Kategorie-Archiv: Kuriose Musikinstrumente

Fernab von Klampfen, Geigen und Klavieren

Konzert in Tostedt: Barockmusik mit dem Ensemble ‚Chiesa del Villaggio‘

Es ist schon einige Zeit her, da habe ich hier Kuriose Musikinstrumente vorgestellt. Unter dem Motto ‚Musik zum Leben‘ war am 6. November das Ensemble Chiesa del Villaggio (zu Deutsch „Dorfkirche“) zu Gast in der Johanneskirche in Tostedt. In der Triobesetzung mit Gisela Helms (Blockflöten), Roswitha Conrad (Viola da Gamba – zu Deutsch: Beingeige) und Andreas Bartelsen (Cembalo) ließen sie Werke des Barock unter anderem von Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann und Arcangelo Corelli erklingen. Dabei spielten sie auf Instrumenten, die Kopien historischer Bauweise sind, und gerade dadurch einen besonders runden, warmen Klang haben. Im Konzert erzählten sie von ihren Instrumenten und stellen die Komponisten vor.

© Chiesa del Villaggio: Barockmusik mit Blockflöten, Viola da Gamba und Cembalo
© Chiesa del Villaggio: Barockmusik mit Blockflöten, Viola da Gamba und Cembalo

Als ehemaliger E-Bassist in einer Musikgruppe und als Anhänger der Musik von Jethro Tull, dessen Mastermind Ian Anderson die Querflöte als eines der Hauptinstrumente in die Rockmusik einführte, interessierte mich das Konzert in besonderer Weise (Viola da Gamba und Blockflöten). Aber auch ein Cembalo, bei dem anders als beim Klavier die Saiten nicht mit Hämmerchen angeschlagen, sondern mit Plektren – sogenannten Kielen – gezupft werden, wollte ich einmal ‚live‘ hören

Als Ensemble Chiesa del Villaggio arbeiten die drei Musiker erst seit kurzem zusammen. Jedoch begleitet die Musik alle drei schon ihr ganzes Leben lang. Gisela Helms lernte im Kindesalter die Blockflöte kennen und verfeinerte ihr Spiel bei namhaften Musikern der Hamburger Hochschule für Musik. Roswitha Conrad studierte in Hannover und ist in Lüneburg als Musikschullehrerin und Leiterin diverser Ensembles. Andreas Bartelsen ist studierter Kirchenmusiker und kann nun im Ruhestand sich ganz der Musik widmen.

Das Konzert wurde veranstaltet vom Verein TösterKultur e.V.. Dank der Unterstützung des Lüneburgischen Landschaftsverbands war der Eintritt frei.

Da die Kirche nicht beheizt war, ergaben sich für die Musiker einige Probleme: Die Viola musste öfter nachgestimmt werden. Und die Blockflöten wurden zunächst ‚warm‘ gehalten. Trotzdem waren die 80 Minuten barocker Musik ein hörenswertes Ereignis, das im nächsten Jahr auch in weiteren Kirchen im norddeutschen Raum zu erleben sein wird.

Kuriose Musikinstrumente: Sitar und Tabla

Die Sitar ist ein indisches Zupfinstrument und gehört zu Gruppe der Langhalslauten. Sie ist das bekannteste Instrument der nordindischen Musik und verfügt über einen sehr charakteristischen obertonreichen Klang.

Die Sitar ist das bedeutendste Instrument der klassischen nordindischen Musik und gilt mittlerweile weltweit als eines der am schwersten zu meisternden Musikinstrumente überhaupt. Sie wird meistens solistisch gespielt, in der Begleitung von Tabla.

Einer der berühmtesten Sitarspieler ist Ravi Shankar, der vor allem durch die Beatles und die Zusammenarbeit mit dem Geiger Yehudi Menuhin auch außerhalb Indiens Berühmtheit erlangte.

Ravi Shankar spielt die Sitar

Das Musikinstrument besteht aus einem getrockneten Flaschenkürbis (Kalebasse) als Resonanzkörper mit Holzdecke und einem langen, hohlen Hals, auf dem sich verschiebbare Messingbünde befinden. Sie hat normalerweise zwischen 19 und 21 Saiten. Vier Spielseiten und drei Bordunsaiten, die auf den Grundton und der Quinte der Tonleiter gestimmt und für rhythmische Akzente verwendet werden (so genannte Chikarisaiten), verlaufen oberhalb der gebogenen Bundstäbe. Bis zu 13 Resonanzsaiten verlaufen unterhalb der Bundstäbe. Diese werden auf die Skalentöne des gespielten Ragas gestimmt, verstärken den Klang der Obertöne und verstärken den „singenden“ Klang der Sitar.

