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Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Vorweihnachtszeit 2012 (2): Maxim Gorki: Von einem Knaben und einem Mädchen, die nicht erfroren sind

Im bereits erwähnten Das Weihnachtsbuch: Mit alten und neuen Geschichten, Gedichten und Liedern (insel taschenbuch it 46) herausgegeben von Elisabeth Borchers – Insel Verlag 1973, das ich als 10. Auflage – 253.-262 Tausend 1980 vorliegen habe, gibt es eine kleine Erzählung von Maxim Gorki, die etwas Herzerfrischendes innehat (siehe online weitere Erzählungen und Bühnenstücke vom Maxim Gorki)

Schöne Vorweihnachtzeit 2012

Die Erzählung beginnt in einem spöttischen Ton und nimmt dabei die Massenproduktion von Weihnachtserzählungen, die mit kalendarischer Regelmäßigkeit in russischen Provinzzeitungen erschienen sind, aufs Korn:

In den Weihnachtserzählungen ist es von alther üblich, jährlich mehrere arme Knaben und Mädchen erfrieren zu lassen. Der Knabe oder das Mädchen einer angemessenen Weihnachtserzählung steht gewöhnlich vor dem Fenster eines großen Hauses, ergötzt sich am Anblick des brennenden Weihnachtsbaumes in einem luxuriösen Zimmer und erfriert dann, nachdem es viel Unangenehmes und Bitteres empfunden hat.

Ich verstehe die guten Absichten der Autoren solcher Weihnachtserzählungen, ungeachtet der Grausamkeit, welche die handelnden Personen betrifft; ich weiß, daß sie, diese Autoren, die armen Kinder erfrieren lassen, um die reichen Kinder an ihre Existenz zu erinnern; aber ich persönlich kann mich nicht dazu entschließen, auch nur einen einzigen Knaben oder ein armes Mädchen erfrieren zu lassen, auch zu solch einem sehr achtbaren Zweck nicht. Ich selbst bin nicht erfroren und bin auch nicht beim Erfrieren eines armen Knaben oder armen Mädchens dabeigewesen und fürchte, allerhand lächerliche Dinge zu sagen, wenn ich Empfindungen beim Erfrieren beschreibe, und außerdem ist es peinlich, ein lebendes Wesen erfrieren zu lassen, nur um ein anderes lebendes Wesen an seine Existenz zu erinnern.

Das ist es, weshalb ich es vorziehe, von einem Knaben und einem Mädchen zu erzählen, die nicht erfroren sind. (S. 74f.)

Er folgt die Erzählung der kleinen „Helden – arme Kinder: der Knabe Mischka Pryschtsch und das Mädchen Katjka Rjybaja.“

„Die ‚Weihnachtserzählung’ (Untertitel) von Maksim Gorki, zuerst erschienen in der Zeitung ‚Nizhegorodskij listok’, 1894, 25. Dezember, ist ein interessantes Beispiel für die Frische und Originalität der Erzählweise Gorkis in der ersten Periode seines Schaffens. Vieles ist dort unverkennbar Gorki: der ‚gewiefte Frechdachs’ (opytnyj prostrelenok) Mischka, ein kindliches Exemplar des Bosjaken (Barfüßers) und des Ozornik (Unruhestifters); seine weniger mutige kleine Gefährtin Katjka, die ihn glühend bewundert, und ebenso ihre gemeinsame Arbeit, das mit viel Talent organisierte Handwerk des Bettelns. Das alles wird in einem humorvollen und zärtlichen Ton erzählt, der offensichtlich darauf gerichtet ist, dem Leser die Welt dieser Kinder nahezubringen, seine Rührung und Begeisterung über diese Äußerungen kindlicher Lebensfreude zu wecken und Bewunderung für ihre Fähigkeit, den grausamen Bedingungen ihrer sozialen Umgebung zu widerstehen.“ (Quelle: der-unbekannte-gorki.de)

Beide Kinder erbetteln sich an diesem Abend mehr als einen Rubel, damals viel Geld. Eigentlich müssen sie das Geld an ihre Tante abgeben. Aber an diesem Abend gönnen sie sich einige Kopeken, um sich Essen zu kaufen und in einer schmuddeligen, aber warmen Schenke bei einem Glas Tee einzukehren:

Er schüttelte den Kopf und sagte: „Nun wollen wir essen ..“ „Ja, los!“ stimmte Katjka bei, die schon längst gierige Blicke auf Brot und Wurst geworfen hatte.

Dann begannen sie ihr Abendessen zu verspeisen inmitten des feuchten, übelriechenden Dunkels der mit berußten Lampen schlecht beleuchteten Schenke, im Lärm zynischer Schimpfreden und Lieder. Sie aßen beide mir Gefühl, Verstand und Bedacht, wie echte Feinschmecker. Und wenn Katjka, aus dem Takt kommend, heißhungrig ein großes Stück abbiß, wodurch sich ihre Backen blähten und ihre Augen komisch hervortraten, brummte der bedächtige Mischka spöttisch: „Schau mal einer an, Mütterchen, wie du über das Essen herfällst!“

Das machte sie verlegen, und sie bemühte sich, beinahe erstickend, die wohlschmeckende Kost rasch zu zerkauen.

