Friedrich Glauser: Der Tee der drei alten Damen

Neben den fünf Wachtmeister Studer-Romanen (Verkachelte Fälle: Wachtmeister Studers Fälle) schrieb Friedrich Glauser noch einen weiteren Kriminalroman, der im Genf der dreißiger Jahre den Schauplatz internationaler Intrigen, schwarzer Magie und rätselhafter Todesfälle bildet. Glausers erster Kriminalroman wurde erst nach seinem Tod 1938 veröffentlicht: Der Tee der drei alten Damen

    Friedrich Glauser: Der Tee der drei alten Damen (Diogenes)

Als Glauser Geld brauchte, schrieb er diesen, seinen ersten Krimi – und gleichzeitig eine Parodie auf dieses Genre. Er lässt neben einer ganzen Anzahl fiktiver Personen auch vier Genfer Persönlichkeiten leicht verfremdet auftreten, die im doppelgesichtigen Genf zu Beginn dieses Jahrhunderts ihre mehr oder minder gewichtige Rolle spielten. Letztlich aber geht es im temporeichen und verwirrlich-bunten Cocktail aus Phantasie und Realität um die Frage nach dem Geheimnis, dem Mysterium schlechthin und nach den mannigfaltigen Mitteln zu seiner Erkenntnis. Dass dabei auch noch die hohe Politik hineinspielt, etwa mit dem Völkerbund, mit Ölfunden in einem indischen Randstaat und mit dem britischen und dem sowjetischen Geheimdienst, macht die Lektüre des Buches zum Vergnügen für all diejenigen, die Glausers feinsinnige Charakterzeichnung und Atmosphärengestaltung lieben.

Genf zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Mit deutlichen Anzeichen einer Vergiftung sterben kurz hintereinander zwei Männer. Verdächtigt wird ein prominenter Professor, der zu beiden Toten engen Kontakt hatte. Ciryll Simpson O’Key, ein Agent der britischen Krone, mischt sich in die Ermittlungen der Polizei ein und findet einen Maharadscha eines indischen Randstaates, der in Genf weilt, um seine Ölquellen zu verkaufen. Daran wiederum haben auch die Russen Interesse. Und schließlich gibt es Gerüchte über drei alte Damen, die regelmäßig Männer zum Tee einladen …

Drei Jahre arbeitete Friedrich Glauser an „Der Tee der drei alten Damen“ und schuf damit nicht nur ein frühes Zeugnis des deutschsprachigen Kriminalromans, sondern zugleich auch eine Krimi-Parodie.

Siehe auch den Artikel auf hr-online.de zu dem Hörspiel, das der Schweizer Rundfunk 1964 ausgestrahlt hatte: Der Tee der drei alten Damen

Die Kriminalromane von Friedrich Glauser sich in unterschiedlichsten Ausgaben erhältlich: Friedrich Glausers Kriminalromane

Glauser selbst bezeichnete den „Tee der drei alten Damen“ als „Schundroman mit Hintergründen“, doch trivial ist dieses Gemisch aus Fakten und Fiktionen, diese Mischung aus Phantasie und Realität, aus Drogenrausch und Parapsychologie keinesfalls. Glausers eigene Drogensucht zieht sich durch dieses Buch wie ein Leitfaden, an dem Rausch und nüchterne Beobachtung gleichermaßen hängen, wie die sonst so tadellose Schweizer Gesellschaft. Der Roman enthält dabei viel Witz und ist, wie bereits erwähnt, eine Parodie auf Kriminal- und auch Spionageromane.

Am 1. Januar 2009 verfiel die Regelschutzfrist der Werke Glausers. Daraufhin veröffentlichte das Projekt Gutenberg-DE seiner Kriminalfälle online – hier die Links zu dem Roman:

1941 Der Tee der drei alten Damen

Zu Friedrich Glauser selbst, dessen Leben allein romanwürdig ist: Geboren am 4.2.1896 in Wien, gestorben am 8.12.1938 in Nervi bei Genua, begraben auf dem Friedhof Manegg in Zürich. Er wurde aus der Schule gewiesen, weil er die Lyrik eines Lehrers abschätzig rezensiert hatte. Wegen »liederlichen und ausschweifenden Lebenswandels« ließ sein Vater ihn entmündigen. Glauser hatte in Zürich nicht Chemie studiert, sondern war dem Dadaismus und dem Morphium verfallen. Er geriet in ein wahnwitziges Karussell von Irrenanstalten, Zuchthäusern und Kliniken, von dem er mit Hilfe der Pflegerin Berthe Bendel absprang. Ein erster Versuch, aus dem Teufelskreis auszubrechen, war von seinem Vater unterstützt worden: Ihm war es nur recht gewesen, seinen Sohn in die Fremdenlegion verschwinden zu sehen. Glausers Erstling ›Gourrama‹ handelt von dieser Zeit. Am 6. Dezember 1938, einen Tag vor der geplanten Hochzeit mit Berthe, fiel er – wahrscheinlich durch eine Überdosis Schlafmittel – in eine tiefe Bewußtlosigkeit, aus der er nicht mehr erwachte.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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