„Solange ein Präsident, unser Staatsoberhaupt, das Resultat parteipolitischen Geklüngels ist, kann dieses Volk spielend auf einen Gesetzes-Abnicker verzichten, der zu Weihnachten moralingetränkte Belanglosigkeiten herunterfaselt.“ So kommentiert „villa_villekulla“ einen Beitrag zu ZDF Kennzeichen Digital – Das Blog: Die Causa Wulff tut uns gut! – und bringt es auf den Punkt. Verschiedene Verfassungsrechtler plädieren nämlich für eine Direktwahl des Bundespräsidenten, um parteipolitische Machtspielchen zu unterbinden. Und dann wäre Christian Wulff mit großer Sicherheit nicht Bundespräsident geworden.
Anlässlich der Querelen um Herrn Wulff wird in diesen Tagen die Frage gestellt, ob wir das Amt des Bundespräsidenten überhaupt noch brauchen.
„Ein Bundespräsident soll moralisch unangreifbar sein, er soll überparteilich sein. Er soll integrierend wirken nach innen und außen, repräsentieren und immer die richtigen Worte in beachteten Reden zu wichtigen Themen finden. Seine Glaubwürdigkeit ist seine Macht.“ (Quelle: tagesschau.de)
Im Falle Wulff kommt beides zusammen: Parteiklüngelei und fehlende Eignung. Einen solchen Präsidenten brauchen wir nicht. Aber man sollte Amtsträger und Amt voneinander trennen. Es kann nicht jedes Amt abgeschafft werden, nur weil der jeweilige Amtsinhaber ungeeignet ist.
Der Ruf nach Abschaffung des Bundespräsidentenamtes ist also ziemlich voreilig. Denn er ist mehr als nur Notar oder Ersatzkaiser. Die Diskussion, die durch die Causa Wulff angeleiert wurde, sollte daher in eine andere Richtung gehen: Statt durch die Bundesversammlung sollte er (oder sie) endlich durch das Volk direkt gewählt werden. Die Gefahr von Fehlbesetzungen wie bei Wulff oder dessen Vorgänger Köhler dürfte mit einer direkten Legitimation durch das Volk wesentlich geringer sein. Und es wäre kein Präsident, der so einfach aus dem Hut gezaubert wäre.
Richard von Weizsäcker (ehemaliger Bundespräsident) soll gesagt haben: „Die Fähigkeiten, die ein hohes Amt erfordert, sind anderer Art als die, die man braucht, um dorthin zu gelangen. Wie oft kommt es vor, daß ein Kandidat über beides verfügt?“ Es sollte eigentlich genügen, die Fähigkeiten zu sitzen, ein hohes Amt angemessen auszuüben.
Der Präsident und „Bild“
Die Affäre um Wulff weitet sich zu einem Kampf zwischen Wulff und der „Bild“-Zeitung aus. Beide haben sich in gewisser Weise gegenseitig den Krieg erklärt, die „Bild“-Zeitung durch ihre Enthüllungen um den Kreditvertrag, Wulff in seiner Nachricht, die er auf der Mailbox des „Bild“-Chefredakteur hinterließ.
Dabei begann alles einmal im gegenseitigen Einvernehmen. Es war ein Geben und Nehmen zwischen beiden Parteien, von dem beide profitierten: Wulff und „Bild“ – eine fesselnde Beziehung
Dann kam der Bruch. Ausgangspunkt könnte Wulffs Äußerung „Der Islam gehört zu Deutschland“ sein, eine Äußerung, die nicht ins Meinungsbild der „Bild“-Zeitung gehört. Günter Wallraff, der Spezialist für das „Bild“-Zeitungswesen, unterstellt inzwischen der „Bild“-Zeitung: „Das ist keine Demontage. Das ist Vernichtungswille“.
Wie Wulff, der nur in kleinen Brocken mit der Wahrheit herausrückt, so benutzt die „Bild“-Zeitung eine Art Salami-Taktik und kommt nur scheibchenweise mit immer neuen Enthüllung heraus (als Letztes: Wulff und die Bonusmeilen).
Was die „Bild“-Zeitung sonst noch in petto hat, wissen wohl nur die Herren dieses Schmierenblattes, man kann aber erahnen, dass sie noch einiges auf Lager haben.
Der Kampf Wulff gegen „Bild“-Zeitung wirft heute schon viele Fragen auf, die auch die Frage der Pressefreiheit betreffen. Sauberer Journalismus sieht anders aus. Wo sind die Grenzen? Herr Wulff könnte einen fast Leid tun, aber er hat sich nun einmal freiwillig mit den Herren von „Bild“ eingelassen. Diese suchen nur nach ihren Vorteil. Notfalls schlachten sie auch das Vieh, das sie zuvor gemästet haben.