Joan Armatrading: Starlight (2012)

    „Daß einem etwas einfällt, was einem früher nicht hätte einfallen können.“
    Martin Walser – nach dem Alter gefragt

Nachdem ich vorhabe, mich hier in diesem Weblog nach und nach etwas ausführlicher zu Joan Armatrading zu äußern (so habe ich begonnen, ihre Studioalben zu präsentieren – beginnend mit Joan Armatrading & Pam Nestor: Whatever’s for us (1972) und Joan Armatrading: Back to the Night (1975)), möchte ich nun doch erst einmal (und endlich) ihr bisher letztes Album Starlight vorstellen.

    Joan Armatrading: Starlight (2012)

Wenn ich richtig gezählt habe, dann ist es ihr 19. Studioalbum. „Starlight“ aus dem Jahr 2012 markiert den Abschluss einer Trilogie die mit Into The Blues 2007 begann und mit This Charming Life 2010 fortgeführt wurde. Nach Blues und Rock ist dieses Album auf Jazz fokussiert. Und damit begannen für mich die Schwierigkeiten. Nicht, dass ich Jazz nicht mag. Aber Jazz hat eine enorme Bandbreite. Fusion aus Jazz und Rock gefällt mir durchaus, z.B. Zappa, Colosseum oder Mahavishnu Orchestra. Und auch Ry Cooder hat sich 1978 hörenswert mit Ragtimes und anderen archaischen Jazz-Stilen beschäftigt. Aber Joan und Jazz?

Nun ich habe die Scheibe oft genug gehört. Und von Mal zu Mal gefiel sie mir besser. Es ist nicht so ganz mein Ding, aber dadurch, dass Joan Armatrading dieses Album mit einer außergewöhnlichen Dynamik entwickelt hat, die ‚irgendwie’ ansteckend ist, kann ich gut damit leben. Überall auf der CD swingt und groovt es und es ist dabei entspannt und in sich geschlossen. Mit dieser Platte erweitert Joan Armatrading ihre Stilvielfalt um ein weiteres Genre.

Zudem hat sie die Lieder selber geschrieben, arrangiert, abgemischt und als Multi-Instrumentalistin (Gitarren, Bass, Keyboards, Gesang, Schlagzeugprogrammierung), eingespielt sowie produziert. „Das war bereits auf den vier vorausgegangenen Platten der Fall“, berichtet sie. Gemastert hat Tim Young (siehe auch: Rocktimes.de)


Joan Armatrading: Starlight

„Joan Armatrading scheint im Alter eine neue Form der Emotionalität gefunden zu haben, sowohl in ihren Texten als auch in ihrer Musik. Unverblümt erzählt sie von ihrem Alltag und steht dazu, sich immer noch zu verlieben: ‚It’s not the first time that I’ve been kissed / but I’ve never been kissed like this before’ singt sie in ‚Close to me’, und die Freude ist ihr an der Stimme deutlich anzumerken. Das sagt sie gern, das macht ihr Spaß, und sie will es nicht für sich behalten. Mit ihrer vollen Stimme und den jazzigen, mitunter auch funky ausgeklügelten Arrangements reißt sie alle Zuhörer mit, die ihren Musikgeschmack teilen. ‚Single Life’ hat einen progressiven Touch, der im Refrain gar an die alten Gentle Giant oder Frank Zappa erinnert, ‚Close To me’, ‚Back On Track’ und ‚Starlight’ sind chartfähiger Pop, ‚The Way I Think Of You’ atmet traditionellen Jazz. Bei allem tritt sie als Komponistin und Sängerin unkompliziert auf, die ihre Songs mit einem Fingerschnippen zu schreiben scheint und jeden Ton trotz ihres fortgeschrittenen Alters mühelos trifft. Mit jedem Song strahlt sie eine so positive Munterkeit aus, dass es beim Hörer ansteckend wirkt und man die Scheibe als Medikament gegen depressive Verstimmungen verschreiben möchte. Nicht jeder mag Jazz, Funk, Folk, Rock und Pop in einem Topf – aber wenn Mama Joan diesen Eintopf kocht, wird doch fast jeder mit der Zunge schnalzen. Ehrlich, positiv, musikalisch hochgradig und leicht anhörbar – ein seltenes Juwel!“

Nun ihrer Stimme merkt man inzwischen schon das ‚fortgeschrittenen Alter’ an, denn diese klingt leicht belegt, fast etwas heiser. Aber den Stücken dieses Albums kommt das eher zugute. Erstaunlich ist auf jeden Fall die Vehemenz mit der sie singt. Damit kann sie sogar jeden Rapper an die Wand singen.

Single Life

Single life is not what it appears to be

You can eat cake and even ice cream
And you can stay out really late
And you can bring home someone
To make you feel special
But it’s for a few hours
Then they go away.

Deutsche Übersetzung: Leben als Single

„Das Leben ohne Partner ist nicht so, wie es von außen scheint: du kannst alles futtern, was du willst – und dir manchmal jemand mit nach Hause nehmen – sie geben dir das Gefühl, dass du was Besonderes bist, aber nur für ein paar Stunden, bevor sie wieder abhauen…“.


Joan Armatrading: Tell Me

Nun nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich mich mit dem Album ‚Starlight’ versöhnt. „Daß einem etwas einfällt, was einem früher nicht hätte einfallen können.“, sagte Martin Walser. Da gilt auch für Joan Armatrading. Mit ihren gut 62 Jahren lässt sie sich immer noch etwas Neues einfallen.

Starlight bei allmusic.com bzw. rdio.com als Stream

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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