Nun, das ist auch alles. Jetzt kann ich sie ruhig ihren Weihnachtsabend zu Ende feiern lassen. Glauben Sie mir, sie werden nun nicht mehr erfrieren! Sie sind am richtigen Platz … Wozu sollte ich sie erfrieren lassen ….? Meiner Meinung nach ist es äußerst töricht, Kinder erfrieren zu lassen, welche die Möglichkeit haben, auf gewöhnliche und natürliche Weise zugrunde zu gehen. (S. 84)

Vorweihnachtszeit 2012 (1): Das Weihnachtsbuch

Spätestens mit dem heutigen Tag beginnt die Vorweihnachtszeit. Wenn man rechtzeitig die meisten der von uns erwarteten Geschenke besorgt hat, kann es eine geruhsame Zeit werden. Denn das sollte sie eigentlich sein. Statt der Hetze durch überfüllte Kaufhäuser sollte man die Ruhe suchen und finden, die unsere Seelen brauchen. Das soll nicht heißen, untätig zu sein. Wer kleine Kinder hat, sollte mit ihnen basteln. Und um leckere Kekse zu backen, geht es auch ohne Kinder. Die schmecken auch uns Größeren.

Schöne Vorweihnachtzeit 2012

Da die Tage so kurz geworden sind, laden die Abende zum Lesen ein. Es muss nicht unbedingt etwas Weihnachtliches sein. Aber um in ‚Stimmung’ zu kommen, dann vielleicht doch … Ja, Stimmung … ein schönes deutsches Wort, das mehrere Bedeutungen hat. Zum einen hat es etwas mit der Erzeugung von Sprache und Tönen zu tun, dann betrifft es Musikinstrumente (‚hauptsächlich die geigen, … welche vor allen dingen rein und sauber gestimmt seyn müssen’ – lt. Wörterbuch der Brüder Grimm) – oder bedeutet ‚in eine haltung versetzen’ (immer noch die Grimms) bzw. wie der Duden schreibt: ein bestimmter Gemütszustand … Letzteres ist gemeint. Weihnachtliche Stimmung ist nicht immer frei von Sentimentalität, also von Rührseligkeit oder gar Gefühlsduselei (auch das sind ‚schöne’ deutsche Wörter). Daher graut es manchem vor dem ‚Fest’.

Um die richtige Stimmung zu finden, empfehle ich Das Weihnachtsbuch: Mit alten und neuen Geschichten, Gedichten und Liedern (insel taschenbuch it 46) herausgegeben von Elisabeth Borchers – Insel Verlag 1973, das ich als 10. Auflage – 253.-262 Tausend 1980 im Bücherschrank neben viel anderer weihnachtlicher Lektüre stehen habe und jetzt nach langer Zeit wiederlese.

    Das Weihnachtsbuch – herausgegeben von Elisabeth Borchers

„Dies ist ein Buch zum uralten Fest, das geliebt und gefeiert, verschmäht und angefeindet wird, das Empfindungen von Sanftmut, Freude, Erinnerung oder ‚zeitgemäße Ungeduld’ aufkommen läßt. Ein legendäres Fest, das ein alter Brauch ist und von Bräuchen mißbraucht wird. Das Weihnachtsbuch enthält Texte von Abraham a Santa Clara, Walter Benjamin, Heinrich Böll, Bertolt Brecht, Alphonse Daudet, Günter Grass, Friedrich Hebbel, Johann Peter Hebel, Heinrich Heine, Hermann Hesse, Hölderlin, Franz Kafka, Luther, Rainer Maria Rilke, Ringelnatz, Martin Walser, Robert Walser, Oscar Wilde, W. B. Yeats u.v.a.“
(aus dem Klappentext)

Allein die Autorenliste zeigt, dass das Buch frei ist von allzu großer Gefühlsduselei. Manchmal geht es eher herbe zu – sowie ziemlich gleich am Anfang mit einem alten deutschen Weihnachtsspiel (Verfasser: unbekannt). Das ist in einem bayrischen Tonfall gehalten, ziemlich rustikal und nicht beschönigend wie es der Dialog zwischen Herodes und seinen Knechten zeigt. Es geht um den Befehl Herodes’ zum Kindermord von Bethlehem:

Spricht Herodes u.a.: Ihr Soldaten, euch befehl ich nun:
Seht im ganzen Land herum
Und tötet geschwand die Knäblein all,
Die da seind unter der anderen Jahreszahl.

[…]
Laßt euch mit Worten nicht überlisten,
Reißt ihnen die Kinder von den Brüsten,
Schlauft in alle Winkel, Ort und Eck,
Daß man vor euch kein Knaben versteck;

[usw.]

Ein erster Knecht vermeldet dann: Vollzogen haben wir diese Schlacht.
Die Kindlein sind alle umgebracht.
Wir habens zerstochen und zerhaut,
An meinem Schwerte hängt noch die Haut.

Und ein zweiter Knecht ergänzt: Wie habens gerissen aus Mutters Hand,
Wir habens geschmissen an die Wand
[…]

Worauf Herodes: Recht, das klingt meinen Ohren hold,
Ihr Knechte, gut, so hab ich’s gewollt.

