Die Johanneskirche in Tostedt und ihre vier Vorgängerinnen

Als die evangelische Kirchengemeinde in Tostedt auf dem alten Tostedter Kirchenplatz im Himmelsweg den Bau eines Gemeindehauses plante, wurden 1969 Grabungen erforderlich, um eventuell archäologisch wertvolle Funde zu sichern. Bisher galt die Kirche in Hollenstedt als die älteste im Umland. Tostedt zählte mit Moisburg, Buxtehude und anderen Kirchengemeinden nachweisbar seit vielen Jahrhunderten zum Archidiakonat Hollenstedt der Diözese Verden. Diese hatten sich später dann von dieser ‚Urkirche’ in Hollenstedt abgetrennt.

Als man nun bei diesen Grabungen auf die Grundrisse zweier hölzerner Kirchen aus der Zeit der Christianisierung stieß, war die Überraschung groß. Man stellte fest, dass die früheste Holzkirche um 804 n. Chr. datiert werden konnte. Sie stammt also aus der Zeit, in der Karl der Große mit großem Eifer bemüht war, die Sachsen zwischen Weser und Elbe (Wigmodien) gewaltsam zum Christentum zu führen. Es ist überliefert, dass der Franke Karl der Große sein Lager bei Hollenstedt aufgeschlagen hatte. In dieser Zeit könnte die Kirche Tostedt I gebaut worden sein.

Diese erste Kirche wurde wohl abgebaut, um zwei oder drei Generationen später eine größeres Holzkirche zu bauen, denn man benötigte eine Pfarrkirche, deren Priester taufen durften und an der Tote bestattet werden konnten.

Im 11. Jahrhundert wurde dann erstmals eine Kirche aus Stein gebaut. Diese war genauso groß wie ihre hölzerne Vorgängerin und hatte eine Grundfläche von 200 m². Es kann daraus geschlossen werden, dass die Bevölkerungszahl mit rund 200 Einwohnern in den Dörfern des Kirchspiels Tostedt bis zum Abbruch der Kirche annähernd gleich geblieben ist.

Diese Kirche wurde dann um 1300 durch eine neue noch größere Steinkirche IV ersetzt. Sie war ein Feldsteinbau, hat alle Stürme der darauffolgenden Zeit überstanden und ist die „alte Kirche“, die, nach Fertigstellung der jetzigen Kirche, in den Jahren 1881/1882 abgerissen wurde.

Die heutige Johanneskirche wurde nicht auf dem historischen Grund des alten Gotteshause errichtet, sondern 150 Meter südlich davon. Am 14. März 1880 wurde die im neugotischen Stil errichte Kirche eingeweiht. Tostedt benötigte damals ein größeres Gotteshaus, da der Ort durch den Bahnanschluss an die Strecke Hamburg-Bremen im Jahre 1874 einen ungeahnten Aufschwung genommen hatte.

    Johanneskirche in Tostedt, erbaut 1880

Richtfest der heutigen Kirche war am 3. Dezember 1878. Zum Schluss errechnete man die stattliche Summe von 120.000 Mark, wovon die Kirchengemeinde Tostedt selbst den allergrößten Teil aufzubringen hatte. Wesentliche sakrale Gegenstände wurden dabei aus der alten Kirche übernommen. Das älteste in die neue Kirche übernommene Teil ist der aus Glockenbronze gegossene, durch die Inschrift Anno 1423 datierte Taufkessel. Hier wurden bis ins 16. Jahrhundert alle neugeborenen Kinder durch Eintauchen, später über ihr getauft.

Ein weiteres Schmuckstück ist die Kanzel, die ebenfalls aus der alten Kirche übernommen wurde. Ihr Stifter ist Johann Wilken von Weyhe, Herr auf Gut Bötersheim, der die Kanzel 1607 bei dem Lüneburger Bildhauermeister Ludtke Garbers und wenig später durch einen weiteren Vertrag mit dem ebenfalls dort ansässigen Maler und Vergolder Jürgen Windt in Auftrag gab.

Als letzter und dritter wichtiger Einrichtungsgegenstand wurde der Altar, der wesentliche Teile eines mittelalterlichen Flügelaltars enthält, die schon Mitte des vorigen Jahrhundert nicht mehr vollständig waren, in der neuen Kirche eingerichtet. Dabei muss es sich um eine Arbeit des Bildschnitzers Cord Snitker handeln. Da dieser in Lüneburg für die Zeit bis 1485 nachzuweisen ist, wurde der Altar auf „um 1480“ taxiert. Eine neuere Expertise datiert ihn „um 1490“ und sah den Altar als Arbeit eines Nachfolgers von Cord Snitker an.

Gekürzte Fassung des Kapitels: Die alte und die neue Tostedter Kirche – von Klaus-Rüdiger Rose aus: Die Este: Von der Quelle bis zur Mündung, S. 112 ff. unter Verwendung der folgenden Literatur:
Hans Drescher: Tostedt. Die Geschichte einer Kirche aus der Zeit der Christianisierung im nördlichen Niedersachsen bis 1880, 1985
100 Jahre Tostedter Kirche (1880-1980), 1979

Inzwischen steht die Johanneskirche in Tostedt seit 133 Jahren. Von der Feier anlässlich des 125 Jahrestages hatte ich 2005 kurz berichtet. Vor nun 23 Jahren habe ich meine Frau in dieser Kirche geheiratet. Außerdem feierten meine beide Söhne in der Johanneskirche ihre Konfirmation 2005 und 2008.

Hier noch einige Bilder aus Tostedt von der Kirchturmspitze der Johannes-Kirche aus aufgenommen (am 29.09.2004)

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Ein Gedanke zu „Die Johanneskirche in Tostedt und ihre vier Vorgängerinnen

  1. Habe heute zufällig diesen Betrag gefunden und war sehr erfreut, die „Tostedter Kirchengeschichte“, in Kurzform, nachlesen zu können. Ein paar Deteis wusste ich gar nicht.
    In dieser Kirche bin ich im Jahre 1954 getauft worden und habe hier 1969 meine Konfirmation empfangen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.