Kategorie-Archiv: Wahlen in Deutschland

… zur Bundestagswahl 2005 und 2009

Bundestagswahl 2021

Am Sonntag ist es also soweit: ein neuer Bundestag wird gewählt. Und alles ist wieder einmal anders als vor vier Jahren (ein Blick zurück ‚im Zorn‘), als die SPD zunächst einen Rückzieher machte, um dann doch mit der Union erneut zusammenzukommen, weil Herr Lindner (FDP) plötzlich doch den Schwanz einzog.

Dank Herrn Olaf Scholz (eigentlich undank Armin Laschet) ist die SPD plötzlich die stärkste Partei im Lande und damit wie Phönix aus der Asche entstiegen. Wenn man den Umfragen Glauben schenken darf (immerhin gelten noch 40 % der Wähler als unentschlossen). Und die SPD dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach den nächsten Bundeskanzler stellen. Aber mit wem? Mit den Grünen und Linken (dürfte nicht reichen)? Oder doch eher mit den Grünen und der FDP? Vielleicht wieder eine große Koalition (die längst keine große mehr ist)? Dazu bräuchte man aber die Grünen oder die FDP als dritten Partner. Aber alles, nur nicht mit der FDP. Dazu unten etwas mehr.

16 Jahre regierte Angela Merkel und tritt nun ab. In diesen Jahren hat sie mit CDU/CSU viel ‚erreicht‘:

Korruption und dubiose Lobbykontakte, gefährliche Flirts mit der AfD, eine desaströse Klimapolitik: 16 Jahre Union haben unser Land in eine schwere Krise geführt. Am 26. September könnte sich das endlich ändern – wenn die Wähler*innen sich für eine Regierung entscheiden, die für alle Menschen Politik macht.

Viel zu viel ist liegengeblieben. Es gibt Kinderarmut, eine Bildungskrise, Digitalisierungsstau. Die Pflege ist über dem Anschlag, die Verkehrswende findet nicht statt, die industrielle Landwirtschaft quält Tiere und tötet unsere lebenswichtigen Bienen.

So schreibt Dr. Felix Kolb, Vorstand von Campact, dem ich mich nur anschließen kann. Aber wie sieht es mit Olaf Scholz aus, dem potentiellen Bundeskanzler. Cum-Ex-Skandal, Wirecard-Pleite, G20-Gipfel in Hamburg und seine Folgen: Herr Scholz weiß von nichts, kennt keine Verantwortung. Und ist auf der Beliebtheitsskala doch vorne weg. Und als hätte er und die SPD die genannten Versäumnisse nicht mitverantwortet.

Armin Laschet (CDU) – Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) – Olaf Scholz (SPD)
Armin Laschet (CDU) – Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) – Olaf Scholz (SPD)

Annalena Baerbock hat mit den Grünen den lange Zeit bestehenden Vorsprung durch einen unprofessionellen Wahlkampf verspielt. Wie man Wahlkampf macht zeigt die FDP: Nicht Inhalte sind gefragt, sondern Bilder: Herr Lindners One-Man-Show in schwarz-weißen Bildern, wie er so des Abends am Schreibtisch hockt und sich angeblich Gedanken über die Zukunft des Landes macht, kommen besonders bei jungen Wählern an. Dabei sind gerade sie es, die durch die neoliberale Wirtschaftspolitik der FDP auf längere Sicht die Leidtragenden sein werden: Der Markt regelt alles! So seine Devise. Wie wir es zur Ungenüge z.B. auf dem Energie-, dem Wohnungs-, Bildungs- und Arbeitsmarkt sehen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer. Bisher hat Herr Lindner nur gut reden. Verantwortung hat er bis heute abgelehnt.

Wie also am Sonntag wählen? An der Wahl nehmen von den 54 zugelassenen Parteien letztendlich 47 Parteien teil. Dabei beteiligen sich 40 Parteien mit Landeslisten. Da es die 5-%-Klausel gibt, dürfte wohl kaum eine der kleinen Parteien eine Chance haben, in den Bundestag einzuziehen. Trotzdem werden diese eine gewisse Rolle bei der Wahl spielen, da diese in der Summe wohl an die 10 % der Wählerstimmen bekommen werden und somit indirekten Einfluss auf die Sitzvergabe nehmen.

Es ist wie immer die Wahl zwischen Cholera und Pest. Nur dass jetzt auch noch Mumps, Masern und Maul-und-Klauenseuche (Hand-Fuß-Mund-Krankheit) hinzukommen. Trotz der vielen Fehler, die die Grünen im Wahlkampf verzapft haben, werde ich diese Partei wählen, allein schon, um Union und SPD nicht zu stark werden zu lassen. Und weil grüne Politik immer noch die mit den besseren Zukunftsaussichten ist. Nicht mehr unbedingt für mich, aber für meine Kinder!

Ein bunter Haufen in den Tostedter Räten

Wer gestern in meinem Wohnort wählen durfte, hat hoffentlich seine Benachrichtigung zur Kommunalwahl noch nicht weggeworfen: Mit der Bundestagswahl am 26. September gibt es eine Stichwahl bei der Wahl des Samtgemeindebürgermeisters in Tostedt. Der Amtsinhaber, Dr. Peter Dörsam, kam zwar auf 44,6 % der abgegebenen Stimmen, muss sich aber Rolf Aldag von der CDU (25,0 %) erneut stellen. Jan Hinnerk Zirkel (Wählergruppe Zusammen) ist mit 22,4 % ausgeschieden und darf nun im Samtgemeinderat zeigen, wie „Projekte vernünftig zu planen und zeitnah umzusetzen“ sind.