Der Spieler sitzt in der klassischen Haltung mit übergeschlagen Beinen auf dem Boden. Das Instrument ruht dabei an der rechten Seite des Spielers auf seinem linken Fuß und wird mit dem rechten Unterarm, der auf dem Kürbis ruht, schräg vor den Körper gehalten. Die linke Hand greift die Saiten hinter den Bünden. Durch seitliches Verziehen der Saite kann die Tonhöhe um bis zu einer Sexte erhöht und ein Glissando (Meend) erzeugt werden.

Die Saiten werden mit einem Plektrum aus Draht (Mizrab) angeschlagen, das auf den Zeigefinger der rechten Hand gesteckt wird. Für besondere Effekte können die unteren Resonanzseiten mit einem langen Fingernagel auch direkt angeschlagen werden.

Tabla

Wichtigstes Begleitinstrument ist die Tabla, ein Schlaginstrument der nordindischen Musik. Sie besteht aus zwei kleinen Pauken, deren Felle mit einem charakteristischen kreisrunden Auge versehen sind und mit den Fingern beider Hände gespielt werden. Sie verfügt für ein Perkussionsinstrument über ein großes Klangspektrum. Die Tabla wird sowohl in der klassischen Hindustani Musik gespielt, als auch volkstümlicher und religiöser Musik eingesetzt hauptsächlich in den Ländern Indien, Pakistan und Bangladesch. Auch in der klassischen Musik Afghanistans wird die Tabla verwendet. Seit den Sechzigerjahren der 20. Jahrhunderts wird sie wegen ihres Klangs auch in westlichen Pop und Jazz verwendet.

Kuriose Musikinstrumente: Chapman Stick

Ich muss gestehen. Als ich zum ersten Mal einen so genannten Chapman Stick sah und hörte, war ich begeistert von den Klang und den Möglichkeiten dieses gitarrenähnlichen Saiteninstruments. Es besteht lediglich aus einem großen Griffbrett mit 8 bis 12 Saiten und ein bis zwei Tonabnehmern. Erfunden hat es sein Namensgeber, der Jazz-Gitarrist Emmett Chapman.

Chapman Stickist bei der Arbeit
Chapman Stickist bei der Arbeit

Die eingesetzte Spieltechnik ist das von (vor allem elektrischen) Gitarren und Bässen bekannte Tapping. Hierbei werden die Saiten durch Anschlag mit den Fingerkuppen auf die Bünde gedrückt und dadurch in Schwingungen versetzt. Bei Gitarren oder Bässen sind die so erzeugten Tonschwingungen gegenüber einer angeschlagenen Saite eher schwach, d.h. die Amplituden der Saitenschwingungen sind klein, und der Musiker muss mit Plektrum oder Fingerpicking nachhelfen. Um dem zu entgehen, entwickelte Chapman das sog. low-tension-Prinzip, d.h. die Saiten sind weniger stark gespannt als bei Gitarre oder Bass. Der Stick eignet sich daher wesentlich besser für die Tapping-Technik als übliche E-Gitarren und Bässe. Und man kann mit beiden Händen gleichzeitig Töne erzeugen, sodass Bass- wie Gitarrenläufe von einem Stickisten, also Stick-Spieler, erzeugt werden können.

Chapman Stick Bass mit 8 Saiten
Chapman Stick Bass mit 8 Saiten

Als ehemaliger Bassist bin ich natürlich besonders vom Stick-Bass angetan. Es ist erstaunlich, was man auf dem Instrument hervorzaubern kann; das fetzt im wahrsten Sinne des Wortes – wie auch das kurze Klangbeispiel hören lässt:


Musikbeispiel für einen 8-saitigen Chapman Stick-Bass

Aufmerksam wurde ich auf den Chapman Stick durch meine Suche nach Videomaterial zu Jethro Tull. Ich fand dabei bei youtube.com drei Stücke von Tull, die Ian Anderson ansonsten auf der akustischen Gitarre vorträgt – aber seht und hört, wie das auf einem Chapman Stick klingt:

Kuriose Musikinstrumente: Euphonium

Das Euphonium (gr.: wohlklingend) ist ein tiefes Blechblasinstrument, das zur Familie der Bügelhörner gehört wie das Flügelhorn, das Tenorhorn, der Bariton und die Tuba. Die Grundstimmung des Euphoniums ist in der Regel in B; es klingt eine Oktave tiefer als eine Trompete und eine Oktave höher als eine Tuba in dieser Stimmung.

Euphonium

Das Euphonium wird besonders in Blaskapellen und dort oft als Soloinstrument eingesetzt, weil es einen weichen, aber auch spitzen, lauten Klang haben kann. Übrigens mein Bruder Armin spielte in jungen Jahren das Euphonium – und das nicht schlecht (später spielten wir beide für längere Zeit in einer Band zusammen).

