straßen galoppieren Reiter und jagen die herrenlosen Hunde, und die verängstigten Hausbesitzer treiben mit Weihwasser den Teufel aus, aber hier ist nicht der Balkan, sage ich Dir, hier darfst Du spielen, lachen und den Mund halten (das ist die Textstelle, bei der der Szenenapplaus aufkommt)…in Eure Hände lege ich das Steuer, damit nach der längsten Nacht der Tag anbricht.

Jetzt zur Aufheiterung ein kleines Tänzchen – ich würde einen Sonaradikos darauf tanzen (ich hatte hier schon einmal einen aus Glasgow verlinkt). Aber so ganz die unbeschwerte Lebensfreude ist das Lied dann doch auch wieder nicht. O Trelos (Der Verrückte) scheint eher ein Tanz für Verrückte zu sein: Die Welt tanzt außer Rand und Band, jeder nach seinem eigenen Rhythmus – damit ein Verrückter einen Tanzpartner findet, verkauft er sich selbst – Wenn Du nichts glaubst, dann frag nicht, und wenn Du mir nicht zuhörst, dann schau mich nicht an – wenn Du kein Feuer willst, dann spiele nicht mit Kohlen… usw. – jede Menge Verhaltensregeln – für Verrückte? Wie auch immer, ich mag dieses Lied ganz besonders, wahrscheinlich bin ich ja auch verrückt.

Zum Schluss noch ein Liebeslied (und außerdem mein Lieblingslied): Fotia mou (Mein Feuer): Mein Feuer und meine Luft, an der Grenze dieses Tages, gib mir Deine Flamme und werde mein Licht, mein Goldenes Vlies…usw.. Bei Herrn Pascalidis klingt das alles sehr leidend.

So, nun hoffe ich, Ihr habt nicht etwa auch sehr leiden müssen, und verabschiede mich für heute.

Liebe Grüße und bis demnächst
Kretakatze

PS.: Zur guten Nacht gibt’s jetzt noch ein Nanourisma (Wiegenlied) – natürlich von Herrn Pascalidis. Ich fand auch das Photo so passend, es erinnert mich irgendwie an meine Gitarre und daran, dass ich das vielleicht auch noch auf ihr spielen sollte…

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Kretakatze schrieb am 07.09.2008:

Hallo meine Lieben,

ich wollte mich nur kurz bei Euch melden um Euch auf ein aufsehenerregendes Video aufmerksam zu machen, über das ich soeben gestolpert bin, und das keinen anderen betrifft als unseren Meister Anderson. Vielleicht habt Ihr es ja noch nicht entdeckt, es wurde auch erst vor reichlich einer Woche auf YouTube gestellt. In der kurzen Zeit wurde es über 900 Mal kommentiert und mit mehr als 280 „video responses“ beantwortet, damit konnte es in den Statistik-Kategorieren „Most commented“ und „Most responded“ vordere Plätze belegen. Mr. Anderson kommt zwar nicht direkt selbst darin vor, er wird nur portraitiert – das allerdings auf vieltausendfachen Wunsch und recht gelungen: Ian Anderson of Jethro Tull – Portrait.

Um auch noch kurz von mir zu berichten: Seit etwa einer Woche bin ich stolze Besitzerin einer Videocamera, das hat die Philosophie auf meiner Prioritätenrangliste wieder etwas nach hinten rutschen lassen. Wozu braucht das Leben einen Sinn, wenn man sich die Zeit mit Filmen vertreiben kann?

Hauptsächlich habe ich die Camera gekauft um abzufilmen, was ich auf der Gitarre spiele. Ich habe das Problem, dass ich nichts „vom Blatt“ spielen kann, und mit Tabulator-Notationen komme ich auch nicht zurecht. Tatsächlich habe ich eigene handschriftliche Tabulator-Aufzeichnungen aus den 70ern gefunden, bei denen ich nicht einmal mehr rekonstruieren konnte um welches Lied es sich handelt – leider hatte ich damals wohl nicht für nötig befunden das dazu zu schreiben. Derartige Aufzeichnungen machen für mich also wenig Sinn.