Der Samtgemeinderat mit 34 Sitzen präsentiert sich mit seinen 10 Parteien bzw. Wählergruppen als ziemlich „bunter Haufen“, was sicherlich auch an dem ‚massiven‘ Auftreten der neuen Wählergruppen lag. Überhaupt: Ich habe den Eindruck, dass die Parteien/Wählergruppen am besten abgeschnitten haben, die besonders durch Wahlplakate präsent in der Öffentlichkeit waren. Die SPD hatte nur für die noch kommende Bundestagswahl plakatiert und musste so entgegen dem Bundestrend (Scholz-Effekt) sogar empfindliche Verluste hinnehmen. Oft zählen nicht Programme, sondern Visagen.

Kommunalwahl 2021 in Niedersachsen
Kommunalwahl 2021 in Niedersachsen

Insgesamt bleibt die CDU bei der Kommunalwahl in Niedersachsen stärkste Partei in Niedersachsen. Die Grünen konnten dafür deutlich dazugewinnen. Als halbwegs erfreulich dürfte das Abschneiden der AfD zu bewerten sein, die bei unter 5 % landete.

12. September 2021: Kommunalwahlen in Niedersachsen

Am 12. September finden zwei Wochen vor der Bundestagswahl (26.09.2021) die Kommunalwahlen in Niedersachsen statt. Neben der Wahl zu den Kreistagen sind das z.B. in meinem Wohnort Tostedt die Gemeindewahl, die Wahl des Samtgemeinderates und die Wahl des Samtgemeindebürgermeisters für Tostedt. Sollte keiner der Kandidaten bei dieser Bürgermeisterwahl die absolute Mehrheit erringen, so wird eine entsprechende Stichwahl wohl am 26.09. stattfinden.

Bei den Wahlen zum Gemeinderat Tostedt und zum Samtgemeinderat Tostedt stellen sich neben den Parteien CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke u.a. ein bzw. zwei Einzelwahlvorschläge (Allwardt und Uhlig) sowie drei Wählergemeinschaften/Wählergruppen (Wählergemeinschaft Tostedt/Wir in Tostedt/Zusammen für Tostedt) zur Wahl.

Für die Wahl des Samtgemeindebürgermeisters kandidieren der Amtsinhaber Dr. Peter Dörsam (Einzelwahlvorschlag), Rolf Aldag (CDU), Charlotte Michel (FDP) und Jan Hinnerk Zirkel (Zusammen). Zur Kreiswahl für Harburg gibt es noch keine näheren Angaben zu den Kandidaten und Kandidatinnen.

Macron als Vorbild?

Die Gründung von zwei Wählergruppen in Tostedt scheint sich an der politischen Bewegung des Emmanuel Macron, dem französischen Staatspräsidenten, zu orientieren (En Marche ist inzwischen eine Partei) und ist sicherlich auch ein Ergebnis der Politikverdrossenheit vieler Bürger und Bürgerinnen. Neben der schon lange bestehenden Wählergemeinschaft Tostedt sind das die Gruppen Wir in Tostedt und Zusammen für Tostedt. „Wir in Tostedt“ ist aus einer Elterninitiative für den Erhalt der Dieckhofschule in Tostedt entstanden und setzt sich für lokale Themen ein (z.B. gegen „noch mehr Betonburgen in Tostedt“ ;-))

Das Bostelmann-‚Imperium‘ schlägt zurück

Am interessantesten ist sicherlich die Wählergruppe „Zusammen für Tostedt“, die ja auch einen Kandidaten für das Amt des Samtgemeindebürgermeisters stellt. Jan Hinnerk Zirkel ist ehemaliges CDU-Mitglied und Dirk Bostelmann, der ehemalige Bürgermeister für die Samtgemeinde, gilt als sein politischer Ziehvater. Zu Herrn Bostelmann habe ich mich in diesem Blog in der Vergangenheit leider schon öfter äußern müssen. Dirk Bostelmanns Tochter, Maximiliane Hemens, kandidiert für die Wählergruppe übrigens auf Platz 1 für Gemeinde- und Samtgemeinderat.

Dirk Bostelmann und die Rindviecher (Dexter-Rinder)
Dirk Bostelmann und die Rindviecher (Dexter-Rinder) – Quelle: dexter-tostedt.jimdofree.com

Tostedts Ex-Bürgermeister hatte sich schon früh in den Wahlkampf eingemischt und schlug u.a. den Samtgemeinderat Stefan Walnsch als Kandidaten für das Bürgermeisteramt vor. Dieser zeigte allerdings kein Interesse. In einem Schreiben an den Ortsverband der CDU vom 6. April 2021 schlägt er vor, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, sondern stattdessen mit Stefan Walnsch einen Fachmann aus der Verwaltung zu unterstützen. Bostelmann begründet das wie folgt: „Der jetzige Amtsinhaber (Dr. Peter Dörsam) ist seit über 6 Jahren im Amt. In dieser Zeit hat man von der CDU wenig oder eher nichts an Kritik gehört oder gelesen. Dadurch hätte der Fraktionsvorsitzende Rolf Aldag sich und seine Partei immer wieder ins Gespräch bringen können. Außenstehende können doch jetzt nur der Auffassung sein, dass alle zufrieden sind.“ Sind sie es denn nicht?

Und Bostelmann geht noch weiter und behauptet in guter Trump-Manier, seinen Informationen zufolge würden sich „alle Verwaltungsmitarbeiter einen anderen Bürgermeister“ wünschen. „Aber sie denken dabei kaum an einen Kandidaten aus dem Samtgemeinderat“. (Quelle: kreiszeitung-wochenblatt.de) Das grenzt an üble Nachrede gegenüber Herrn Dörsam.

