Bei einem Blick auf eine Liste der besten englischsprachigen Romane (ab 1923) im Time-Magazin (TIME 100 Best English-language Novels from 1923) war ich doch erstaunt, wie viele der dort aufgeführten Autoren ich bereits gelesen habe. Dabei ist die US-amerikanische Literatur gar nicht mein unbedingter Favorit (es handelt sich ei der Liste allerdings nicht nur um US-amerikanische Autoren): George Orwell, Raymond Chandler, Margaret Atwood, J.D. Salinger, Anthony Burgess, Doris Lessing, John Steinbeck, William Golding, Salman Rushdie, William Burroughs, Kazuo Ishiguro, Jack Kerouac, E.L. Doctorow, Dashiell Hammett, Ernest Hemingway, Henry Miller u.a.. Außerdem fallen mir noch John Irving und T. Coraghessan Boyle ein, die auf dieser Time-Liste fehlen.
Einer der bedeutendsten amerikanischen Romancier des 20. Jahrhunderts (und gleich zweimal auf der Liste im Time Magazin aufgeführt) ist William Faulkner (1897 – 1962) aus dem Bundesstaat Mississippi. Seine Romane und Erzählungen sind dort in Mississippi angesiedelt.
- „Der Mensch weiß so wenig von seinen Mitmenschen und glaubt stets, die Handlungen aller Männer und aller Frauen seien von eben dem Beweggrund bestimmt, dem er sich seiner Meinung nach selbst überließe, wenn er verrückt genug wäre zu tun, was jeweils dieser andere Mann oder diese andere Frau tut.
- (William Faulkner: Licht im August – S. 36)
Während meines Sommerurlaub auf meiner Leseliege verweilend las ich bereits wiederholt William Faulkners Roman Licht im August (Light in August (1932) – Rororo 1508 – Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 43.-47. Tausend, September 1980) in der Erstübersetzung ins Deutsche aus dem Jahre 1935 von Franz Fein.
„Zu Beginn des Romans macht sich ein junges Mädchen auf, ihren Geliebten zu suchen. Am Ende, zwei Monate später, hat sich ihr Schicksal in der Begegnung mit einem anderen Mann erfüllt, aber das Chaos sündhafter Verstrickungen, in das sie auf ihrem Weg gerissen wird, entläßt sie wieder fast unberührt. Aus losen Verknüpfungen, aus verhängnisvollem Zufall wächst unerbittliche Fügung. Der Verdacht des dunklen Blutes macht aus dem alltäglichen Schicksal des Findlings Christmas, des dämonischen Helden des Buches, eine abgründige Existenz, die sich in einem blinden, tollkühnen Amoklauf in die Vernichtung stürzt. Zwischen Schwarz und Weiß, für die es keine Versöhnung in seiner Umwelt gibt, bekennt sich der von Zweifeln Gepeinigte mit selbstzerstörerischer Konsequenz zur Schattenseite seines Wesens und macht sich zum Gefäß eines unbegreiflichen Schicksals, dem keine menschliche Kraft Einhalt gebieten kann. Das Dunkel, das Faulkner in diesem großen, dynamisch-tragischen Roman beschwört, ist in seinen Tiefen von der Prometheischen Fackel der Wahrhaftigkeit geheimnisvoll zuckend durchleuchtet. Faulkner bezeugt hier […] seinen genialen Blick für die letzten Gründe und Abgründe menschlichen Seins. Dieser große Dichter leitet seine Gestalten von so tief innen her, wie es nur bei Dostojewski und Conrad der Fall ist.“
(aus dem Klappentext)
Der Roman spielt zum größten Teil in einer fiktiven Kleinstadt namens Jefferson im US-Bundesstaat Mississippi. Hier kreuzen sich die Wege unterschiedlichster Menschen. Da ist jene schwangere Lena Grove aus Doane’s Mill/Alabama, die ihren Geliebten Lucas Burch sucht, der sich als Joe Brown in Jefferson niedergelassen hat uns sich dort mit einem Joe Christmas zusammengetan hat, um schwarzgebrannten Whisky zu verhökern. Beide haben Unterkunft in einem Schuppen bei einer Miss Burden gefunden. Christmas ist Liebhaber dieser Miss Burden.
In Rückblenden erfahren wir, das jener Christmas als Findelkind in ein Heim gekommen war, dort von den anderen Kindern als ‚Nigger’ gehänselt wurde. Obwohl vom Äußerlichen nicht erkennbar, brennt sich dieser ‚Verdacht des dunklen Blutes’ derart in das Bewusstsein des Kindes ein, sodass er auch als Erwachsener nicht davon loskommt und als Außenseiter sein Dasein fristet. Er kommt noch als kleiner Junge in die Obhut von Mr. und Mrs. McEachern. Dieser ist ein bigotter Frömmler, der das Kind entsprechend zu erziehen sucht, bis er eines Tages von Christmas niedergeschlagen wird. Christmas flüchtet und findet sich in Jefferson wieder. Später erfahren wir, dass seine Mutter, Milly mit Vornamen, eine Affäre mit einem Mann aus einem Wanderzirkus hatte und begegnen seinen Großeltern, Eupheus Hines, genannt Doc, und Frau.
In Jefferson wohnen u.a. Byron Bunch, der sich später Lena Grove, die hier in diesem kleinen Ort entbunden hat, und ihrem Kind annimmt, und der Reverend Gail Hightower, der nach dem Tod seiner Frau, dessen Ursachen nicht ganz geklärt sind, in Jefferson ebenfalls als Außenseiter lebt.
Miss Burden, die Joe Brown alias Lucas Bruch und Joe Christmas Unterkunft geboten hat, wird eines Tags ermordet. Es kann für diese unsinnige Tat nur Joe Christmas in Frage kommen, zumal er zunächst flüchtet und von Kennedy, dem Sheriff von Jefferson, verfolgt wird.
Am Ende wird Christmas in dem Haus des Reverenden Hightower von dem jungen Hauptmann der Staatsmiliz, Percy Grimm, der Christmas ohne Mandat des Sheriffs verfolgt hat, in Hightowers Haus mit fünf Schüssen niedergestreckt und kastriert.
„In seinem erfolgreichsten Roman greift der amerikanische Romancier und Nobelpreisträger das erregendste Problem der USA auf: die Rassenfrage. Mit einer Leidenschaft, wie wir sie in der europäischen Literatur kaum noch kennen, entrollt sich der Lebensweg eines Ausgestoßenen in der weiten Landschaft des Mississippi.“
„Seit Henry James hat kein Schriftsteller ein so großes und dauerndes Denkmal für die Kraft der amerikanischen Literatur hinterlassen.“ (John F. Kennedy).
Werke von William Faulkner