Absurdität des Alltags

Wirtschaft und Politik bescheren uns täglich Absurditäten, die uns schwer auf den Magen schlagen und ans Portemonnaie geben. Aber auch im Alltag, mit dem wir konfrontiert werden, nehmen wir immer öfter Sinnlosigkeiten wahr, die uns zu überrollen scheinen. Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, keine Angst; es sind aber Symptome, die aufzeigen, wie sehr unsere Gesellschaft krankt.

Zerstörte Hitler-Figur soll wieder ausgestellt werden

Beginne ich mit dem Harmlosesten. Da eröffnete Madame Tussaud’s Wachsfigurenkabinett dieser Tage eine Zweigstelle in Berlin und präsentierte einen Hitler mit finsterem Blick in einem grauen Kriegsbunker hinter einem Schreibtisch. Schon im Vorfeld gab es hitzige Diskussion ob dieses Stücks „Unterhaltungskultur“, das viele einfach nur geschmacklos finden. Und schon Besucher Numero zwei attackiert die Wachsfigur und köpft sie. Jetzt hat sich der 41-jährige Täter wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung (bei einem Handgemenge mit Museumsmitarbeitern verletzte er zwei von ihnen leicht) zu verantworten. Das kann ein teurer Spaß für eine dumme Wette mit Freunden werden. Wie sinnlos die Tat war, wird der Übeltäter sehen, wenn ihm die Rechnung dafür ins Haus flattert.

Ob die Präsentation eines gebrochenen Hitlers besonders geschmackvoll ist, möchte auch ich bestreiten. Aber solange es keine entsprechenden Verbote gegen solche Darstellungen gibt, ist und bleibt die Diskussion darum lediglich ein absurdes Sommerlochtheater. Als ich den in London bei Madame Tussauds ausgestellten Hitler vor vielen Jahren sah, wunderte ich mich nur über dessen geringe Körpergröße (Körpergröße und Größenwahn – ein anderes Thema). Damals stand er dort hinter Glas vor dem Eingang zu der Chamber of Horrors.

Münchener U-Bahn-Schläger vor Gericht

Die zwei U-Bahn-Schläger aus München stehen zz. vor dem Richter. Deren brutaler Übergriff gegen einen 76-jährigen Pensionär in der Münchener U-Bahn sorgte für reichlich Diskussionsstoff im Land. Beide Täter müssen nun mit langjährigen Haftstrafen wegen versuchten Mordes, Körperverletzung und Diebstahl rechnen. Wie sinnlos die Tat war, hat inzwischen auch einer der Schläger begriffen. Gegenüber seiner Schwester äußerte er: „Nur wegen zwei Schläge(n) 12 Jahre …?!“.

So ganz begriffen hat er die Sache dann allerdings doch wieder nicht: Zwei Schläge = 12 Jahre bedeutet nicht, jeweils sechs Jahre Haft für einen Schlag zu bekommen …

Zunehmend ist zu beobachten, wie sich in bestimmten Stadtvierteln rechtsfreie Räume auftun. Kaum ein normaler Bürger beschweige Polizist wagt sich mehr in solche Stadtteile, die von jugendlichen Banden kontrolliert werden. Hier herrscht die Gewalt der Straße. Auch in Deutschland. Aus solchen rechtsfreien Nischen dürften auch unsere zwei Schlägertypen stammen. Und mit einem sonderbar eigenem Machtgefühl nehmen sie sich das Recht, in aller Öffentlichkeit über Leben oder Tod bestimmen zu dürfen. Wird ihnen dann die Quittung vorgelegt, beginnen sie zu heulen.

Tod im Wartezimmer

Es ist ein Einzelfall und sollte in Deutschland nicht vorkommen. Da stirbt eine Frau im Wartezimmer eines New Yorker Krankenhauses, weil sich niemand um sie kümmert. Das vor laufender Videokamera. Als Konsequenz werden 6 Mitarbeiter des Krankenhauses entlassen. Sicherlich auch, um den ‚guten Ruf’ des Krankenhauses wieder herzustellen. Wie absurd.

Wie oft wird aber auch in Deutschland weggeschaut, nicht wahrgenommen, wenn andere Menschen in Not geraten. Jegliche Zivilcourage ist vor die Hunde gegangen. Und sollte doch einmal einer helfend zur Seite stehen, dann wird dieser mit Preisen und Bundesverdienstkreuzen überschüttet – und alles klatscht Beifall (auch diejenigen, die zuvor die Augen abgewandt hatten).

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.