Am letzten Samstag fragte das ZDF in einem ‚neuen deutschen Bildungstest’, was jemand heute wissen muss. Im Vorfeld der Show wurde in einer repräsentativen Forsa-Umfrage ganz Deutschland befragt: „Was ist Bildung?“ und „Was muss ein gebildeter Mensch heute alles wissen?“. Aus den Ergebnissen dieser Umfrage, zusammen mit einer Einschätzung führender Bildungsforscher und -experten, wurde ein Fragenkatalog entwickelt, der die 50 wichtigsten Fragen auflistet, die ein gebildeter Deutscher heute wissen muss. „‚Der neue deutsche Bildungstest’ wirft ein Schlaglicht auf einen neuen ‚Bildungskanon’, zu dem alles das gehört, was man benötigt, um sich in der modernen Welt zu orientieren.“
Das, was wir als Bildungskanon ansehen, ist ohne Zweifel wandelbar, so wie sich Wissen ständig erweitert und sich damit Bildung in andere Richtungen orientiert. Sicherlich kann man das in der Sendung abgefragte Wissen zu einem aktualisierten Wissenskanon zählen, aber eigentlich geht es bei den 50 Fragen im Wesentlichen um Alltagswissen, das jemand besitzen sollte, „um sich in der modernen Welt zu orientieren“, wie es heißt.
Aber Bildung beinhaltet dann doch mehr als dieses Alltagswissen. Ob Goethe und Beethoven ‚out’ sind, wie in der Sendung behauptet, muss bezweifelt werden. Ich will mich gar nicht so sehr auf eine klassische Bildung beziehen, aber um die Welt zu verstehen und um ‚gebildet’ zu sein, bedarf es mehr als das Wissen um die uns täglich begegnenden Dinge. Hier liegt eben der Knackpunkt dieser Sendung: Alltagswissen allein wird bereits als Bildung verkauft. Auf der anderen Seite, auch das ist klar, sollte sich jemand, der viele der Fragen nicht beantworten kann, fragen, ob er wirklich so gebildet ist, wie er meint (bekanntlich ist auch Einbildung eine Art von Bildung).
Selbst umfangreiches Wissen ist nicht immer mit Bildung gleichzusetzen. Ich habe Menschen kennen gelernt, die geradezu ein enzyklopädisches Wissen aufwiesen, die man die unmöglichsten Sachen fragen konnte – und die ich doch nicht unbedingt als gebildet bezeichnen möchte. Sie haben sich das Wissen angelesen (z.B. Wikipedea), viel mehr nicht.
Gebildet ist für mich ein Mensch, der ein Mindestmaß an Wissen aufweist, der gleichzeitig im Stande ist, dieses Wissen auch bei komplexen Zusammenhängen anzuwenden. Erst im Zusammenspiel zwischen Wissen und analytischer Befähigung ‚bildet’ sich Bildung. In meinem Beitrag Bildung, ein angefressener Bauch habe ich das Buch Bildung – Alles, was man wissen muss von Dietrich Schwanitz vorgestellt. Auch dieses Buch ist natürlich nicht der Bildung letzter Schluss.
Übrigens: Man muss nicht ‚alles’ wissen. Oft genügt es zu wissen wo ‚etwas’ steht.
Die 50 Quizfragen aus der Sendung
siehe auch meinen Beitrag: Bildungsnotstand in Deutschland?