Herr Rainer Brüderle, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, hätte es sich wohl nicht träumen lassen, dass er einmal den Anlass zu einer Sexismus-Debatte geben könnte. Nach dem Motto, wer sich verteidigt, klagt sich nur an, schweigt der gute Mann.
Es ist sicherlich eine Frage des Standpunktes, wann ein Sprüchlein eines jovialen und leutseligen Weintrinkers als unangemessen aufdringlich oder als Kompliment zu gelten hat. Wie es sich zeigte, scheint sich Herr Brüderle mit seinen 67 Jahren entgegen seinen Ansichten doch nicht allzu gut mit 28-jährigen Frauen auszukennen.
Da springt ihm sein Parteikollege Dirk Niebel, ja, der mit den zollfreien Teppichen und noch Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zur Seite mit seinem unseligen Spruch: „Es gibt auch Männer, die belästigt werden“ und seiner Forderung einer gesellschaftlichen Debatte über den Sexismus gegen Männer.
Selbst in der FDP war das Stöhnen groß angesichts einer solch verqueren Forderung. Herr Niebel muss da wohl so seine Erfahrungen gemacht haben: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“, Herr Niebel.
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Und dann fordert ein weiterer FDP-Mann zu einer „gesellschaftlichen Debatte“ auf. Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn thematisiert die vietnamesische Herkunft unseres Bundeswirtschaftministers: „Bei Philipp Rösler würde ich allerdings gerne wissen, ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren“, sagte Hahn, als er zu den Personalquerelen in der FDP befragt wurde. Ein unglücklicher Satz im falschen Moment. Natürlich ist der Rassismus-Vorwurf von SPD und der Linken lediglich eine Art Reflex auf eine verwirrend-wirre Äußerung und im Grunde lächerlich. Schwerwiegender empfinde ich hier den Versuch des FDP-Mannes, von den eigenen Unfähigkeiten abzulenken und die daraus resultierenden schlechten Wahlergebnisse dem unterschwelligen Rassismus des Wählers zuzuschreiben.
Ja, die Fettnäppchen sind unzählig gesät. Da wird sich Herr Steinbrück freuen, nicht der einzigste zu sein, der ständig in das eine oder andere tritt. Die FDP befindet sich mit dem Verhalten und Reden ihrer Spitzen auf einem abschüssigen Gleis und ist dabei zu entgleisen. Trotz des guten Abschneidens bei der Niedersachsenwahl muss sie fürchten, aufs Abstellgleis abgeschoben zu werden, wohin sie nach meiner Meinung längst gehört. Und mit ihrem neuen Hoffungsträger, den etwas zu jovialen und auch nicht mehr ganz taufrischen Herrn Brüderle, wird’s dann auch eher nichts werden.
Da nützt auch der eher populistisch angehauchte Ruf der FDP, den Inflationsschutz ins Grundgesetz als Freiheitsrecht zu schreiben, nicht viel. Gerade die FDP muss das fordern, die mit ihrer libertär gefärbten Wirtschaftspolitik zumindest die geistigen Grundlagen der Finanzkrise gelegt hat. Der Wahlkampf zur Bundestagswahl im Herbst scheint eröffnet zu sein und die FDP bemüht sich mit allen Mitteln, ihren Abwärtstrend umzubiegen.