Zurück zur Wählergruppe „Zusammen für Tostedt“: Herr Zirkel und Co. geben sich jung und dynamisch, er selbst sich als Macher (Gründer). Wenn ich das richtig sehe, so verfügt lediglich Herr Zirkel über gewisse Erfahrungen in der politischen Arbeit. Alle anderen sind zwar jung (was natürlich kein Nachteil ist), aber auch unerfahren. Sie haben allerdings einen Über- bzw. Ziehvater, der ihnen schon den Weg weisen wird: Dirk Bostelmann!

Ich habe den Werbe-Flyer von Herr Zirkel vor mir liegen: Da macht er einigen Wind (Wir brauchen frischen Wind …!), aber für mich ist das eher viel heiße Luft. Er sollte z.B. wissen, das Schulpolitik (Stichwort: Digitalisierung im Klassenzimmer) Aufgabe des Landes und nicht der Kommune ist. Und wenn er von Transparenz spricht, so frage ich mich, warum erst auf der Rückseite seines Flyers ein Zusammenhang zur Wählergruppe „Zusammen für Tostedt“ erkennbar wird (zumal diese als Wählergruppe nicht deutlich ist).

Ich würde Herrn Zirkel gern im Samtgemeinderat sehen. Dort könnte er zeigen, wie „Projekte vernünftig zu planen und zeitnah umzusetzen“ sind. Als Bürgermeister der Samtgemeinde: Nein, Danke!

Mit Hass lässt sich kein Staat machen

Die Europawahl 2019 in Deutschland ist gelaufen und zeigt auf, dass der Wandel in der Parteienlandschaft weiter voranschreitet. Zunächst das gute Ergebnis: Die Deutschen interessieren sich wieder für Europa. Statt der 48,1 % Wahlbeteiligung vor fünf Jahren, waren es diesmal 61,4 %. Nicht überragend, aber doch befriedigend.

Die früher einmal großen Parteien haben weiter Federn lassen müssen. Die SPD (15,8 %) wurde sogar von den Grünen (20,5 %) deutlich überholt. Die Union kommt immerhin noch auf 28,9 %, die AfD auf 11,0 %, die Linke auf 5,5 und die FDP auf 5,4 %. Insgesamt gut abgeschnitten haben die anderen, kleinen Parteien (wohl weil es keine 5-%-Sperrklausel bei Europawahlen gibt), wobei die Satirepartei ‚die PARTEI‘ auf 2,4 % kommt (und damit 2 der insgesamt 96 für Deutschland reservierten Sitze im Europaparlament bekommen).

Natürlich hat die AfD gegenüber der Wahl 2014 (7,1 %) um 3,9 % zugelegt. Gegenüber der Bundestagswahl 2017 aber 1,6 %-Punkte verloren. Zunächst sind erst einmal die Ergebnisse in den anderen Ländern der EU abzuwarten. Ich stelle aber fest, dass die rechtspopulären bzw. rechtsextremen Parteien stagnieren, ja sogar Verluste hinnehmen müssen. Mit Hass ist auf Dauer kein Staat zu machen.

Grüne lassen Union und SPD alt aussehen

Die Grünen-Stimmen kommen vor allem von den besser Gebildeten und – und das dürfte der entscheidende Faktor sein – von den Jüngeren. Wobei das Wort „Jüngere“ hier sehr relativ zu sehen ist. Denn die Grenze verläuft bei „Mitte 40“. Bei allen Wählergruppen, die darunter liegen, sind die Grünen klar die stärkste Kraft. Und es gilt: je jünger die Wähler sind, desto stärker wählen sie Grün.

Die Union ist nur noch bei den über 60-Jährigen klar die Nummer 1, bei den 45- bis 59-Jährigen liefert sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Grünen. Und insgesamt bildet die Union quasi den Gegenpol zu den Grünen: Je jünger die Wähler, desto weniger erfolgreich ist die Union.

Und die SPD? Sie hat in allen Altersgruppen deutlich verloren. Bei den ganz Jungen liegt sie sogar nur noch im einstelligen Bereich – knapp vor der Satirepartei „Die Partei“. Beim Blick auf die Zukunft hat die SPD-Führung also allen Grund, nervös zu werden. (Quelle: tagesschau.de)

Es sind die Zukunftsthemen wie Klima- und Umweltschutz (siehe Fridays For Future) sowie die rechtlichen Fragen rund ums Internet, aber auch die Europa- und Flüchtlingspolitik, die junge Wähler interessieren. Und stand die SPD bisher vor allem für soziale Gerechtigkeit, so sehen die Wähler inzwischen diese Kompetenz auch bei anderen Parteien.

Sehen wir uns die – sorry! – Pappnasen an, die die deutsche Politik bestimmen (oder bestimmen wollen) wie Kanzlerin Merkel, die Kramp-Karrenbauer samt Spahn und Klöckner, die CSU-Clique in Bonn (Seehofer, Scheuer oder Dobrindt) sowie Herr Gernegross Lindner, dann ist es mehr als verständlich, dass die Wähler die Schnauze voll haben von der Politik. Im Mittelpunkt deren Politik stehen nicht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, sondern die der Industrie (z.B. Auto- und Landwirtschaftsindustrie).

SPD siegt in Niedersachsen – FDP ziert sich

Vergleiche hinken bekanntlich. Trotzdem habe ich die Ergebnisse der Bundestagswahl mit der Landtagswahl in Niedersachsen verglichen, da zwischen beiden Wahlen gerade einmal drei Wochen liegen.

