Der TV-Sender RTL II ist ein Beispiel dafür, wie für eine eindeutige Unterschicht unserer Gesellschaft ‚Programm‘ gemacht wird (Beispiel: Big Brother). Und da die Mittelschicht zugunsten der Unterschicht mehr und mehr bröckelt, findet ein solcher Sender ein zunehmend größeres Publikum, sodass auch andere Fernsehsender verstärkt auf Sendungen setzen, die dem eher schlichten Geschmack dieser Klasse entsprechen.
Ja, man spricht wieder von ‚Unterschicht‘, wenn auch die Definitionen dieses Begriffs sehr unterschiedlich ausfallen. Angesichts von über 5 Millionen Arbeitslosen darf man sich nicht wundern, wenn eben diese Bevölkerungsschicht wächst. Aber ist das so in Ordnung, jeden Arbeitslosen zur Unterschicht zu rechnen? Es gibt viele Akademiker, die keine Anstellung finden. Solange sie nur kurze Zeit ohne Arbeit sind, ist ein Zurechnen zur Unterschicht sicherlich falsch. Mit der Zeit aber und mit zunehmenden finanziellen Problemen beginnt dann sehr schnell der ‚gesellschaftliche Abstieg‘.
‚Unterschicht‘ ist in Deutschland ein verpöhntes Wort. Keiner will eigentlich dazu gehören (auch wenn er dazu gehört). Im Angelsächsischen ist das etwas anderes. Da haben die ‚lower classes‘ ein eigenes ‚Klassenbewusstsein‘ entwickelt. Mit dem Wachsen der Unterschicht (nicht nur durch Arbeitslosigkeit) gewinnt aber auch in Deutschland diese gesellschaftliche Gruppe ein eigenständiges ‚Profil‘, wenn der Begriff ‚Unterschicht‘ auch weiterhin nicht gern gehört wird. Das genannte Beispiel der TV-Sendung ‚Big Brother‘ ist hierfür eines der vielen Indizien. Man zeigt hier ein Selbstbewusstsein – und auch der Außenstehende, der sich diese Sendungen anschaut und aufgrund seiner Bildung usw. den ‚Helden‘ dieser Sendung sehr nahe kommt, sieht sich in seinem Selbstwertgefühl (wenn auch eher unbewusst) gestärkt.
Aber noch einmal zurück zu den Definitonsmöglichkeiten des Begriffs ‚Unterschicht‘. Geht man allein von der wirtschaftlichen Situation des Betroffenen aus, so kann auch ein Hochgebildeter durch wirtschaftliche Einbußen gesellschaftlich absteigen. Er wird nach dieser Definition ein Mitglied der Unterschicht; von der Bildung her bleibt er aber ‚vorerst‘ seiner alten Klasse erhalten.
Geht man vom Bildungsstand einer Person aus, so kann diese, auch wenn sie nicht sehr gebildet ist, gesellschaftlich aufsteigen, wenn ihre wirtschaftliche Lage dieses hergibt. Von Bildung und Kultur her verbleibt sie aber in der Unterschicht, zumal sie keine Akzeptanz in der ’neuen‘ Klasse findet, es sei denn, dass sie den Rückstand an Bildung und Kultur ’nachholt‘, was nur in wenigen Fällen gegeben ist. Der gesellschaftliche (wirtschaftliche) ‚Wiederabstieg‘ ist meist vorprogrammiert.
Das Ergebnis der heute stattfindenden gesellschaftlichen Veränderungen ist die Vermengung in Grunde unterschiedlichster Gesellschaftsschichten. Und ökonomisch betrachtet ergeben sich daraus neue Absatzmöglichkeiten, die auch schon teilweise, wie anfangs belegt, genutzt werden.