Der Respekt war zu groß vor dem spanischen Team. So fehlte der Mut, der die deutsche Mannschaft gegen England und Argentinien bis ins Halbfinale gebracht hatte. Orakeltintenfisch Paul aus dem Sealife in Oberhausen hatte also Recht: Nicht Deutschland, Spanien zog nach einem knappen 1:0-Sieg ins Finale um die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika.
Dass die Enttäuschung für die vielen jungen deutschen Spieler groß ist, ist nachvollziehbar. Aber der Anspruch war auch groß und wuchs mit jedem gelungenem Spiel in der OK-Runde (4:1 gegen England, dann auch für mich sehr überraschend 4:0 gegen Argentinien, zuvor noch als einer der Anwärter auf den Titel gehandelt): Wer hoch steigt, kann auch tief fallen! In Spanien nun, das schnell zu seinem gewohnten Kurzpassspiel fand und den deutschen Spielern wenig Raum zur Entfaltung ließ, fand die deutsche Mannschaft ihren Meister.
Man mag nach den Ursachen dieser Niederlage suchen. Sicherlich fehlte der gesperrte Thomas Müller, der in den bisherigen Spielen fast schon zum Superstar avancierte und durch den Hamburger Trochowski nur unzureichend ersetzt wurde. Seine Auswechslung kam dann nach meiner Meinung auch etwas spät.
Miroslav Klose hat mit seinen vier Toren das Vertrauen, das der Bundestrainer Joachim Löw in ihn gesetzt hat, gerechtfertigt, was man von Mario Gomez leider nicht behaupten kann. Warum Löw den Münchner Gomez auch in diesem Spiel, wenn auch spät, eingewechselt hat, bleibt sein Geheimnis. Und warum Löw gerade auch gegen die Spanier auf Marko Marin verzichtete, kann ich nicht nachvollziehen. Okay, Marin spielt auf links, Müller, der ersetzt werden musste, spielt im rechten offensiven Mittelfeld. Mit Marin wäre auf jeden Fall „mehr Leben“ ins deutsche Angriffspiel gekommen.
Ausschlaggebend war aber, dass die Zielsetzung der deutschen Mannschaft einfach zu hoch gesteckt war, sodass man den eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde. Urplötzlich war die eigene Courage gemindert, das aufgebaute Selbstvertrauen geschmälert – die Nerven begannen zu zittern. Und kleinste technische Fehler rächen sich gegen eine eingespielte spanische Mannschaft, die für mich von Anfang an (auch nach der Auftaktniederlage gegen die Schweiz) Favorit auf den Weltmeistertitel war.
Nun, die junge deutsche Mannschaft hat nach meiner Meinung mehr erreicht, als man aufgrund der Testspiele zuvor vermuten konnte. Und sie hat die Zukunft noch vor sich. Özil, Khedira, Marin und Müller, um nur einige Namen zu nennen, haben eine große Zukunft vor sich. Der FC Barcelona hat inzwischen nicht nur auf Özil, sondern auch auf Marin ein Auge geworfen. Ein Wechsel Özils wird bereits für die neue Saison erwogen, wobei man ihn evtl. noch für ein Jahr an Werder Bremen ausleihen würde.
Nicht so ganz nachvollziehen kann ich die Entscheidung der Mannschaft, nach ihrer Rückkehr keinen Empfang zu geben. Es wird keinen „großen Bahnhof“ in Berlin geben. Also schlechte Verlierer? Gegenüber den Fans ist das ziemlich ungerecht.
Ach ja, hier ein kleines Video von den deutschen und spanischen Fans, gestern aufgenommen in der Düsseldorfer Altstadt, wo ich mit meinen Söhnen vor einer knappen Woche selbst noch einige kühle Altbier getrunken habe: Spanische Fans in Düsseldorf