Musikbeispiel:
Mozart: Concerto in Bb (K191) (1st movt.) – arrangiert von David Werden – Aufnahme des Euphoniumsolos

weitere Internetseiten [1] [2 – auch mit diversen Klangbeispielen] [3] [4]

Zuletzt noch ein interessanter Artikel u.a. zur Geschichte der Blasmusik (Brass Bands), hierbei zur Rolle der Heilsarmee

Kuriose Musikinstrumente: Lyricon

Handbemachte Musik, unplugged – wie man das heute neudeutsch nennt, ist mir meist doch die liebste Musik. Oft ist mir jeder elektronische Schnickschnack einfach zu viel (schon von daher finde ich Techno und ähnliche Musikrichtung einfach unerträglich). Wenn natürlich Herr Anderson mit seiner Gruppe Jethro Tull das Intro zu Thick as a Brick spielt, dann kann er nicht gleichzeitig Flöte spielen und singen, wie auf der Studioaufnahme. Aber das Keyboard, das die Flöte simuliert, ist mir schon zu viel …

Was ich heute vorstellen möchte, ist ein elektronisches Instrument: das Lyricon. Ein sehr poetischer, genauer: lyrischer Name für ein Instrument. Allerdings stieß ich bei Wikipedia auf eine eher prosaische deutsche Bezeichnung: Blaswandler. Das Lyricon wurde 1975 von Bill Bernardi erfunden und ist ein Analogsynthesizer, der von einem klarinettenähnlichen Blasinstrument kontrolliert wird. Das Lyricon zeichnet sich aus durch den großen Tonumfang und das sehr weite dynamische und klangfarbliche Spektrum des hochdifferenziert auf den menschlichen Atem und alle Artikulationstechniken der Klarinetteninstrumente reagierenden Synthesizers. (siehe auch eine englischsprachige Site mit Klangbeispielen). Daher also der deutsche Name: Blaswandler (eine Funktionsbeschreibung).

Lyricon

Das Lyricon betreffend bin ich als alter Tull-Fan über Jack Lancaster gestolpert. Lancaster gründete u.a. mit Mick Abrahams, der in der ersten Tull-Formation die Gitarre spielte, die Gruppe Blodwyn Pig. Neben Flöte und diversen Saxophonen (teilweise spielte er zwei Instrumente gleichzeitig) experimentierte Lancaster mit elektronischen Instrumenten, u.a. mit dem bereits genannten Lyricon. Später wurde Lancaster u.a. bekannt durch die rockige Neuinterpretation von Sergei Prokofjews ‘Peter und das Wolf’, einem Projekt, an dem u.a. auch Manfred Mann und Phil Collins teilnahmen. Außerdem spielte er 1979 mit Rick van der Linden das Album Wild Connections ein, eine vollständig „synthesised“ aufgenommene Scheibe: eben Lancaster mit Lyricon und van der Linden mit einem Yamaha GX 1, einem Synthesiser mit Basspedalen, bei Kennern als „Yamaha’s Monster!“ verspottet. Stevie Wonder nannte den GX 1 „The dream machine“. (damit wäre ich bei einem weiteren ‚kuriosen‘ Musikinstrument).

Wie gesagt: Ursprüngliche, handgemachte Musik gefällt mir besser. Aber da ich z.B. auf Flöten und sonstige Blasinstrumente (engl. kurz winds genannt – wie lyrisch) stehe, finde ich Lancasters Spiel auf dem Lyricon schon sehr interessant.

Hier noch ein Klangbeispiel aus dem Beginn des Stückes „Save a Place for Me“ von der CD Skinningrove Bay von Jack Lancaster aus dem Jahre 1993 (u.a. mit Phil Collins, Gary Moore, Rick van der Linden, dem Ex-Tull-Drummer Clive Bunker u.a.). Es ist ein Wechsel zwischen Lyricon und Saxophon:

weitere Infoseite auf Englisch zum Lyricon

Kuriose Musikinstrumente: Konzertina (Concertina)

Die Konzertina ist ein Handzuginstrument, oft mit sechseckigem Gehäuse, und der Allgemeinheit vor allem als typisches Instrument von Clowns bekannt. Ursprünglich stammt das Instrument wohl aus England und ist so nebenbei auch mit dem Bandonion verwandt. Als großen Bruder dürfte man das Akkordeon nennen.

Wer irgendwann einmal bei einem Kneipenbummel auf Musikanten der Heilsarmee getroffen ist, wird neben Gitarren vielleicht auch schon einmal dieses Instrument gesehen haben (besonders wenn er in englischen Kneipen sein Ale trank). Von daher kenne ich die Concertina, oder wie man es deutsch schreibt: Konzertina. Mein Vater war in jüngeren Jahren bei der Heilsarmee tätig und besass ein solches Instrument.

Englische Concertina

Deutsche Concertina (Konzertina) von Hohner

kleines Musikbeispiel: „Brudsmarsh fran Leksands“ von Mark Gilston (CD "Troll Road" (2005))

Weitere Musikbeispiele findet man hier
Hier eine Übersicht der Anordnung der Tasten (Tonfolgen der englischen Concertina mit 48 Tasten)

Hier einige Links mit weiterführenden Informationen [1] [2] [3] [4]