Hatte bei der Bundestagswahl die SPD gerade noch 27,4 % der Zweitstimmen in Niedersachsen erhalten, so ist sie jetzt im Land mit 36,9 % stärkste Kraft geworden. Die Grünen bleiben gleich bei 8,7 %, verlieren aber 5 % gegenüber der letzten Landtagswahl 2013. Damit ist eine Fortsetzung einer rot-grünen Landesregierung nicht mehr möglich. Die CDU verliert mit 33,6 % gegenüber der Bundestagswahl leicht (dort 34,9 %) und etwas mehr gegenüber der Landtagswahl 2013, dort 36,0 %.

Ergebnis der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen

Auch die FDP verliert mit 7,5 % gegenüber Bundestagswahl (9,3 %) und Landtagswahl 2013 (9,9 %). Die Linke kann zwar gegenüber 2013 zulegen (damals 3,1 %), verpasst aber den Einzug in den Landtag mit ihren 4,5 %. Die AfD schafft auf Anhieb 6,2 %, verliert aber rund ein Drittel gegenüber der Bundestagswahl (9,1 %), und spielt nur dadurch eine Rolle, weil sich die Mehrheitsbeschaffung für eine Regierung verkompliziert.

Es ist eigentlich traurig, dass in einem Land wie Niedersachsen, das stark durch die Landwirtschaft geprägt ist, die Grünen, die u.a. gegen Massentierhaltung und Belastung des Bodens durch Nitrat kämpfen, diesmal kein zweistelliges Ergebnis erlangten. Viele der Wähler haben diesmal die SPD gewählt.

Rot-Grün kann allein nicht weiterregieren. So muss Ministerpräsident Stephan Weil also die FDP mit an Bord holen. Nur, die wollen nicht. FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner schloss am Wahlabend erneut eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen aus. CDU-Spitzenkandidat und Wahlverlierer Bernd Althusmann wiederum tat kund: „Wir haben einen klaren Gestaltungsauftrag für Niedersachsen.“ Mögen FDP und CDU vor der Wahl von einer schwarz-gelben Koalition geträumt haben, so ist der Traum natürlich ausgeträumt. Der Ball liegt jetzt „im Feld der SPD“. Da die FDP eine Ampel-Koalition ausschließt, bliebe nur noch eine große Koalition aus SPD und CDU übrig. Denn, liebe Grüne, Jamaika auf Bundesebene ist schon mehr als gewagt. Aber auf Landesebene? Undenkbar!

Ich denke, dass Herr Birkner aus der Bundeszentrale seiner Partei beizeiten zurückgepfiffen wird. Die FDP will mitregieren. Und wenn sie das Feld nicht der SPD und der CDU überlassen will, dann müssen sie in den sauren Apfel namens Ampel (Rot-Gelb-Grün) beißen. Wir dürfen gespannt sein.

Die ‚Schwampel‘ droht

Deutschland hat also gewählt. Und wie! Von 61.675.529 wahlberechtigten Bürgern haben 46.380.638 ihre (gültige) Stimme abgegeben und davon wiederum 5.877.094 die AfD gewählt. Im 19. Deutschen Bundestag werden sechs statt bisher vier Fraktionen vertreten sein. Neben dem blaubraunen Rechtspopulisten zieht die Ein-Mann-Show Lindner mit seinem neoliberalen Fußvolk wieder in den Bundestag ein.

Da die SPD es vorzieht, in die Opposition zu gehen, droht die ‚Schwampel‘ (schwarze Ampel) oder wie man heute sagt: die ‚Jamaika‘-Koalition aus Unionsparteien (schwarz), FDP (Lindner & Co. – gelb) und den Grünen (logisch: grün). Eine Minderheitsregierung der CDU/CSU mit wechselnden Mehrheiten wäre die einzige, noch denkbare Alternative.

    Jamaika – die Schwampel-Koalition

Was hat mich am Wahlergebnis am meisten überraschte: Dass die SPD gerade so die 20-%-Hürde schafft, war abzusehen, auch wenn sich Martin Schulz in seinen Wachträumen als Bundeskanzler sah. Okay, dass jede achte gültige Stimme für die Blaubraunen abgegeben wurde, ist sicherlich erschreckend, damit war aber zu rechnen. Verwundert hat mich das schlechte Abschneiden der Unionsparteien. Zusammen kommen sie auf gerade 33,0 %, wobei die CSU auf für bayerische Verhältnisse bisher undenkbare schlaffe 38,8 % (minus 10,5 % gegenüber 2013) der Zweitstimmen zurückfiel. Das Anbiedern beim Bürger mit rechtspopulistischen Parolen war ein Schuss in den Ofen.

Natürlich galt mein erster Blick den Ergebnissen in meinem Umfeld. Im Landkreis Harburg (Wahlkreis 36) ähnelt das Wahlergebnis ziemlich dem Bundesergebnis bei einer immerhin guten Wahlbeteiligung von 81,3 %. Hier erreichen die Blaubraunen leider 10 %, was erschreckend genug ist. Für Niedersachsen insgesamt kommen sie auf 9,1 %, bleiben also einstellig.

Das absolute Grausen bekam ich bei einem Blick auf das Wahlergebnis von Sachsen. Bei den Zweitstimmen wurden die Blaubraunen hier stärkste Partei (mit 27 % gegenüber 26,9 % für die CDU) und erreichten sogar drei Direktmandate.

