In dem Buch Das Leben, das mich stört von Rotraut Hackermüller, in dem wir von der Erkrankung und dem Sterben Franz Kafkas erfahren, von seinen letzten Lebensjahren, lesen wir auch von Kafkas letzten Worten, die von seinem Freund und Förderer Max Brod belegt wurden:
Am 3, Juni 1924 zur Mittagszeit starb Franz Kafka: Als sich Klopstock [ein Freund] vom Bett entfernt, um die Spritze zu reinigen, bittet er: „Gehen Sie nicht fort.“ Der Freund beruhigt ihn. „Ich gehe ja nicht fort.“ „Aber ich gehe fort“, erwidert Kafka und schließt die Augen.
Letzte Worte, wenn dem Sterbenden sein letztes Stündlein schläft, haben sicherlich nur einen bedingten Stellenwert in der Literatur. Ein letzter Satz wird selten die Quintessenz dessen sein, was das Lebenswerk eines Menschen ausmachte. Ein Lästerer wie Mark Twain kommt so zu folgendem Entschluss: „Ein Mann, der etwas auf sich hält, sollte seine letzten Worte beizeiten auf einen Zettel schreiben und dazu die Meinung seiner Freunde einholen. Er sollte sich damit keinesfalls erst in seiner letzten Stunde befassen und darauf vertrauen, dass eine geistvolle Eingebung ihn just dann in die Lage versetzt, etwas Brillantes von sich zu geben und mit Größe in die Ewigkeit einzugehen.“ – Mark Twain, The Last Words Of Great Men, in: The Curious Republic of Gondour and Other Whimsical Sketches, 1869
Mit Größe in die Ewigkeit eingehen, das bezieht sich natürlich nicht nur auf letzte Worte, sondern auf das ganze Verhalten im Sterbemoment. Aufrecht soll es sein (wenn vielleicht auch liegend), ohne Klagen und ebenso ohne Anklagen. Vielleicht wäre Schweigen das Beste.
Natürlich werden nicht alle letzten Worte festgehalten, manch eine(r) stirbt unverhofft. Manchmal liegen zwischen einem letzten Wort, das alles sein sollte, nur kein letztes Wort, und der Sterbesekunde Stunden. Und manches letzte Wort bleibt ungehört oder unverstanden.
Wenn es um letzte Worte geht, wird immer gern Johann Wolfgang von Goethe zitiert, der am 22. März 1832 starb: „Mehr Licht!“ soll er gesagt haben, was real, aber auch metaphorisch gedeutet werden kann. Gerade dieses „Mehr Licht!“ ist umstritten, denn Goethe stammte aus Frankfurt/Main, „war nämlich, wie er in ‚Dichtung und Wahrheit‘ schreibt, ‚in dem oberdeutschen Dialekt geboren und erzogen’, er sprach Frankfurterisch.“ (Quelle: noth.net) So erzählt man sich in seiner Heimatstadt Frankfurt, dass Goethe eigentlich „Mer lischt [hier so schlescht].“ sagen wollte, also auf Hochdeutsch: „Man liegt [hier so schlecht].“
Nun nicht nur große Frauen und große Männer äußern am Schluss letzte Worte. Jeder Mensch, der einmal gesprochen hat (oder geschrieben), wird ein letztes Gesprochenes (oder Geschriebenes) von sich gaben. Für manchen Hinterbliebenen werden sich diese letzte Worte sicherlich einbrennen. In den meisten Fällen wird man sie schnell vergessen, selbst wenn es sich nicht nur um Belanglosigkeiten (wie schlechtes Liegen) handeln sollte, da nicht nur den letzten Worten, sondern auch den Urhebern jegliche literarische Relevanz abzusprechen ist.
Ich will es nicht unbedingt Mark Twain gleichtun, um beizeiten meine letzten Worte zu bedenken. Aber es hätte schon etwas, sein ganzes Leben gewissermaßen auf den Punkt zu bringen. „Wie gut, es war nicht alles Kacke!“, klingt vielleicht unangemessen angesichts des Todes, aber sicherlich treffend (Vielleicht sollte ich mir das weltweite Copyright © an diesem Spruch sichern). Eine treffliche Auswahl letzter Worte finden wir bei de.wikiquote.org – siehe auch letzte-worte.de (für jeden ist bestimmt etwas dabei).