Von Anklagen und Freisprüchen

Ja, die spanische Gurke ist ohne Schuld. Aber ein glatter Freispruch wurde es nicht: Sie ist nur mit einem anderen EHEC-Keim belastet, ist also auch nicht ganz ungefährlich. Jetzt muss man sich tatsächlich wieder auf die Suche nach dem wahren Übeltäter machen. Wäre ja auch zu schön, wenn’s die spanische Gurke gewesen wäre. Dank dieser unberechtigten Panikmache dürfen deutsche Gurkenbauern ihre Ernten in den Müll feuern, weil kein Schwein mehr Gurken kauft. Vielleicht sucht man jetzt etwas effektiver nach dem Verursacher von EHEC?

Im Namen des Zweifels gab es für Herrn Kachelmann einen Freispruch: „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten. Aussage gegen Aussage und nur wenige Indizien. Dafür gab es einen Prozess, der wochenlang Futter für die Medien und den unstillbaren Hunger nach Sensationen für das Fußvolk lieferte. Im Mittelpunkt stand dann wohl auch noch ein karrieregeiler Staatsanwalt, dem eigene Profilierung manchmal wichtiger war als Rechtsprechung. Amerikanische (Rechts-)Verhältnisse nennt man das wohl auch.

Andersherum zeigte der Prozess wieder einmal, dass Gutachter (hier besonders der Verteidigung) quasi das Sagen haben. Ziel der Verteidigung war dabei die Glaubwürdigkeit des Opfers herabzusetzen. Beim Publikum ist das gelungen. Der Beifall der Zuschauer nach Verkündigung des Urteils, lediglich ein Freispruch wegen mangelnder Beweise, zeigt das deutlich. Ob dieser Beifall „des Volkes“ aber dem Rechtsstaat zuträglich ist, möchte ich bezweifeln. Siehe hierzu ein interessantes Interview auf diestandard.at

Neben diesen Freisprüchen gab es dann natürlich diese Woche auch noch einige neue Klagen bzw. Anklagen. Endlich hat man den „mutmaßlichen“ Massenmörder (Massaker von Srebrenica), den ehemaligen militärischen Führer der bosnischen Serben, Ratko Mladic, gefasst und in Den Haag ins Gefängnis eingeliefert. Bestraft ist der eigentlich jetzt schon: Wirre im Kopf (dement nach Schlaganfall und Herzinfarkt) und sichtlich hinfällig. Aber wirre im Kopf war er ja schon früher.

„Kernkraftbetreiber E.ON wird die Bundesregierung verklagen, weil die an der Brennelementesteuer festhält. Der Konzern sieht die Beibehaltung der Steuer trotz der Rücknahme der Laufzeitverlängerung als „unzumutbare Doppelbelastung“. Auch die Milliardenbelastung durch die endgültige Stilllegung der ältesten deutschen Atomreaktoren will der Konzern nicht widerspruchslos hinnehmen.“ (Quelle: zdf.de) Ja, meine Herren von E.ON und Co.: Die fetten Jahre sind vorbei. Also ist es Zeit, vor dem Atomaus noch einmal richtig Kasse zu machen. Und die jetzige Bundesregierung kommt der Atomindustrie auch noch einmal richtig entgegen. Der Atomausstieg entpuppt sich mehr und mehr als „Laufzeitgarantie für Atomkraftwerke“ (Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin).

Und dann wäre da noch der „Gaddafi des Fußballs“, Joseph Blatter. Mit ihm, dem Präsidenten der FIFA, herrscht das reine Chaos beim Weltfußballverband. Zwar gab es bisher nicht den angekündigten Enthüllungs-Tsunami rund um den Herrn Jack Warner, inzwischen suspendierter Vizepräsident der FIFA und Präsident der CONCACAF (Fußball-Verband für Nord- und Mittelamerika/Karibik). Der ruderte aus unerfindlichen Gründen mit seinen Vorwürfen und Klagen, Blatter hätte von Zahlungen an Bestechungsgelder im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar gewusst, zurück und stellt sich plötzlich wieder hinter Blatter. Und welche Rolle Mohamed Bin Hammam, der Präsident der Asiatischen Fußball-Konföderation, der eigentlich heute gegen Amtsinhaber Blatter antreten wollte, spielt, weiß wohl nur er selbst. Bereits vor der Suspendierung durch die Ethik-Kommission der FIFA hatte der Katerer seine Kandidatur zurückgezogen. Blatter ist nun der einzige Kandidat.

Das Ganze hat Züge einer Farce. Jetzt sind es eigentlich nur noch die Engländer, die sich bei der Vergabe der Fußball-WM 2018 (ging an Russland) übergangen fühlten und die eine Wahl von Sepp Blatter verhindern wollen. Man darf gespannt sein, wie das heute ‚verlaufen’ wird.

„Krise? Wir haben keine Krise, nur einige Schwierigkeiten. Und die lösen wir in der Familie!“ so Herr Blatter. Das klingt irgendwie nach Mafia, findet Ihr nicht auch?

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Ein Gedanke zu „Von Anklagen und Freisprüchen

  1. Manchmal, da träume ich bzw. kann mir den Traum auch merken. Da stelle ich mir dann vor es gäbe eine Woche lang kein Fernsehen. Nichts, nicht mal ein Testbild. Wie sich die Menschheit dann wohl verhalten würde?
    Da bekäme ein Sonnenuntergang eine ganz andere Bedeutung – Fernsehen im realen Leben. Hinschauen müßte man halt schon noch selbst.
    Und Blatter und Co. sind ganz weit weg und verschwunden in ihrer Bedeutungslosigkeit für mein Leben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.