Eigentlich kann ich nur nachsingen oder nachspielen, was ich irgendwo gesehen oder gehört habe. Da mein Repertoire inzwischen einen Umfang angenommen hat, der es unmöglich macht täglich alles zu üben, und mein Gedächtnis auch immer schlechter wird, habe ich also nach einer Möglichkeit gesucht meine „Cover-Versionen“ so aufzuzeichnen, dass ich hoffentlich auch in späteren Jahrzehnten noch schlau daraus werde. Und aus diesem Grund wird jetzt alles gefilmt.

Wilfried hat hier erst vor kurzem in der Rubrik Jethro Tull einen Gitarrenlehrer vorgestellt, der auf YouTube per Video unterrichtet. Seine „Lektion“ zu Jethro Tull’s Wond’ring Aloud ist wirklich sehr interessant und aufschlussreich, aber an so komplizierten Dingen versuche ich mich garnicht erst, das bekomme ich doch nicht hin. Bei Kretakatze gibt’s nur „easy guitar“. Zum Glück gibt es hin und wieder Lieder, die man auch mit kurzen, krummen, ungeschickten Fingern spielen kann und die trotzdem noch ganz gut klingen. Solche versuche ich zu finden und in mein Repertoire aufzunehmen. Und natürlich bleibt Euch jetzt eine Kostprobe nicht erspart. Ich habe zwei Titel ausgewählt, die Euch bekannt vorkommen müssten, da ich sie in früheren Beiträgen bereits erwähnt habe: Kretakatze reitet über den River und Kretakatze rockt on the Road. Ich bitte um Nachsicht, wenn meine Finger nicht immer die richtigen Saiten treffen. Ach ja, und haltet Euch fest, damit Ihr nicht vom Stuhl fallt, wenn meine liebreizende Stimme erklingt.

Irgendwo ist es mir ja fast peinlich solche Videos in die Öffentlichkeit zu stellen, wo es auf YouTube soviele Covers gibt von Leuten, die wirklich Gitarre und singen spielen können. Andererseits gibt es auf YouTube auch eine Menge Videos von Leuten, die nicht besonders gut Gitarre spielen oder singen können. Und es ist für mich immer wieder beruhigend zu sehen, dass ich in dieser Beziehung nicht die Einzige bin. Außerdem habe ich mir auch aus solchen Videos schon die eine oder andere Anregung geholt. Vielleicht geht es Anderen ja genauso. Also was soll’s…

So, das war‘ für heute. Seid herzlich gegrüßt bis zum nächsten Mal
Kretakatze

PS.: So ganz ohne „gescheites“ Musikvideo möchte ich mich dann doch nicht von Euch verabschieden. Hier jetzt zur Abwechslung eine Lady, die wirklich singen und Gitarre spielen kann (und die ich Euch eigentlich schon seit längerem einmal vorstellen wollte): Sarah McLachlan – Building A Mystery.

PPS.: Eine Frage an Dich, lieber Wilfried, Du müsstest auf diesem Gebiet Experte sein: Eigentlich wollte ich Euch diese Mail schon gestern schicken, ich wollte nur noch kurz vorher die beiden Videos auf YouTube hochladen… Kurz? Es hat ca. 10 Stunden gedauert und zwischendurch zu drei Abbrüchen wegen Timeout geführt. Ist das eigentlich normal???

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Wilfried schrieb am 11.09.2008:

Hallo Ihr alle,

Kretakatze hat den Sinn des Lebens ‚verloren’ („Für den Sinn des Lebens finde ich … einfach keine Zeit mehr“), lebt sinnfrei und trotzdem restlos ausgefüllt, also ein ausgefülltes, wenn auch sinnloses Leben. Wer kann das schon von sich behaupten.