Drei Herren und neue Denkmäler für Tostedt

Die Samtgemeinde baut ein Polizeidienstgebäude in der Schützenstraße. Innenminister Uwe Schünemann legte den Grundstein (siehe den ganzen Artikel aus abendblatt.de – und auch den Beitrag auf tostedt.de)

    Grundsteinlegung – Polizei Tostedt

v.l.n.r. Samtgemeindebürgermeister Dirk Bostelmann, Innenminister Uwe Schünemann, Mitglied des Landtages und stellv. Landrat sowie Geflügelzüchter Heiner Schönecke, Polizeipräsident Friedrich Niehörster, 1. Kriminalhauptkommissar Karl Langner und ein Mitarbeiter der Firma Rosebrock (Polier Krause) © bim/kreiszeitung.net

Da haben sich ja die Richtigen zusammengefunden: die Herren Schünemann, Bostelmann und – warum auch immer – Schönecke. Letzterer bestimmt der Schnittchen wegen, die gereicht wurden. Und vielleicht bekam er auch ein Gläschen Grauburgunder oder zwei zum Hinunterspülen. Dirk wird schon mehrere Fläschchen aus dem Rathauskeller ob seines trockenen Halses kredenzt haben („Warum baut die Samtgemeinde Tostedt völlig aufgabenwidrig der Polizei ein neues Dienstgebäude? Dirk Bostelmann bekommt bei dieser Frage einen trockenen Hals: ‚Ich habe schon so oft etwas dazu gesagt, dass mir die Sätze mittlerweile im Hals stecken bleiben’, sagt er und räuspert sich.“ – Grauburgunder hilft gegen trockene Hälse!)

Ja, Anlass der Veranstaltung war die Grundsteinlegung zu einem Polizeidienstgebäude in der Schützenstraße zu Tostedt, das wie erwähnt von der Samtgemeinde Tostedt gebaut und dann an die Polizei vermietet wird. Es ist eines von vielen umstrittenen Bauobjekten der kommenden Zeit – trotz der hohen Verschuldung Tostedts.

Neben einem Neubau einer Kindertagesstätte an der Dieckhofstraße und eines Parkhauses am Bahnhof für die Pendler ist dann das Polizeigebäude die dritte ‚Investition’ in Immobilien, die unser Samt- und Seidebürgermeister aus dem Hut zu zaubern gedenkt. Dann wird natürlich für ein Freibad nichts mehr bleiben.

Ja, Herr Bostelmann schafft sich Denkmäler. Die Tostedter Bürger werden seiner noch lange nach seiner Amtszeit als Samtgemeindebürgermeister gedenken, wenn sie für die dann noch immer bestehenden Kosten aufkommen dürfen. Apropos Denkmäler! Ich plädiere dafür, dass der Name Bostelmann auch in Zukunft weiterhin in aller Munde bleibt. So sollte man das Polizeigebäude „Dirk Bostelmann-Polizeiwache Tostedt“ taufen. Und die oberste Ebene des Parkhauses vielleicht etwas legerer „Bostelmanns Parkdeck“. Eine Kinderkrippengruppe könnte „Die Bostelmännchen“ heißen. Und auch Herr Feindt (SPD) sollte nicht zu kurz kommen: „Die Feindte“. Immerhin bläst er ins gleiche Horn wie unser Bostelmännchen. Da fragt man sich, warum man in Tostedt auf Kommunalebene überhaupt SPD wählen soll, wenn man gleich die CDU wählen kann.

Nun, ich hoffe der Grauburgunder ist gut bekommen. Die nächsten Grundsteinlegungen sind geplant. Die Firma Werner Behrens Architekten Ingenieure GmbH & Co KG in Rotenburg/Wümme wird’s freuen …

Klaus Wagenbach: Kafkas Prag – Ein Reiselesebuch

    Kafka in Prag – Fotomontage von Peter Rink

Es ist nun über dreißig Jahre her, dass ich mit einem Freund Prag besucht habe. Damals waren es wahrlich noch andere Zeiten. Zlatá Praha, das goldene Prag stand bereits vor so langer Zeit für mich auch für Franz Kafka. An seinem Geburtshaus war bereits eine Gedenktafel angebracht. Ansonsten kannte ich da noch keine weitere ‚Adresse’, die ich mit Kafka in Verbindung bringen konnte.

Ich hätte noch gut 11 Jahre warten müssen, denn im Oktober 1993 erschien in der wunderbaren Buchreihe Salto in Klaus Wagenbachs eigenem Verlag ein kleines, aber wunderschönes Büchlein: Kafkas Prag – Ein Reiselesebuch. Ich selbst habe es mir 2 Jahre später gekauft (Verlag Klaus Wagenbach, Berlin – 42. Salto – 21. – 25. Tausend September 1995).

Klaus Wagenbach: Kafkas Prag – Ein Reiselesebuch

Nun Kafka hat seine Heimatstadt Prag nur selten verlassen. Als notorischer Herumtreiber, wie er sich selbst nannte, war er mit ihr bestens vertraut. Klaus Wagenbach ist ihm nachgegangen, besucht mit ihm Schule, Universität und Büro, folgt ihm über die Brücken, ins Theater, in die Cafes und Parks. Viele seiner Erzählungen bekommen so einen konkreten Hintergrund.

„Ein wunderschönes Buch, das den Kritiker verlegen macht: denn er weiß nicht, wo er mit dem Loben und Bewundern beginnen soll. Die alten Fotos sind vielleicht das Schönste – noch nie wurden sie so kenntnisreich präsentiert und so liebevoll kommentiert …
Die Genauigkeit in der Übereinstimmung von Text, Abbildungen und Stadtplänen, die Sorgfalt, mit der Wagenbach seine Stadtreis betrieben hat, ist das beste an dem Buch. Sie hebt es über andere Reisebücher weit hinaus.“
(FAZ, Reiseblatt)

Dem kann ich nur zustimmen. Das kleine Buch animiert (vielleicht nicht nur Kafka-Liebhaber) zu einer Reise in die tschechische Hauptstadt, die nicht nur geschichtsträchtig ist, sondern neben vielen Sehenswürdigkeiten durch ein pulsierendes Kulturleben besticht: Prag! Zlatá Praha!

