Man mag von Horst Schlämmer halten, was man will. Dieser schmierige, Trenchcoat tragende Provinzpostillen-Schreiberling, der Bier und Doornkaat als Treibstoff braucht und durch allerlei Beschwerden wie „Rücken“, „Kreislauf“ und Konzentrationsschwäche gebeutelt wird, dessen Äußeres durch eine Vokuhila-Frisur, eine altmodische Brille, einen Schnurrbart, Überbiss und einen mittleren Bierbauch brilliert, hat den Sympathiewert eines Mr. Bean. Zudem leidet er unter Schnappatmung. Diese Beeinträchtigungen hindern ihn freilich nicht daran, ständig junge attraktive Frauen in betont schleimiger Art „anzubaggern“, Also eigentlich alles andere als liebenswert. Und doch hat Horst Schlämmer in Deutschland eine Bekanntheitsgrad erreicht, der seinen Schöpfer und Interpreten Hape Kerkeling veranlasst sah, einen Kinofilm zu drehen.
Schlämmer ist eine von vielen Kunstfiguren von Hape Kerkeling, der die besondere Gabe besitzt, sich immer wieder selbst neu zu erfinden, sei es über seine Figuren, über innovative Fernsehformate oder über originelle Ansätze, Humor an den Mann und die Frau zu bringen. In Horst Schlämmer – Isch kandidiere erkennt man bald, welches filmisches Vorbild Hape Kerkeling hier ansteuert. Was bei Sacha Baron Cohen mit Borat perfekt und mit Brüno zumindest teilweise funktioniert hat, müsste auch auf Deutschland übertragbar sein.
Der stellvertretende Chefredakteur des Grevenbroicher Tagblatts, Horst Schlämmer, hat von seinem Job endgültig genug. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung beschließt er, in die Politik zu gehen. So begibt er sich in den Nahkampf mit dem Politikervolk. Mal sind die Interviewpartner eingeweiht (wie die Grünen Cem Özdemir und Claudia Roth oder Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers), mal offensichtlich nicht. Aber wo „Vorbild“ Sacha Baron Cohen seine Gesprächsopfer bitter-böse vorführt, entlarvt und demütigt, passiert bei „Horst Schlämmer – Isch kandidiere“ nicht viel. Hape Kerkelings Versuch, in „Horst Schlämmer – Isch kandidiere“ der deutschen Politik den Zerrspiegel vorzuhalten, erstickt in der eigenen Harmlosigkeit.
Horst Schlämmer – Isch Kandidiere! (offizieller Trailer)
Natürlich hat der Film einen gewissen Unterhaltungswert – ähnlich wie bei dem bereits zitierten Mr. Bean. Aber Kerkeling ist eben kein Satiriker und meilenwert davon entfernt zu ‚entlarven’. Er will keinem wirklich weh tun. Und so dreht sich alles mehr oder weniger um die Person Horst Schlämmer, die durch Kerkeling sicherlich bis ins letzte Detail ausgeformt ist, die aber über einen Darsteller von humorvollen Klamauk nicht hinauskommt. Schade eigentlich.