Im Ernst: Das Ergebnis von Kretakatzes täglichem Traktieren der Gitarre und Stimmbänder trägt erste Früchte, wie bei youtube zu sehen ist. Da entschuldigen wir es doch gern, mit unseren Fragen und Zweifeln alleingelassen zu sein. Es gibt eben mehr als nur die Frage nach dem Sinn des Lebens. Aber dazu (zu Kretakatzes Traktieren) am Ende mehr.

Die Videos vom griechischen Diplom-Mathematiker (Pascalidis oder doch eher Paschalidis) hatte ich mir bereits vor meinem PC-Crash angeschaut und Kretakatzes Befürchtungen, die könnten nicht unserem bzw. meinem Geschmack entsprechen, konnte ich bereits da nicht verstehen. Jetzt, nach wiederholtem Hören, bleibe ich gern bei meinem Urteil: die Lieder gefallen mir. Okay, das erste gezeigte Lied „Paramithi Me Lipimeno Telos“ (Märchen mit traurigem Ende) ist eben doch typisch griechisch (ich habe es zz. mit dem Typischen). Ich versuchte, mich in diesen doch ungewöhnlichen 7/8-Takt ‚hineinzuwurschteln’ (auf der Tischkante fingerklopfenderweise), aber so ganz geht mir das nicht ins Blut über. Musiktheoretisch ist ein solcher Takt ja eigentlich aus 4/8 und 3/8 zusammengesetzt. Aber Theorie und Praxis sind eben zwei beschiedene Paar Schuh.

Nun die weiteren Lieder nähernd sich dann schon mehr unseren mitteleuropäischen Hörgewohnheiten. „O,Ti Ki‘ An Sisis“ (Was Du auch (er)lebst) ist wahrlich melancholisch, aber eben auch sehr schön. „Im‘ Ena Pevko Stin Akrojalia“ (Ich bin eine Kiefer am Strand) ist mir etwas zu dramatisch und auch etwas zu schleppend – aber dank Kretakatzes Anmerkungen weiß ich, dass es eben auch ein Lied mit dramatischem Inhalt ist. „Pinelopi“ (Penelope) kommt recht rockig daher. Ähnlich griechisch-rockig wie manches Anderson-Stück schottisch-rockig ist. An „Nanourisma“ (Wiegenlied) gefällt mir z.B. auch das Saxophon-Solo am Ende. Vieles erinnert mich an Angelo Branduardi, den wir an anderer Stelle in diesem Blog öfter erwähnt haben (u.a. in seiner Interpretation des Liedes vom Apfelwein). Stimmlich denke ich da an Hannes Wader.

Also, was soll ich sagen? Vielen Dank an Kretakatze, dass Du uns diesen griechischen Diplom-Mathematiker mit Hang zur Philosophie und seine langsamen, schwermütigen bzw. schnellen, schwermütigen Lieder vorgestellt hast. Respekt an dieser Stelle für Deine Kenntnisse der griechischen Sprache (und nicht nur der).

Kretakatze ist nun also bei youtube zu bewundern. Ich meine das wirklich nicht ironisch (von wegen bewundern). Zunächst möchte ich dem „if I can do, everybody can” widersprechen. Schön wäre es, wenn dem so wäre. Vielleicht mit viel Fleiß und Übung annähernd machbar. Und doch: Nein, ohne ein Mindestmaß an Musikalität kann everybody das eben nicht.

Klar, zunächst stellt jeder erst einmal sein Licht unter den Scheffel (aber so bescheiden sind Deine Fähigkeiten eben nicht, Kretakatze) – bis der Scheffel brennt. Nein, ich finde es einfach mutig, sich nicht nur eine Videokamera zu kaufen und dann die Aufnahmen zu machen, sondern die Aufnahmen dann auch noch ins Netz zu stellen. Ja, ich weiß, notfalls kann man die Lieder schnell auch wieder löschen (oder die ätzendsten Kommentare löschen – oder gleich die Möglichkeit, Kommentare abzugeben, ausschalten). Aber als ‚Künstler’ lebt man bekanntlich von der Resonanz des Publikums (die sollte möglichst positiv sein, ist klar).