Kafkas tatsächliche Unterschrift

Granatäpfel

Die Zeit der kleinen schmackhaften Beeren (siehe meinen Beitrag Von Beeren und Bären) ist natürlich längst vorbei. Jetzt kommen vermehrt Zitrusfrüchte (z.B. Navel- und Blutorangen) auf den Markt. Besonders die Blutorangen von den Hängen des Vulkans Ätna in Sizilien mag ich wegen dieser Mischung aus Süße, Säure und leichter Bitternis. Und natürlich Pink Grapefruits (Photo: We like the bittersweet taste).

    Granatapfel

Ein Genuss sind aber besonders Granatäpfel. Viele mögen diese Frucht nicht wegen der Kerne, die man mitisst. Natürlich kann man den Saft aus den leuchtend roten und saftigen Kerne pressen. Ich esse die Frucht aber pur direkt aus der Schale heraus mit dem Löffel. Geschmacklich verbindet der Granatapfel auf exotische Weise Süße und Säure. Ich finde sie einfach köstlich. Natürlich gibt es jede Menge Rezepte mit Granatäpfeln. Sie passen u.a. vorzüglich zu Wild oder Geflügel.


Granada und der Flamenco

Übrigens: Der Granatapfel gab der Granate und dem scharlachroten Halbedelstein Granat den Namen, möglicherweise auch der spanischen Stadt Granada; die umliegende Landschaft ist heute noch ein wichtiges Anbaugebiet.

Reise durch alle Länder der Welt in 203 Wochen (ohne Flieger)

Mit seiner Einreise in den Südsudan hat ein 33-jähriger Brite nach eigenen Angaben als erster Mensch alle Länder besucht, ohne ein Flugzeug zu benutzen. Nach knapp vier Jahren habe er insgesamt 201 Staaten bereist, darunter neben den 193 UN-Mitgliedern auch Nicht- Mitglieder wie das Kosovo, Vatikanstadt, Taiwan und die Palästinensergebiete, sagte Graham Hughes. „Ich bin nun 1.426 Tage gereist, das sind 203 Wochen oder fast vier Jahre“. I Did It – The Odyssey Expedition

The Odyssey Expedition: Graham Hughes – in 203 Wochen um die Welt

Das erste Land seiner ungewöhnlichen Tour war am 1. Januar 2009 Uruguay, seitdem sei er quasi ununterbrochen unterwegs gewesen, berichtete der aus Liverpool stammende Globetrotter weiter. Zu dem Zeitpunkt gab es den Südsudan noch gar nicht, er wurde erst anderthalb Jahre später unabhängig.

Während all der Jahre hielt sich Hughes nach eigenen Angaben strikt an vier Grundsätze: Er durfte weder fliegen noch eigene Fortbewegungsmittel nutzen, musste sich auf öffentliche Verkehrsmittel verlassen und durfte erst dann ein Land von seiner Liste streichen, wenn er «seinen Fuss auf trockenen Boden» gesetzt hat.

«Die meisten Leute dachten, ich sei verrückt, viele glaubten, es sei unmöglich», sagte Hughes. Sie sorgten sich, wie er in Krisengebieten wie etwa Afghanistan und Somalia klarkommen wollte. Diese seien aber wegen der seltenen Grenzkontrollen kein Problem gewesen, versicherte der 33-Jährige. Selbst nach Nordkorea habe er sich «auf Zehenspitzen» einschleichen können.

Eine wahre Herausforderung hingegen boten die «kleinen Inselnationen, die zu den Olympischen Spielen mit einer Fahne und zwei Athleten auftauchen». Um zu ihnen zu kommen, musste er manchmal auf ein Versorgungsschiff warten, das nur einmal im Monat fuhr, oder – wie im Falle der Kapverden – tagelang in einem lecken Holzboot über den Ozean gondeln.

Mit seiner Tour sammelte Hughes Spenden für WaterAid, eine britische Hilfsorganisation, die sich für sauberes Wasser weltweit einsetzt. Auf seiner Internetseite zeigt der Globetrotter Aufnahmen von sich aus jedem der bereisten Länder sowie Fotos seiner unzähligen Visa. Sie füllen insgesamt vier Pässe. (Quelle: blick.ch)


The Odyssey Expedition: Videopräsentation

Playlist der Videos: The Odyssey Expedition (2009-2012) von Graham Hughes

Natürlich ist der Globetrotter nicht zu verwechseln mit Howard Hughes Jr., einem bekannten amerikanischen Unternehmer, Filmproduzent und Luftfahrtpionier, der übrigens 1976 in einem Flugzeug starb und dessen Leben öfter verfilmt wurde, u.a. 2004 von Martin Scorsese mit Leonardo DiCaprio als Hughes und dem Titel Aviator.