Interessant ist es auch, die (geschätzten) Wählerströme zu verfolgen. Die FDP z.B. erhielt vor allem Stimmen aus dem Unionslager (früher wurde das ‚Leihstimmen‘ genannt). Die Blaubraunen profitieren in erste Linie von der höheren Wahlbeteiligung, d.h. von früheren Nichtwählern. Da hat sich so manche braune Socke tatsächlich aufgerafft und ist wählen gegangen.

Die AfD also mit 94 Mandanten im Bundestag. Noch ist der neue Bundestag nicht zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammengekommen, da verkündet Frauke Petry, dass sie nicht der AfD-Fraktion angehören will. Wie heißt es so schön: Die Revolution frisst ihre Kinder. Auf die Blaubraunen bezogen: erst wurde AfD-Gründer Bernd Lucke abgewählt und von Frauke Petry in die Wüste geschickt. Jetzt ist es Frau Petry selbst, die das Handtuch wirft. Allein der Selbstzerfleischungsprozess der Blaubraunen verheißt für die nächsten vier Jahre Spannung (okay: auf die wir natürlich gut und gern verzichten können, es gibt Spannenderes).

Wahlkrampf 2017

Wir hier in Niedersachsen dürfen gleich zweimal wählen. Am 24. September steht die Bundestagswahl an. Dann am 15. Oktober die Landtagswahl. Und wer ehrlich ist, sieht, dass es wieder nichts anders ist als die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich will nichts gegen die Merkel und nichts gegen den Schulz sagen. Beide mühen sich. Aber wenn im Zeugnis steht: „Sie (oder er) hat sich bemüht …“, dann weiß man, dass das nichts Gutes meint.

Zwölf Jahre Merkel als treusorgende Mutter der Nation sind genug. Und wenn sich Schulz als Kümmerer offenbart, dem unser Schicksal nicht egal ist, dann hat das irgendwo auch eine peinliche Note: Nach Muddern nun Vaddern?!

    Merkel trinkt auf den erneuten Wahlsieg

Ich habe mich spaßeshalber wieder einmal wie z.B. vor acht Jahren am Wahl-O-Mat probiert. Das Ergebnis fiel ähnlich aus. Weit vorn war bei mir auch Die Partei. Und ich bin fast gewillt, denen meine Stimme zu geben.

    Wahl-O-Mat – Entscheidungshelfer zur #BTW17

Aber im Ernst: Wie sehr sich z.B. Frau Merkel von den Bürgern entfernt hat, dokumentiert die Sendung Wahlarena der ARD mit ihr, als ein junger Auszubildender zum Gesundheits- und Krankenpfleger auf die Missstände in der Pflege aufmerksam machte.

Also Merkel oder Schulz? Langmut oder Langeweil‘? Es gibt natürlich noch jede Menge andere Parteien. Die FDP ist mit Christian Lindner auf dem besten Weg zurück in den Bundestag. Und damit der Neoliberalismus, der als libertär gefärbte Wirtschaftspolitik zumindest die geistigen Grundlagen der Finanzkrise gelegt hat. Die Grünen und die Linken dümpeln so vor sich hin, wobei gerade die Grünen nach dem Dieselskandal ordentlich hätten punkten können. Übrigens: Frei nach dem Motto der AfD: Wer CSU wählt, wählt auch Merkel, sage ich im Umkehrschluss: Wer CDU wählt, der wählt auch solche Pfeifen wie Dobrindt und Christian Schmidt von der CSU. – Neben vielen Kleinstparteien bleibt da noch die AfD.

Ich will jetzt nicht darüber streiten, ob es erst die Henne oder doch das Ei gab. Ohne Zweifel hängen Flüchtlingskrise und das Erstarken rechtsextremer Kräfte zusammen. Hierbei möchte ich allerdings erneut betonen, dass rechtsextremes Gedankenschlecht (von ‚Gut‘ kann ja nicht die Rede sein) schon immer in dieser Größenordnung in der Bundesrepublik vorhanden war. Nur gebärdet sich der rechte Pöbel heute unverhohlen und besonders lautstark. Und hat in der AfD ein Sammelbecken gefunden.

Eigentlich ist es völlig egal, welche Partei gewählt wird. Wenn es nur nicht die AfD ist, die schamlos die Ängste vieler Bürger schürt und ausnutzt. Mögen Petry und Weidel der Partei ein bürgerliches Aussehen verleihen, so ist diese Partei im Inneren nichts anderes als ein neonazistischer Haufen oftmals gescheiterter Existenzen.

Also Leute, geht wählen! Von mir aus auch Die Partei. Okay, FDP muss auch nicht gerade sein (es sei denn, ihr seid Großaktionäre oder Vorstandsmitglieder bei den großen Unternehmen). Je höher die Wahlbeteiligung desto niedriger der Prozentanteil für die AfD. Sollten z.B. bei rund 60 Millionen Wahlberechtigten 3 Millionen die AfD wählen, so käme diese bei einer Wahlbeteiligung von 50 % (also 30 Millionen Wähler) auf 10 %. Würden alle wählen gehen (nur so mal als Rechenbeispiel), so würden die 3 Millionen AfD-Wähler gerade einmal 5 % ausmachen (übrigens gruselt es mich ganz fürchterlich, wenn ich in diesem Zusammenhang die Zahl 3 Millionen schreibe).

