Schon Pippi Langstrumpf machte sich die Welt – widdewidde wie sie ihr gefällt. Uns geht es nicht anders in unserem Bedürfnis nach Harmonie, Friede, Freude, Eierkuchen. „Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein, / mit glatten Köpfen und die nachts gut schlafen.“ („Let me have men about me that are fat; / Sleek-headed men and such as sleep o‘ nights:“) lässt William Shakespeare seinen Gaius Iulius Caesar sagen, weil sie ihm nicht so unruhig und gefährlich erscheinen wie Gaius Cassius, der als die treibende Kraft hinter der Verschwörung gegen Caesar galt: „Der Cassius dort hat einen hohlen Blick. / Er denkt zu viel. Die Leute sind gefährlich!“ („Yond Cassius has a lean and hungry look; / He thinks too much: such men are dangerous.“).
Wir alle suchen Frieden und somit Menschen auf, die uns wohl gesonnen sind und keinen Ärger machen (diese müssen nicht unbedingt wohlbeleibt und glatzköpfig sein). Und gern hören wir dabei, wie nett wir sind und wie charmant. Kritik erfahren wir genug auf der Arbeit. Da wollen wir in unserer freien Zeit mit Menschen zusammen sein, mit denen es keinen Streit gibt.
Willi mit Helm – unscharf (Edelsteinminen Idar-Oberstein Juli 2019)
Das greifen natürlich bestimmte Webseiten auf, vor allem solche in den sozialen Netzwerken, die algorithmisch voraussagen, welche Informationen wir auffinden möchten, was wir also mögen. So entstehen Filterblasen! Und wie wir uns im realen Leben auf der Suche nach dem Ebenmaß, dem Wohlklang, dem Konsens machen und all dem uns Widerlichen den Rücken kehren, so geraten wir auch im Internet in Isolation gegenüber Informationen, die nicht unserem Standpunkt entsprechen.
So werden wir nur noch mit Aussagen konfrontiert, die uns behagen. Und so lassen wir uns einlullen in dem Glauben, die Welt denkt so wie wir. Gegenläufige Meinungen, so glauben wir, sind die Ausnahme. Danke liebes Internet für diese Art der ‚Befriedung‘ unserer Wohnstuben. Wer halbwegs klar denken kann, weiß natürlich, dass etwas faul ist im Staate Dänemark („Something is rotten in the state of Denmark.“ – schon wieder Shakespeare.).
Wer Hass sät, wird Hass ernten oder durch gleichlautende Ansichten (aus dem Internet) in seinem Hass bestärkt. Lang lebe seine Filterblase!
Vielleicht wäre es äußerst sinnvoll, wenn wir statt mit gleichlautenden mit entgegengesetzten Meinungen gefüttert werden. Aber da macht Google natürlich nicht mit (hat irgendwie etwas mit Profit zu tun). So sollten wir Google einfach links liegen lassen oder, wie ich es manchmal tue, Suchen mit Begriffen starten, die uns eigentlich in keiner Weise interessieren und auch hin und wieder Seiten und Beiträge ‚liken‘, die wir im wirklichen Leben überhaupt nicht mögen. Aber das geht dann schon eher zu weit. Der Beitrag Fuck the Bubble: So bringst du deine Filterblase zum Platzen ist zwar schon etwas älter, aber natürlich aktuell wie nie zuvor.
Lassen wir unsere Filterblase platzen, denn wir alle leben in einer solchen; u.a. hat der Browser Firefox ab Version 63 einen so genannten Tracking-Schutz (Content Blocking) eingerichtet. Der macht das Surfen im Netz vielleicht etwas langsamer, ist aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es sei denn, Du lebst gern in Deiner eigenen Filterblase!