Tuiavii aus Tiavea: Der Papalagi

Papalagi – wer in etwa in meinem Alter ist, der wird irgendwann einmal über dieses Buch, das angeblich die (nicht gehaltenen) Reden des Südsee-Häuptlings Tuiavii aus Tiavea enthält, gestolpert sein, vielleicht sogar gelesen haben. Aber wohl auch heute noch erfreut sich das Buch einer gewissen Beliebtheit: Der Papalagi

Tuiavii aus Tiavea: Der Papalagi

Der eigentliche Verfasser ist wohl Erich Scheurmann, ein deutscher Maler und Schriftsteller. 1914 erhielt dieser von seinem Verleger einen Vorschuss über 2.000 Mark für eine Südsee-Geschichte. Scheurmann fuhr nach Samoa, das zu dieser Zeit noch deutsche Kolonie war. Er wurde dort vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht und verließ Samoa 1915, um in die USA zu reisen. Dort schrieb er den fiktiven Reisebericht „Der Papalagi“, der 1920 zu ersten Mal als Buch erschien. Ich habe das Buch als eine reich illustrierte Ausgabe aus dem Tanner + Staehelin Verlag, Zürich (220.-260. Tausend November 1980 – erweiterte Neuauflage der Originalausgabe von 1920 – Felsenverlag, Buchenbach/Baden), vorliegen.

Jener Häuptling Tuiavii (was ein Titel und kein Name ist) lebte dem Buch zufolge auf der Insel Upolu in dem Dorf Ti’avea. Ich habe nachgeschaut; den Ort gibt es tatsächlich auf der Insel, die im Jahr 1899 Teil der Kolonie Deutsch-Samoa geworden war. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Insel dann von Großbritannien besetzt.


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Ti’avea auf der Insel Upolu (Samoa)

Was ist der Grund für die Beliebtheit dieses Buchs? Es ist eine Zivilisationskritik in elf „Reden“, die Scheurmann jenem Südseehäuptling in den Mund legte. Dieser berichtet von seiner Reise nach Europa und warnt sein Volk vor den dort herrschenden Wertvorstellungen. Real hatte jedoch nicht ein Südsee-Häuptling Europa bereist, sondern Scheurmann das polynesische Samoa. Bei seinem in etwa einjährigen Aufenthalt auf Samoa wird er viele Gespräche mit den Einwohnern geführt und deren Lebensumstände erforscht haben, was zur Idee zu diesem Buch führte.

    Tuiavii aus Tiavea: Der Papalagi

Die „Reden“ üben ohne Zweifel einen gewissen Reiz aus, wenn sich Scheurmann auch oft einer Sprache bedient, die die Dinge umschreibt, für die es aber auf Samoa schon längst Worte gab. Aber das erhöht natürlich die romantisch geprägte Exotik dieser Zivilisationskritik. Sicherlich regen die „Reden“ uns zum Nachdenken an – über unsere Stellung in der Gesellschaft, über unser Tun und Trachten. Aber wir sollten auch bedenken, dass „im Falle des Papalagi sich Scheurmann nicht der samoanischen Gesellschaft [widmet], sondern in den europäisch geprägten Vorstellungen von der Südsee als einem Paradies auf Erden [verharrt]. Die samoanische Lebenswelt ist dem reisenden Autor keine Zeile wert, seine Augen richten sich allein auf den europäischen Alltag durch die Brille des so hellsichtigen ‚Wilden’.“ Und weiter: „Dass dieser Ethnokitsch dann immer noch so populär ist, gibt zu denken – besonders angesichts der doch selten fremdenfreundlichen Tendenzen in unserem Alltag.“ (Quelle: literaturkritik.de)

Ganz so hart mag ich mit dem Buch nicht umgeben. Scheurmanns konstruierte Perspektive des Außereuropäischen hätte sich vielleicht nicht so konkret in Person eines Samoaner finden sollen. Das ist wohl der damaligen Zeit geschuldet, die dann tatsächlich in der Südsee ein Paradies vermutete. Wahrscheinlich wird aber auch Scheurmann selbst Samoa als heile Welt empfunden haben – angesichts der Hetze der Vorkriegszeit in Europa kein Wunder.

Der neue deutsche Bildungstest

Am letzten Samstag fragte das ZDF in einem ‚neuen deutschen Bildungstest’, was jemand heute wissen muss. Im Vorfeld der Show wurde in einer repräsentativen Forsa-Umfrage ganz Deutschland befragt: „Was ist Bildung?“ und „Was muss ein gebildeter Mensch heute alles wissen?“. Aus den Ergebnissen dieser Umfrage, zusammen mit einer Einschätzung führender Bildungsforscher und -experten, wurde ein Fragenkatalog entwickelt, der die 50 wichtigsten Fragen auflistet, die ein gebildeter Deutscher heute wissen muss. „‚Der neue deutsche Bildungstest’ wirft ein Schlaglicht auf einen neuen ‚Bildungskanon’, zu dem alles das gehört, was man benötigt, um sich in der modernen Welt zu orientieren.“

Das, was wir als Bildungskanon ansehen, ist ohne Zweifel wandelbar, so wie sich Wissen ständig erweitert und sich damit Bildung in andere Richtungen orientiert. Sicherlich kann man das in der Sendung abgefragte Wissen zu einem aktualisierten Wissenskanon zählen, aber eigentlich geht es bei den 50 Fragen im Wesentlichen um Alltagswissen, das jemand besitzen sollte, „um sich in der modernen Welt zu orientieren“, wie es heißt.

