Droht nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und damit des Sozialismus jetzt auch der Kollaps des kapitalistischen Systems?
Die Bankenkrise hat solche Dimensionen angenommen, dass es nicht verwunderlich ist, dass nach und nach andere Wirtschaftszweige von diesem Debakel betroffen werden. Es brennt an allen Ecken! Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht!
Täglich „verschwinden“ mehrere Milliarden Dollar, Euro, was auch immer aus dem Wirtschaftskreislauf – wohin, das wissen selbst die Experten nicht. Sicher sein darf man, dass eine Menge Spekulanten den Markt „abschöpfen“. Gerade das extreme Auf und Ab der Aktienkurse in diesen Tagen begünstigt Spekulationen in gigantischen Größenordnungen. Jede neue Horrornachricht lässt Aasgeier und Heuschrecken frohlocken, lässt eine solche die Kurse kräftig fallen. Und wenn sich die Kurse wieder fangen, dann wird der Rahm abgeschöpft. Hier ist zu fragen, ob es nicht Sinn macht, den Börsenhandel zeitweise auszusetzen.
Das Börsengeschäft entwickelt sich zunehmend irrational und wird in diesen Tagen durch Hysterie und Panik bestimmt. Kaum nachzuvollziehen ist, wenn Kurse von Firmen einbrechen, die eigentlich wirtschaftlich gesund sind. Und selbst bei angeschlagenen Wirtschaftsunternehmen ist ein Kursverfall von mehr als ein Drittel kaum erklärbar – von heute auf morgen kann ein solches Unternehmen mit seinem Geschäft doch kaum um solche Größen einbrechen.
Ein wichtiger Punkt ist der Handel mit Optionen bzw. Derivate. Ein normales Handelsgeschäft bewegt sich um einen Gegenstand oder eine Leistung, die einem bestimmten Wert darstellen. Allein die Tatsache, dass dieser Wert durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, hat schon etwas Unmoralisches an sich. Ein Apfel bleibt ein Apfel und wird nicht nahrhafter dadurch, weil sein Preis steigt. Völlig abwegig ist dagegen in meinen Augen der Handel mit „Wert“-Papieren, die im Grunde nur einen fiktiven Wert darstellen. Ohne selbst mit Äpfeln zu handeln, nehme ich die Preisentwicklung für Äpfel zum Ausgangspunkt für solche stark risikobehafteten Finanzgeschäfte. Hier gibt es in der Regel nur Gewinner und Verlierer, nicht wie beim normalen Handel, bei dem der Käufer immerhin einen Gegenwert in Ware oder Leistung erhält.
Wenn sich ein Wirtschaftssystem wie das unsere überwiegend auf Irrationalität und Handel ohne echte Werte stützt, dann darf man sich nicht wundern, wenn dieses eines Tages kollabiert. Die jetzige Krise hat inzwischen „Lawinencharakter angenommen, die ersten Ausläufer sind da, aber noch nicht die Wucht des Zentrums. Allein die Nachwehen darf man sich jetzt schon ausmalen: Rückgang der Investitionen, des Konsums, der Gründertätigkeit. Wie scharf diese Einschnitte eines Tages werden, weiß man aber wohl erst, wenn erkennbar alle Risiken verarbeitet und alle denkbaren Pleiten passiert sind. Im Moment ist guter Rat ebenso teuer wie die Rettung ganzer Banken“ (Reinhard Schlieker, ZDF).