Wie ich bereits einmal schrieb (Meine Lieblingslieder – Teil 1), so bin ich früh mit schwarzer Musik in Berührung gekommen. Das hat mehrere Gründe. Zum einen lebte ich Anfang der 70-er Jahre in Bremen. Und mit Bremerhaven war Bremen nach dem Krieg amerikanische Besatzungszone – wegen der Häfen. Im Norden von Bremerhaven waren viele GIs, also amerikanische Soldaten, stationiert, natürlich auch viele Schwarze. Die 70-er Jahre waren zudem eine Blütezeit der afroamerikanischen Unterhaltungskultur. Neben Soul war es der Film, der Afroamerikaner plötzlich in den Mittelpunkt stellte (ein auch uns bekanntes Beispiel ist der Film Shaft). „Black is beautiful“ – die Schwarzen gewannen ein neues Selbstbewusstsein. Zum anderen kam hinzu, dass in meinem weiteren Verwandtenkreis Kontakte zu Schwarzen gepflegt wurden.
Im Norden von Bremerhaven, im Stadtteil Weddewarden, hatten die US-Amerikaner einen Fliegerhorst übernommen. Und bis etwa Mitte der 90-Jahre waren die amerikanischen Soldaten in der Carl-Schurz-Kaserne untergebracht. Auf halben Weg zwischen Bremen und Bremerhaven, in der Nähe von Osterholz-Scharmbeck, waren ebenfalls viele Amerikaner stationiert. Wegen der für amerikanische Zungen bestehenden Unaussprechlichkeit des Namens, wurde die Stadt auch O-City genannt. Von hier wurde auch ein US-amerikanischer Radiosender ausgestrahlt.
Nun war es so, dass bereits am 01. April 1958 sich zum ersten Mal die Türen eines kleinen Clubs in der Rickmersstraße 51 in Bremerhaven-Lehe öffneten, dessen Name 30 Jahre lang der Garant für heißen Jazz und die neueste Soul-Musik war, und das weit über die Grenzen der Seestadt hinaus. Chico´s Place, benannt nach seinem Eigentümer Chico (Asuquo) Eyo, der 1924 in Calabar (Nigeria) zur Welt kam, wurde schon wenige Jahre nach der Eröffnung zu einer Instanz und zu einer nationalen wie auch internationalen Legende.
Bremerhaven, Rickmersstraße 51
Chico’s Place (jetzt wohl eine russische Disco namens „Euro Beat Club“)
Seit Anfang 1972 machte ich mit meinem Bruder und anderen Anverwandten in einer Band selbst Musik. Wir übten meist am Wochenende gemeinsam unter dem Dachboden eines Hauses in Bremen-Oberneuland (später wechselten wir in den Kellerraum eines Hauses in Oyten in der Nähe von Bremen). Da wir meist am Nachmittag mit unseren Proben begannen, machten wir anschließend oft am Abend bis in die Nacht hinein das Steintor-Ostertorviertel von Bremen unsicher (dort wo u.a. auch Herr Lehmann seinen Giros Pita zu sich nahm). An manchen Abenden machten wir dann aber auch einen Abstecher nach Bremerhaven und besuchten dort, man muss nicht raten, das „Chico’s Place“.
So lernte ich die damals aktuellste schwarze Musik aus den Staaten kennen. Meist spielte keine Band bei unseren Besuchen, sondern es wurden Scheiben aufgelegt. Diese aber immer frisch importiert aus den USA. Das erste Mal hatte ich schon ein mulmiges Gefühl. Die wenigen Weißen konnte man an einer Hand abzählen, sonst war das Lokal übervoll mit Schwarzen. Wir wurden aber freundlich aufgenommen und kamen auch mit dem einen oder anderen Farbigen ins Gespräch. Hauptthema natürlich Musik.
Wie bereits angesprochen, erlebten die Afroamerikaner in diesen Jahren ein neues Selbstbewusstsein, was sich besonders in der Soul-Musik ausdrückte. Und so hörte ich hier im „Chico’s Place“ zum ersten Mal auch Curtis Mayfield, der in den USA gerade groß herausgekommen war.
Und über diesen Curtis Mayfield bin ich in diesen Tagen gestolpert, als ich meine alte Sammlung an Musikkassetten durchstöbert habe. Es ist das Album „Roots”, das 1971 erschienen ist. Ich habe mir einige Stücke erneut angehört. Drei dieser Lieder habe ich auch bei youtube als Video gefunden. Damit man sich ein Bild machen kann, wie es in etwa früher am Anfang der 70-er Jahre in einem kleinen Club wie dem „Chico’s Place“ zuging, hier diese Videos:
Curtis Mayfield – We Got To Have Peace
Curtis Mayfield – Keep On Keeping On
Curtis Mayfield – Get Down
Es war ein schöner Club. Dort gab es keine Berührungsänste mit verschiedenen Nationalitäten sie machten alle zusammen Party , Natahlie und Ihre Schwester hatten alles gut im Griff und hatten ein Gespühr für die Menschen wie man ihnen entgegen kommt .. ich ging gern hin, wann immer ich konnte. Sowas fehlt heute in Fischtown. 🙂
Selber mit einem schwarzen Jazzmusiker aus Alabama verheiratet (zwei Töchter), habe ich viel, viel Zeit bei „Chico’s“ verbracht – es war prickelnd, aufregend, und hat mir ein unvergleichliches Lebensgefühl gegeben, daß ich nirgendwo sonst gefunden hab. Leider ist das alles Vergangenheit, und die Erinnerungen daran sind bitter-süß…
Ja, die Erinnerungen an „Chico’s“ are bitter-sweet; spent many, many nights there. Ilona, die Bardame in ‚Chico’s‘ sprach mich eines Sommertags an, draußen auf einem Stuhl in die Sonne blinzelnd, als ich auf dem Weg zu meiner Arbeit war – Bäckerlehrling, Bäckerei Hoops. Sie sagte, daß sie auch einen Sohn habe der Harold hieß und mit dem Vater in New-York lebe. Searching for my identity as „Brown Baby“ I did spend many-a-nites there. Besides Chico was also a Sponsor of our Weser-Boxring. – If I recall it correctly then your husband used to play the flute; I recall him playing in „Oasis“ (couple of doors away from Chico’s). – Now I’m living in Hamburg, retired Social Worker. I remember the Saturday nights when the ‚joints was jumping‘ , two Social Workers from Jugendamt were there enjoying and asking me not to let on that I saw them there…- but , Lou Rawls is right when singing: „You can’t go home nomore“…..
Hi Harald, I was thrilled to read that there’s someone in the world remembering my husband Jack playing the flute at Chico’s and Oasis, so you probably also remember my sister’s husband Mac playing the trumpet. I’m sad to say that Jack died in2015, and my sister and Mac have gone, too. I’ve lived in Berlin ever since we came back from the States in the middle of the 70s. Every now and then I visit my daughter in Hamburg, while my younger one is still in Berlin…
I wish you a happy new year, and if you feel like sharing memories sometimes, here’s my e-mail: memento1@posteo.de.
Jetzt ist da nichts mehr 🙁