    Bildung

Aber Bildung beinhaltet dann doch mehr als dieses Alltagswissen. Ob Goethe und Beethoven ‚out’ sind, wie in der Sendung behauptet, muss bezweifelt werden. Ich will mich gar nicht so sehr auf eine klassische Bildung beziehen, aber um die Welt zu verstehen und um ‚gebildet’ zu sein, bedarf es mehr als das Wissen um die uns täglich begegnenden Dinge. Hier liegt eben der Knackpunkt dieser Sendung: Alltagswissen allein wird bereits als Bildung verkauft. Auf der anderen Seite, auch das ist klar, sollte sich jemand, der viele der Fragen nicht beantworten kann, fragen, ob er wirklich so gebildet ist, wie er meint (bekanntlich ist auch Einbildung eine Art von Bildung).

Selbst umfangreiches Wissen ist nicht immer mit Bildung gleichzusetzen. Ich habe Menschen kennen gelernt, die geradezu ein enzyklopädisches Wissen aufwiesen, die man die unmöglichsten Sachen fragen konnte – und die ich doch nicht unbedingt als gebildet bezeichnen möchte. Sie haben sich das Wissen angelesen (z.B. Wikipedea), viel mehr nicht.

Gebildet ist für mich ein Mensch, der ein Mindestmaß an Wissen aufweist, der gleichzeitig im Stande ist, dieses Wissen auch bei komplexen Zusammenhängen anzuwenden. Erst im Zusammenspiel zwischen Wissen und analytischer Befähigung ‚bildet’ sich Bildung. In meinem Beitrag Bildung, ein angefressener Bauch habe ich das Buch Bildung – Alles, was man wissen muss von Dietrich Schwanitz vorgestellt. Auch dieses Buch ist natürlich nicht der Bildung letzter Schluss.

Übrigens: Man muss nicht ‚alles’ wissen. Oft genügt es zu wissen wo ‚etwas’ steht.

Die 50 Quizfragen aus der Sendung

siehe auch meinen Beitrag: Bildungsnotstand in Deutschland?

Heute Ruhetag (29): Lewis Carroll – Alice im Wunderland

Lewis Carroll (1832 – 1898, eigentlich Charles Lutwidge Dodgson) war ein britischer Schriftsteller des viktorianischen Zeitalters, Fotograf, Mathematiker und Diakon.
Er ist der Autor der berühmten Kinderbücher Alice im Wunderland, Alice hinter den Spiegeln (oder Alice im Spiegelland) und The Hunting of the Snark. Mit seiner Befähigung für Wortspiel, Logik und Fantasie schaffte er es, weite Leserkreise zu fesseln. Seine Werke, als sogenannte Nonsenseliteratur bezeichnet, sind bis heute populär geblieben und haben nicht nur die Kinderliteratur, sondern ebenso Schriftsteller wie James Joyce, die Surrealisten wie André Breton und den Maler und Bildhauer Max Ernst oder den Kognitionswissenschaftler Douglas R. Hofstadter beeinflusst.

Bei manchem alten Kinderbuch fragt man sich schon, ob das wirklich für Kinder geeignet ist – oder ob es vielleicht doch eher für Erwachsene geschrieben wurde. Unterschätzt unsere lieben Kleinen nicht …!

Übrigens: Heute in einer Woche, am 2. Dezember (1. Advent), zeigt der Sender Pro7 die schräge Verfilmung ‚Alice im Wunderland’ in der Regie von Tim Burton aus dem Jahre 2010 mit Mia Wasikowska als Alice, Johnny Depp als verrückter Hutmacher und Helena Bonham Carter aus böse Königin.

Heute Ruhetag = Lesetag!

Alice fing an sich zu langweilen; sie saß schon lange bei ihrer Schwester am Ufer und hatte nichts zu thun. Das Buch, das ihre Schwester las, gefiel ihr nicht; denn es waren weder Bilder noch Gespräche darin. »Und was nützen Bücher,« dachte Alice, »ohne Bilder und Gespräche?«

Sie überlegte sich eben, (so gut es ging, denn sie war schläfrig und dumm von der Hitze,) ob es der Mühe werth sei aufzustehen und Gänseblümchen zu pflücken, um eine Kette damit zu machen, als plötzlich ein weißes Kaninchen mit rothen Augen dicht an ihr vorbeirannte.

Dies war grade nicht sehr merkwürdig; Alice fand es auch nicht sehr außerordentlich, daß sie das Kaninchen sagen hörte: »O weh, o weh! Ich werde zu spät kommen!« (Als sie es später wieder überlegte, fiel ihr ein, daß sie sich darüber hätte wundern sollen; doch zur Zeit kam es ihr Alles ganz natürlich vor.) Aber als das Kaninchen seine Uhr aus der Westentasche zog, nach der Zeit sah und eilig fortlief, sprang Alice auf; denn es war ihr doch noch nie vorgekommen, ein Kaninchen mit einer Westentasche und einer Uhr darin zu sehen. Vor Neugierde brennend, rannte sie ihm nach über den Grasplatz, und kam noch zur rechten Zeit, um es in ein großes Loch unter der Hecke schlüpfen zu sehen.

    Lewis Carroll: Alice im Wunderland

Den nächsten Augenblick war sie ihm nach in das Loch hineingesprungen, ohne zu bedenken, wie in aller Welt sie wieder herauskommen könnte.

Der Eingang zum Kaninchenbau lief erst geradeaus, wie ein Tunnel, und ging dann plötzlich abwärts; ehe Alice noch den Gedanken fassen konnte sich schnell festzuhalten, fühlte sie schon, daß sie fiel, wie es schien, in einen tiefen, tiefen Brunnen.

