Jung & Schön (frz.: Jeune & Jolie) ist ein französisches Filmdrama des Regisseurs François Ozon aus dem Jahr 2013. Marine Vacth spielt in der Hauptrolle eine siebzehnjährige Schülerin, die aus Faszination und Streben nach schnellem Geld in die Prostitution gerät. Der Film war bei den Filmfestspielen von Cannes 2013 für die Goldene Palme nominiert.
Im Sommerurlaub, wenige Tage vor ihrem 17. Geburtstag, schläft die hübsche Isabelle (Marine Vacth) das erste Mal mit einem Jungen. Für viele Mädchen ein großes Ereignis, lässt sie diese Nacht jedoch völlig kalt. Dennoch erkennt sie die Möglichkeiten, die der Austausch körperlicher Zärtlichkeiten ihr bietet: Mit Beginn des Schuljahres verabredet sie sich mit meist älteren Männern, die sie für Sex bezahlen. 300 Euro pro Nacht lassen es sich die Männer kosten. Während Isabelle an immer mehr Geld kommt, ahnen weder Eltern noch Freunde etwas von ihrem Doppelleben. Nach einem tragischen Zwischenfall kann sie ihr Geheimnis jedoch nicht mehr verbergen und ihre Nachmittagsbeschäftigung fliegt auf. Da Isabelle selbst nicht dazu Stellung bezieht, sondern beharrlich schweigt, ergeht sich ihre Mutter (Géraldine Pailhas) vornehmlich in Selbstvorwürfen.
aus: filmstarts.de
Der Film Jung und Schön (jetzt als DVD und Blu-ray erhältlich) erinnert mich zunächst an den doppelbödigen Psychothriller Swimming Pool (2003) mit Ludivine Sagnier, ebenfalls von François Ozon. Den Film habe ich schon eine ganze Zeit auf meinem ‚Zettel’. Inhaltlich wiederum hat der Film viel Ähnlichkeit mit Luis Buñuels Klassiker „Belle de Jour“ – mit einer bezaubernden, aber auch sehr irritierenden Catherine Deneuve aus dem Jahr 1967. Luis Buñuel zählt übrigens zu meinen Lieblingsregisseuren (wer sich für anspruchsvolles Kino interessiert, sollte seine Filme Der diskrete Charme der Bourgeoisie aus 1972 und Dieses obskure Objekt der Begierde aus 1977 gesehen haben).
Jung und Schön – ein Film von François Ozon
Wie viele von Ozons Filmen so ist auch diesem Film ein sehr direkter und offener Umgang mit der Sexualität seiner Figuren, die Beschränkung auf eine sehr kleine Anzahl von Figuren und die Spezialisierung auf weibliche Figuren gemein. Im Mittelpunkt steht die hübsche Isabelle, gespielt von Marine Vacth, einer bis dato unbekannten Jungschauspielerin, die dem Rest der Besetzung mit einer hinreißenden Performance die Schau stiehlt. Der Filmexperte Marek Bringezu bringt es auf den Punkt:
Marine Vacth ist eine wahre Entdeckung. Sie ist der „eiskalte Engel“ des Films. Sie schweigt, sie bleibt unergründlich, ein bisschen unnahbar und kalt. Aber sein ist auch engelhaft, jung und wunderschön. Es ist ihre erste Hauptrolle, und wer glaubt, Models können nicht schauspielern, den belehrt sie eines besseren. Als Zuschauer darf man nicht den Fehler machen, die Unnahbarkeit ihrer Figur als schauspielerischen Makel anzusehen. Marine Vacth ist großartig, und die Kamera liebt sie. Im Film ist sie immer auch das Objekt der Begierde, des Zuschauers und des Regisseurs. Das macht François Ozon bereits in der ersten Einstellung unmissverständlich klar. Durch ein Fernglas wird das junge Mädchen am Strand heimlich beim Entkleiden beobachtet. Wer der Voyeur ist, bleibt kurz unklar. Es ist der jüngere Bruder, aber auch der Zuschauer und der Regisseur selbst. Diese inszenatorischen Feinheiten durchziehen den ganzen Film und machen seinen ungemeinen Reiz auch beim mehrfachen Sehen aus. Wie elegant und präzis François Ozon inszeniert, wie er Doppelungen und Spiegelungen kreiert und sie gleichzeitig verschleiert, das ist ganz große Filmkunst.
Ohne Zweifel: Marine Vacth meistert alle Facetten ihrer vielschichtigen „Lolita“-Figur mit Bravour: ob als sexuell unerfahrene Debütantin im horizontalen Gewerbe, unterkühlt-distanzierte Professionelle, liebevolle große Schwester oder als geduldig zuhörende beste Freundin.
Paris gilt als die Stadt der Liebe. Und ein Film wie Jung & Schön kann eigentlich nur in Frankreich gedreht werden. „Ozon betont, dass aus seinem Film keine Moral zu ziehen sei. Er verurteilt den jungen Menschen, den er zeigt, nicht für das, was er da tut. Eine Lehre gibt er dem Zuschauer dennoch mit: Das Schwierigste im Umgang von Erwachsenen mit Jugendlichen ist wohl, zu akzeptieren, dass man den anderen nicht versteht.“ (Wenke Husmann in ZEIT online)
Natürlich hat der Film etwas Irritierendes gerade für einen wie mich, der ja auch Vater ist (gottlob, nur von zwei Söhnen …?!). Sicherlich würde ich mich fragen, was (m)eine Tochter (wenn ich eine hätte) dazu veranlasst hat, sich zu prostituieren. Irgendetwas muss doch falsch gelaufen sein. Ozon gibt keine klare Antwort. Wir sollen es gar nicht verstehen.
Bemerkenswert ist auch wie vier verträumte Songs der französischen Schlagerlegende Françoise Hardy in die Geschichte eingewoben werden, die für einen kurzen Moment die Dialoge ablösen und Isabelles Gedanken musikalisch in Worte fassen, ohne den Erzählrhythmus damit aus dem Tritt zu bringen. Françoise Hardy? Ach, das ist schon eine andere Geschichte …!