Welche Regierung erwartet uns die nächsten vier Jahre? Sicherlich spielt die ‚ideologische‘ Nähe von Parteien eine Rolle bei der Sichtung einer künftigen Koalition. Aber viel tut sich da schon nicht mehr, sodass letztendlich die Prozentpunkte den Ausschlag geben. Besonders die FDP hofft auf ein Bündnis mit CDU/CSU. Aber ob es dafür reicht, bezweifele ich. Rot-Rot-Grün, die in der ausgelaufenen Legislaturperiode eine Mehrheit hatten (die SPD hat sich nur nicht getraut und bekommt auch hierfür den passenden Denkzettel), wird diesmal keine Mehrheit bekommen und gilt als tot. Bleiben nur – wie bisher – die GroKo (große Koalition aus CDU/CSU und SPD) und ‚Jamaika‘ (die Unionsparteien mit den Grünen und der FDP). Ich denke, die Grünen sollten die Finger von ‚Jamaika‘ lassen. Also wieder GroKo? Im kuscheligen TV-Duett (statt TV-Duell) haben sich Merkel und Schulz nicht gerade weh getan.

Siehe auch meine Beiträge zur letzten Bundestagswahl 2013:
Wahlkrampf 2013 – letzter Akt
Verzockt, Frau Merkel?

Was noch? Die erzkonservativen Lobbyisten n der CDU Niedersachsen wollen am 15. Oktober bei der Landtagswahl wieder das Ruder übernehmen. Das gilt es zu verhindern. Es ist schon schlimm genug, wenn sich die SPD als Handlanger des VW-Konzerns versteht. Eine Stärkung der Grünen wäre sinnvoll, damit Deutschlands größtem Standort der Massentierhaltung endlich Einhalt geboten wird. In Niedersachsen stinkt es vor Gülle zum Himmel!

Verdieselt

Der Dieselskandal verdeutlicht es nur: Die Autoindustrie muss mit manipulierten Abgaswerten arbeiten, um ihre veraltete Technik der Verbrennungsmotoren an das Volk zu bringen. So soll vorgegaukelt werden, wie umweltfreundlich z.B. Dieselfahrzeuge sind. Seit Jahren schläft die deutsche Autoindustrie und verpennt den technischen Fortschritt. Längst haben PKW-Hersteller anderer Länder Autos mit Hybridantrieb und Elektromotoren entwickeln, während man bei uns im Land weiterhin in erster Linie auf Benziner oder Dieselmotoren setzt.

Und die Politik bläst in das gleiche Horn und propagiert weiterhin den Antrieb mit Diesel. Allen voran der Bundesverkehrsminister, der oberbayerische Karoträger Dobrindt, der bis zuletzt immer für die Autoindustrie und gegen den Verbraucherschutz agiert hat. So blockierte er erfolgreich eine Musterfeststellungsklage für Verbraucher (Sammelklage). Zu Dobrindt später mehr.

Verdieselt – Schrott aus dem Hause Dobrindt

Die Autoindustrie ist ein wichtiges Standbein unserer Wirtschaft und sichert uns den Wohlstand. Wenn aber die Herren Vorstände weiterhin schlafen, dann werden sie diesen wichtigen Wirtschaftszweig gegen die Wand fahren. Mögen sie heute noch Arbeitsplätze sichern. In einigen Jahren könnte es anders aussehen. In vielen Ländern, in die deutsche Autos exportiert werden, ist bereits ein Termin für ein Verbot von Verbrennungsmotoren gesetzt worden. Und andere Länder werden folgen.

Natürlich lässt sich der Bestand von global 1,1 Milliarden Verbrennerautos nicht von heute auf morgen durch E-Autos ersetzen. Und die E-Ladeinfrastruktur ist zz. mehr als unzureichend. Auch muss der erhöhte Bedarf an Strom gedeckt sein. Besonders muss auch die Entwicklung effizienterer Batterien vorangetrieben werden. Das alles geht nur sukzessiv. Wenn hier die Politik nicht die nötigen Anreize bietet, dann sehe ich schwarz. Erneuerbare Energie und Ladestationen für Elektrofahrzeuge sind Grundlage für einen Umstieg. Sonst werden nur wenige Verbraucher E-Autos kaufen wollen. Eine von der EU angedachte Quote für Elektroautos allein wird die Entwicklung nicht forcieren. Und: Seehofer, Merkel und Lindner (vielleicht fährt er ja mit 49 Jahren seinen ersten E-Porsche?!) sind nicht die Politiker, die diesen notwendigen Umstieg vorantreiben. Der Diesel-Gipfel, der lediglich einen Software-Update vereinbarte, war allein ein Witz.

Aber besonders Herr Dobrindt ist der falsche Mann. Neben seinem Eintreten für die Automobilbranche (damit für Verbrennungsmotoren) tat er sich besonders durch seine unselige PKW-Maut hervor. Der Értrag daraus soll nach unabhängig erstellten Prognosen in einem ungünstigen Verhältnis zum Aufwand dieser stehen. Dobrindt propagiert so genannte Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) beim Bau von Autobahnen (zur ÖPP habe ich mich vor geraumer Zeit in diesem Blog geäußert). Jetzt droht dem privaten Autobahnbetreibers A1 mobil, ein Konsortium, das zwischen Hamburg und Bremen einen 72,5 Kilometer langen Abschnitt der A1 betreibt und der von 2008 bis 2012 sechsspurig ausgebaut wurde, die Pleite. Der Vertrag läuft über 30 Jahre. Finanziert werden sollte das Projekt durch anteilige Einnahmen aus der Lkw-Maut auf der Strecke – doch die fielen deutlich geringer aus als erhofft. Dobrindt soll schon seit Jahren von den Finanzproblemen der Gesellschaft gewusst haben. Für den Steuerzahler könnte das noch teurer werden als bisher bekannt. Trotzdem hält Dobrindt an ÖPP-Vorhaben grundsätzlich fest.