Erstes Kapitel. Hinunter in den Kaninchenbau.

Lewis Carroll: Alice’s Abenteuer im Wunderland

WilliZ kleines Philosophie-Modell

Vor über vier Jahren habe ich versucht, meine Gedankenwelt zu ordnen und zu einem kleinen Philosophie-Modell zusammenzufügen. Hier noch einmal in leicht modifizierter Form das damals Verfasste:

Während es anscheinend schon beim wortwörtlichen Begriff keine klare Definition für Religion (lat. für Gottesfurcht, Frömmigkeit, aber auch Rücksicht, Skrupel, Aberglaube usw.) gibt, so ist Philosophie aus dem Altgriechischen immerhin mit Liebe zur Weisheit zu übersetzen. Beide beschäftigen sich mit der Frage nach dem Sinn des Lebens. Philosophie und Religion schließen sich dabei bis heute nicht aus. Während in der Religion das Transzendente (Überstreiten von Grenzen, also z.B. vom irdischen ins himmlische Leben) eine wesentliche Rolle spielt, so ist die heutige Philosophie eher erdverbunden, also auf die menschliche Existenz auf Erden bezogen.

Ich habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder mit Religion und Philosophie beschäftigt. Irgendwie tut das wohl jeder Mensch, der sich die Frage aller Fragen, eben die nach dem Sinn des Lebens, stellt (nicht nur Monty Python).

Mit Religion, hier der christlichen Religion, wurde ich von Kindesbeinen an durch meine Eltern konfrontiert (ich berichtete bereits ausführlicher darüber: Salvation à la mode). Ich wurde quasi zum Christentum zwangsrekrutiert. Später beschäftigte ich mich auch mit anderen Religionen, vor allem dem Buddhismus. Dieser interessiert mich auch heute noch, wenn ich in ihm auch eher ein philosophisches System erkenne. Dazu später mehr.

In religiöser Hinsicht bin ich im Wesentlichen ein Agnostiker. Wie man es auch sehen mag, Gott ist keine physikalische Größe, also nicht messbar oder wahrnehmbar. Ich bewundere Menschen, die anscheinend einen sechsten oder siebten Sinn haben, den ich die Fähigkeit zum Gotteserlebnis nennen möchte. Ich habe nie ein solches Gotteserlebnis gehabt und kann also nicht sagen, ‚Gott erlebt’ zu haben. Ich schließe die Existenz Gottes dabei nicht gänzlich aus. Dafür habe ich einen anderen Gedankenansatz gefunden. Für mich ist Gott bezogen auf das einzelne menschliche Individuum als etwas wie Atman (das Selbst, die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes, auch Seele übersetzt) zu verstehen. Womit ich auch schon fast beim Buddhismus bin. Buddha (eigentlich Siddhartha Gautama) selbst verneinte Atman, also die Seele als individuelle und konstante Einheit, weil sie in beständigem Werden, Wandel und Vergehen begriffen ist, was ich nur unterstützen kann. Ohne zu sehr auf fernöstliche Religionen einzugehen, so will ich wenigstens noch einen Begriff einführen: Brahman. Damit wird gewissermaßen eine kosmische Weltenseele bezeichnet, in die Atman, also die Einzelseele, zurückfließt, wenn der Mensch stirbt. Anders ausgedrückt: So wie die Summe der Energie konstant bleibt, so bleibt auch die Summe der geistigen Essenz (Gott oder wie immer man es benennen will) gleich.

    Willi 'Mahatma'

Vielleicht ist es etwas wie Anmaßung, wenn ich dem Menschen eine Seele zuspreche. Aber an so etwas wie an einen ‚göttlichen Funken’ vermag ich schon zu glauben, wenn auch nur wenige, wie es scheint, damit ‚gesegnet’ sind. An der Formel „Leben = Materie + Energie + Gott (sprich: geistige Essenz)“, bezogen auf den Menschen (bei Tieren, und noch weniger bei Pflanzen, bin ich mir nicht so sicher, das mag aber auch für mich dahingestellt sein), könnte ich also Gefallen finden.

Komme ich noch auf einen wesentlichen Aspekt fernöstlicher Religionen, auch des Buddhismus, zu sprechen: die Wiedergeburt. An eine Wiedergeburt, wie es sich wohl die meisten vorstellen, vermag ich nicht zu glauben. Trotzdem beziehe ich diese in mein bescheidenes Modell mit ein.

Somit sind wir jetzt auch schon mitten bei dem, was ich für mich als philosophisch-religiöses Gedankengebäude errichtet habe. Oft spricht man vom Schlaf als den kleinen Bruder des Todes. Und so wie ich aus dem Schlaf erwache, beginnt für mich, wenn man so will, mit jedem Tag ein neues Leben. Zumindest versuche ich es so zu ‚erleben’. Jeden Tag werde ich also (wenn auch nicht im religiösen Sinne) ‚wiedergeboren’.

Ansonsten habe ich mir einige philosophische Ideen bei Sartre, mehr wohl noch bei Camus geklaut. Dazu habe ich ja schon einiges in meinem Blog zum Besten gegeben. Im Grunde halte ich das Leben wie die beiden, (Sartre und Camus), für sinnlos. Es gibt keinen eigentlichen, allgemeingültigen Sinn des Lebens. Man muss sich und seinem Leben ‚selbst’ einen Sinn geben. Ähnlich dachte auch Buddha, der das Leben für leidvoll hielt. Man muss gegen diese allgemeine Sinnlosigkeit, gegen das Leid revoltieren. Diese Revolte ist ein tägliches sich Aufbäumen gegen die Absurdität des Lebens.