Also hier meine Resonanz: Zunächst hatte ich das Dire Straits-Cover gehört. Als nach dem längerem Vorspiel der Gesang einsetzte, war ich erst einmal ziemlich verblüfft. Bisher kannte ich Deine Stimme ja nicht, Kretakatze. Ich rechnete während des Fortdauerns des Vorspiels wohl nicht mehr damit, dass du jetzt auch noch singst. Dann also Dein Gesang. Diese Alt-Stimme.

In einem Buch, das ich dieser Tage erneut gelesen hatte (Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein) – ja ich weiß, ich mache es spannend -, in dem es im Wesentlichen um Missverständnisse in der menschlichen Kommunikation geht, erzählt der Autor von einem Ehepaar. Die Frau kocht ihrem Mann etwas völlig Neues und fragt ihn dann, wie es ihm schmeckt. Obwohl es ihm überhaupt nicht mundete, er aber seine Frau auch nicht kränken wollte, sagte er nur: Es schmeckt interessant! Das Wort interessant wird, weil es so vielsagend ist (von anregend über beachtenswert bis hin zu markant und aufschlussreich), meist nichtssagend benutzt.

Nein, interessant ist Dein Gesang, Deine Stimme ‚nicht’. Wenigstens nicht, wie es der Ehemann von den Kochkünsten seiner Frau meinte. Eher im Sinne von außergewöhnlich (fast hätte ich gewöhnungsbedürftig geschrieben). Dann diese leichten Schwankungen, Tremolos zwischendurch, mögen diese von Unsicherheiten (innerer Anspannung) oder Ungeübtheit herstammen, sie geben deiner Stimme einen ‚interessanten’ Reiz, d.h. besonderen Reiz.

Wärest Du einige Jahre jünger, dann könnte ich mir gut vorstellen, falls Du Deine Stimme ausbilden ließest, dass Du mit ihr Erfolg haben könntest. Sie ist keine Tralala-Stimme wie viele, die uns heute immer wieder zu beglücken suchen. Ja, ich finde deine Stimme wirklich außergewöhnlich (nach dem genannten Tralala, den man täglich hört, wie gesagt: fast gewöhnungsbedürftig). Das soll ein Kompliment sein!

Was soll ich sonst noch dazu sagen? Ich bin gespannt auf weitere Interpretationen von Dir bei youtube. Und ich will ganz ehrlich sein: Ich würde das so nicht können. Aber wer weiß. Vielleicht packt mich ja doch noch der Ehrgeiz, es dir nach zu tun. Das ist aber kein Versprechen (höchstens ein Versprecher).

Aber genug gelobt. Überhaupt genug für heute.
Bleibt alle gesund und munter, lasst Euch nicht zu sehr von den Schicksalsschlägen niedermachen (schlagt zurück).

Horrido
Euer Wilfried

P.S. Zu dem erwähnten Ian Anderson-Portrait bei youtube später etwas mehr (wahrscheinlich in einem eigenen Beitrag):


Ian Anderson Portrait

P.P.S. Ja mit dem Hochladen der Videos zu youtube ist das schon so eine Sache. Bei mir klappte das eigentlich fast immer ohne Abbrüche, die kamen aber durchaus schon vor. Bei mir dauert es meisten sogar noch etwas länger, kommt aber auf die Größe der Dateien an – und auf den Zeitpunkt, also wann ich das mache (wochentags gegen Mittag geht das schneller als abends oder gar nachts, wenn halb Amerika seine Videos bei youtube einstellt).

English Translation for Ian Anderson

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.