Natürlich geht es um Arbeitsplätze. Wenn aber die Entwicklung in einer wichtigen Wirtschaftsbranche verschlafen wird, dann geht der Schuss nach hinten los. Statt Erhalt also Abbau von Arbeitsplätzen. Leider denkt besonders die Politik nur von Wahl zu Wahl. Und da kann es sogar passieren, dass sich selbst ein Herr Dobrindt plötzlich als Anwalt der Verbraucher aufspielt. Da dreht sich so mancher wie ein Fähnchen im Wind.

Es ist übrigens sehr erstaunlich, wie schnell einer der größten Wirtschaftsskandale in Deutschland unten den Tisch gekehrt wird. Bravo!

Kommunalwahl 2016 in Niedersachsen: Ergebnisse

Die CDU ist bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen am Sonntag stärkste Kraft geworden. Sie lag in Landkreisen und kreisfreien Städten mit 34,4 Prozent vor der SPD (31,2), den Grünen (10,9), der AfD (7,8), der FDP (4,8) und der Linken (3,3), wie die Landeswahlleitung am Montag mitteilte. Die Wahlbeteiligung lag bei 55,5 Prozent und damit höher als bei den Kommunalwahlen 2011, als nur 52,5 Prozent abstimmten.

So recht weiß ich nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass die Rechtspopulisten ihr Wahlziel (10 % plus x) insgesamt verfehlt haben. Diese 7,8 % bzw. 9,8 % im Landkreis Harburg sind natürlich viel zu viel.

    Kommunalwahlen 2016 in Niedersachsen

Für mich als einer der in Tostedt Wohnender sind besonders die dortigen Ergebnisse von Interesse, hier zunächst das Ergebnis der Wahl zum Rat der Gemeinde Tostedt. Durch den Zugewinn an Stimmen für die Grünen hat es eine leichte, aber nicht unwesentliche Verschiebung der Gewichte gegeben. Die CDU/FDP/WG Tostedt-Gruppe kommt nur noch auf 15 Mandate, die SPD/BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN-Gruppe ebenso. Zünglein an der Waage wird dadurch vermehrt Burkhard Allwardt sein, der parteilose Einzelkandidat, der ebenfalls zulegen konnte. Eine erste Konsequenz wäre, dass der Vorsitz des Planungs- und Umweltausschusses an einen Vertreter der SPD/BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN-Gruppe geht. Das könnte auch Auswirkungen auf das Bauvorhaben Am Bahnhof in Tostedt haben.

Der Rat der Samtgemeinde Tostedt wird zukünftig noch etwas breitgestreuter sein. Die 34 Mandate verteilen sich nun auf neun verschiedene Parteien, Einzelkandidaten bzw. Wählergruppen. Ob das für die politische Arbeit förderlich ist, kann man anzweifeln. Auf jeden Fall sind die großen Parteien zu mehr Transparenz gezwungen.

Im Kreis Harburg sieht es kaum besser aus: Dort sind zukünftig acht Parteien bzw. Wählergemeinschaften vertreten.

Kommunalwahl 2016 in Niedersachsen

Auf den Tag genau nach fünf Jahren findet am Sonntag wieder die Kommunalwahl in Niedersachsen statt. In meinem Wohnort Tostedt gibt es insgesamt drei Wahlen, die zum Gemeinderat, die zum Samtgemeinderat und die zum Kreistag. Jeder Wahlberechtigte darf jeweils drei Stimmen abgeben.

Wahlen, so haben wir zuletzt im Mecklenburg-Vorpommern gesehen, dokumentieren den Wandel im Land. Zentraler Punkt ist dabei die Flüchtlingspolitik, die unsere Gesellschaft zu spalten droht. Rechtspopulisten schlagen daraus Profil und erobern die Parlamente. Tostedt (bis auf die Kreiswahl) wird davon vorerst noch verschont bleiben.

    Kommunalwahlen 2016 in Niedersachsen

Dieses Mal scheint mir die Kommunalwahl besonders personenbezogen zu sein. Von den Werbeplakaten der Parteien schauen uns die Kandidaten der Parteien an, als ginge es um einen Schönheitswettbewerb. Programme, Inhalte lassen sich, wenn überhaupt, nur auf den Internetauftritten der Parteien nachlesen. Auf Tostedt bezogen habe ich es einmal versucht:

CDU – Wow, da ist sie endlich, die Website der CDU in Tostedt. Es hat lange gedauert. Im Mittelpunkt steht sogar die Kommunalwahl 2016. Aber bis auf das, was in einem Flyer steht, erfahren wir nur wenig über die Ziele der Partei. Die Facebook-Seite ist ziemlich aktuell. Nur stimmt der Link auf die eigentliche Website nicht (www.cdu-tostedt.de gibt es nicht).

SPD – Das Aussehen ist ja ganz nett, nur aktuell ist etwas anderes. Was interessiert uns die Europawahl 2014? Die Kommunalwahl hat man dafür auf die Facebook-Seite ausgelagert. Immerhin.

Bündnis ‘90/Die Grünen – Was die Kommunalwahl betrifft, so ist diese Website up-to-date. Die Kandidaten stellen sich vor, das Wahlprogramm ist als PDF verfügbar. Da braucht es dann auch keine Facebook-Seite.

FDP – über die Website der FDP Niedersachsen wird auf eine Seite verlinkt, die meist die Verbindung verweigert. Kein Wunder, handelt es sich um eine Adresse der Second-Level-Domain .de.vu. Es gibt zwar eine Facebook-Seite, aber da spielt sich in letzter Zeit so gut wie nichts ab.

