Bad Case Management

Die Banken haben es vorgemacht: Nach der Finanzkrise übernahmen so genannte Bad Banks (engl. für schlechte Bank) u.a. Zertifikate von in Zahlungsschwierigkeiten geratene Emittenten (Herausgeber von Wertpapieren) bzw. wickelten so genannte notleidende Kredite sanierungsbedürftiger Banken ab.

Was Banken können, kann ein Unternehmen, das für einen öffentlichen Auftraggeber wie eine Behörde arbeitet, natürlich auch. Diese ‚Dienststelle’ bekommt Anfragen, die durch die Mitarbeiter dieser Dienststelle beantwortet werden. Das können u.a. auch Rechtsauskünfte sein. Nun ist hier ein Rückstand von ca. 3000 Anfragen entstanden. Also 3000 Anfragen wurden bisher nicht beantwortet. Aber selbst die Frage, ob es sich dabei tatsächlich um Anfragen handelt und nicht evtl. um rücklaufende Post, ist noch nicht eindeutig geklärt.

Wie kann so etwas kommen? Diese Dienststelle bedient sich eines Workflow Managements. Die angesprochenen Anfragen (oder was auch immer) sind hierzu gescannt und auf Rechner abgelegt, sie sind also digitalisiert worden. Allerdings funktioniert diese Software für den Workflow nicht richtig, oder?

Was kann man also tun, um diese Rückstände aufzuarbeiten? Erst einmal, so denke ich, sollte man wirklich versuchen zu identifizieren, um was für eine Post es sich dabei handelt. Aber nein, so schnell schießen die Preußen nicht (ach nein, es sind ja Bayern, die Dienststelle befindet sich in München). Da die ganze Dienststelle sowieso organisatorisch auf den Kopf gestellt werden soll (Stichwort: Umstrukturierung) und dabei peu a peu mit der Schwester in Hamburg (da arbeite ich) zusammengeführt werden soll, und gerade die Finanzkrise mit dem Begriff Bad Bank das Stichwort lieferte, kommt man ‚am grünen Tisch’ auf die Idee, Ähnliches zu kreieren: Bad Case Management!

So lautet der am ‚grünen Tisch’ beschlossene, den der Weisheit letzten Schluss betreffende Beschluss:

Die Fall-Rückstände der bisherigen Organisationseinheit Abt. X werden nicht in die neue Struktur und Prozessorganisation übernommen. Durch diese (radikale) Maßnahme können die Mitarbeiter in der neuen Organisationseinheit XYZ unbelastet in die Umstrukturierung starten und zukünftig die zeitgemäße Abarbeitung der Fälle gemäß den neuen Zielvorgaben erledigen.
Die Rückstände werden entweder an 1-2 Mitarbeiter ausgelagert (Stichwort: „Bad Case Management“) oder es wird durch einen radikalen Schnitt die aktive Bearbeitung der Fälle endgültig beenden. Alternativ können die Fälle kategorisiert und gemäß einer noch zu definierenden Zeitspanne und Menge in die neue Bearbeitung miteinfließen. Einen endgültigen Vorschlag hierzu wird das Projektteam Anfang des 4. Quartals vorlegen.

Das klingt doch richtig toll – und so fachmännisch, oder? Insgesamt enthält dieser Beschluss (der nichts beschließt) drei Lösungsansätze:

1. Bad Case Management (Auslagerung und Bearbeitung durch 1-2 zusätzliche Mitarbeiter)
2. die 3000 Fälle einfach ignorieren
3. alles beim Alten lassen (den Rückstand zusätzlich kategorisieren lassen, um zu sehen, um was es sich dabei handelt – endlich)

Ich weiß nicht, wie andere Unternehmen in solchen Fällen reagieren. Ich musste nur herzhaft lachen, als ich diesen im Grunde nur aufgeblasenen Unfug gelesen habe. Ich bin gespannt, für welche Lösung man sich entscheiden wird – übrigens besteht der Rückstand schon seit einigen Jahren!

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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