Die Linke – Zwar stellt Die Linke einen Kandidaten für den Samtgemeinderat, aber im Internet tut sich erst auf Kreisebene etwas. Das gilt auch für Facebook. Dort ist man über eine Anmeldung bisher nicht hinaus gekommen.

WG Tostedt – Die Wählergemeinschaft Tostedt präsentiert sich vielleicht etwas hausbacken. Aber sowohl Kandidaten wie Wahlziele werden vorgestellt. Die Facebook-Seite ist dagegen eine Reise in die Vergangenheit (Kommunalwahl 2011).

Einzelwahlvorschlag Allwardt – Burkhard Allwardt sollten wir von der Agenda21-Tostedt-Seite her kennen. Er zeichnet auch verantwortlich für den Veranstaltungskalender To(P)stedt aktuell. Bei Facebook ist er auch. Leider nicht aktuell. Aber was soll der gute Mann auch alles machen?!

In der Kommunalpolitik werden nicht die ganz großen Steine bewegt. Aber was dort entschieden wird, betrifft uns meist direkt. Es beginnt mit den Kindergärten und Schulen für unsere Kinder. In der Kommunalpolitik wird über Straßen- und Bauplanung (siehe z.B. Bauplanung Am Bahnhof) entschieden. Und vieles mehr. Wir als Bürger haben nur alle fünf Jahre Einfluss auf die Politik der Gemeinden, der Samtgemeinden, auch der Stadt- und Ortsräte, und des Landkreises. Durch die Abgabe unserer Stimmzettel. Wer nicht wählen geht, tut sich keinen großen Gefallen. Also alle wahlberechtigten Niedersachsen: Am Sonntag wählen gehen!

Wahlempfehlungen möchte ich eigentlich nicht aussprechen, ich denke aber, dass ein Generationswechsel (über-)fällig ist. So wie vor gut zwei Jahren, als Dr. Peter Dörsam zum Samtgemeindebürgermeister gewählt wurde.

Petry heil!

Das in Deutschland mindestens jeder Zehnte schwer rechtslastig ist, das ist nicht neu und war schon zu Zeiten, als an eine AfD noch nicht zu denken war, Realität. So kam es immer wieder einmal vor, dass Parteien der extremen Rechten (z.B. NPD, Republikaner) zeitweilig Erfolge bei Wahlen auf kommunaler und Landesebene erzielen konnten. So wie sie kamen, so verschwanden sie dann aber auch schnell wieder.

Mit der AfD könnte es nun eine etwas längere Episode werden, die zumindest so lange andauert, wie die Probleme mit den Flüchtlingen bestehen. Es liegt in der Hand der Politiker in Berlin. Wenn denen bald vernünftige Lösungen in der Flüchtlingsfrage gelinden, dann sollte das auch jene ‚besorgten Bürger‘ beruhigen, die gestern in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und besonders in Sachsen-Anhalt mehr oder weniger aus Protest die AfD gewählt haben. Am Ende wird die AfD ähnlich wie z.B. in Bremen schrittweise an Auflösungserscheinungen leiden, denn Machtkämpfe sind bereits heute vorprogrammiert. So scheint Frauke Petry, Bundessprecherin der AfD, mit dem großen Wahlerfolg von André Poggenburg, ein enger Verbündeter von Björn Höcke, nur bedingt zufrieden zu sein.

Unterschiedlicher können Wahlen kaum ausfallen. In Baden-Württemberg erzielen die Grünen unter Winfried Kretschmann mit über 30 % und einem Plus von 6,1 % bei auf 70,4 % gesteigerter Wahlbeteiligung ein geradezu unglaubliches Ergebnis. In Rheinland-Pfalz kann die SPD ihr Ergebnis um immerhin 0,5 % bei ebenfalls auf 70,4 % angestiegener Wahlbeteiligung erhöhen und wird unter Malu Dreyer stärkste Partei. Hier verlieren die Grünen allerdings satte 10,1 %. In Sachsen-Anhalt sind fast alle etablierten Parteien Verlierer. Die Machtverhältnisse sind damit in allen drei Bundesländern auf den Kopf gestellt.

Die Saat der Angst, die Pegida und AfD ausgestreut haben, ist aufgegangen. Die AfD erzielt in Sachsen-Anhalt 24,2 % (bei 61.1 % Wahlbeteiligung). Trotz dieses fürchterlichen Ergebnisses sind die Montagskrakeeler aber lange noch nicht ‚das Volk‘. Auf der anderen Seite haben Kretschmann und Dreyer, die ausdrücklich den Kurs von Frau Merkels Flüchtlingspolitik unterstützten, gewinnen können. Viel anders kann man es nicht deuten: Ein großer Riss geht durch Deutschland.

Ohne Zweifel ist es der AfD gelungen, viele Nichtwähler zu mobilisieren. Für mich persönlich erschreckend ist der Gewinn des Direktmandates in Pforzheim (Baden-Württemberg) mit einem Zehntel Prozentpunkt Vorsprung vor dem grünen Kandidaten. Die Stadt taucht nämlich in meiner Biografie auf. Als Kind habe ich dort knapp drei Jahre gelebt. Und im Mannheimer Norden gab es ein weiteres Direktmandat für die Petry-Partei (mein ältester Sohn studiert in Mannheim).

Es ist zu befürchten, dass die Parlamente zu einer Art Kasperl-Theater verkommen werden. Und es wird laut werden. Weimar lässt grüßen! Petry heil! Petry dank?!