In Sofies Welt ist zu lesen:

Sartre weist gerade darauf hin, daß der Mensch niemals seine Verantwortung für das, was er tut, leugnen kann. Deshalb können wir unsere Verantwortung auch nicht vom Tisch fegen und behaupten, wir ‚müßten’ zur Arbeit oder ‚müßten’ uns nach gewissen bürgerlichen Erwartungen darüber, wie wir zu leben haben, richten …

aus: Jostein Gaarder: Sofies Welt – Roman über die Geschichte der Philosophie – S. 540 – Carl Hanser Verlag 1995

Sicherlich empfinden wir vieles als Zwang. Aber wir müssen uns klar werden, dass wir es sind, die sich diese Zwänge auferlegen. Wir sind verantwortlich für uns – und können eigentlich tun und lassen, was wir wollen. Natürlich gibt es kausale Zusammenhänge, die in Zwänge münden. Wenn ich z.B. behaupte, ich müsste zur Arbeit, dann ist das die Konsequenz, die ich ziehe, weil ich mich für eine Familie entschieden habe und für sie (und mich) zu sorgen habe.

Oft ist es auch so, dass scheinbare Zwänge nichts anderes sind, als der Weg des geringsten Widerstandes. Wenn ich mich nach „bürgerlichen Erwartungen richte“, dann doch nur, weil ich bestimmte Auseinandersetzung scheue. Es sei denn, ich akzeptiere die Rolle und erfülle die Erwartungen aus eigenem Willen.

Mein kleines Philosophie-Modell müht sich also um Praxis-Nähe. Gegen einen theoretischen Unterbau habe ich nichts einzuwenden, aber das ist dann eher wie Spiel, sich mit den verschiedensten philosophischen Modellen auseinander zu setzen. Wenn Sartre schreibt: „Die Existenz geht dem Wesen voraus“, so mag das die Quintessenz des Modells Existenzialismus sein. Was dahinter steckt, nämlich der Gedanke, dass dem Menschen einzig sein nacktes Dasein vorgegeben ist; er dann aber selbst erfinden muss, was ihn am Ende ausmacht – so ist das vielleicht nicht so prägnant, aber verständlicher (aber jeder ‚echte’ Philosoph sucht nach der ‚Formel’, der kürzesten Beschreibung seines Modells wie z.B. Descartes und sein „Cogito ergo sum“).

Zusammenfassend und erläuternd: Jeder Tag gilt mir wie ein neues Leben. Das heißt nicht, dass ich in den Tag hineinlebe. Es gibt immer Dinge, die einer Planung bedürfen. Nur müssen wir wachsam sein und sollten nicht zu viel ‚verplanen’. Schnell vergisst man über zuviel Planung das eigentliche Leben. Der eigentliche Grundsatz meine Philosophie ist: Bewusst zu leben! Sich bewusst werden, was man eigentlich will! Sich auch hinterfragen, ob man mit dem, was man hat, ist und will, zufrieden sein kann. Und ich muss immer bereit sein, mich zu ‚entscheiden’. Gerade die heutigen Menschen lassen sich oft nur noch treiben, und schaffen es nicht, sich in bestimmten (entscheidenden!) Momenten zu entscheiden. Und: Manchmal muss man auch einmal nein sagen können.

Nur als Trost: Natürlich gelingt mir das auch nicht immer. Oft genug tue auch ich mir Zwang an.

Nun, das klingt alles fast banal, was ich da als eigenes Lebensmodell mit philosophischer Grundlage vorgelegt habe. Aber ich neige nun einmal nicht dazu, nach dem Sternen zu greifen. Das Naheliegende hilft uns manchmal mehr. So versuche ich in kleinen Schritten voran zu kommen. Jeden Tag aufs Neue. Und jeden Tag versuche ich, aus dem „göttlichen Funken“ ein kleines Feuer in mir zu entfachen. Das Leben ist ein Weg – und der Weg ist das Ziel!

Natürlich gibt es viele noch offene Fragen, Fragen der Moral, die Frage nach gut und böse usw. Diese muss sich jeder nach eigenem besten Wissen und Gewissen selbst beantworten. Man muss sich dabei u.a. fragen, ob man mit den Antworten leben kann (Gewissen). Und es gibt sicherlich Fragen (z.B. Gen- und Stammzellenforschung), für deren Beantwortung man ohne größeres Wissen nicht auskommt. Es ist sicherlich schon wichtig, überhaupt Fragen zu stellen (wie heißt es schon im Sesamstraßen-Lied: „… wer nicht fragt, bleibt dumm!“).

Design for Obama

2008 führte Obama den Wahlkampf der Zukunft. Nie war der Grad des Involvements sowie der kreative Ausstoß seitens der Wähler so hoch, nie zuvor engagierten sich derart viele junge Menschen basisdemokratisch. Auf designforobama.org luden tausende prominente Grafiker, Street Artists, Designer oder Zeichner ihre Plakatentwürfe hoch. Dieser Band hat die besten ausgesucht. Von Shepard Faireys ikonischem Hope-Plakat bis zu Ron Englishs Entwurf von Obama als Abraham Lincoln im Warhol’schen Pop-Art-Stil – eine Sammlung historischer Dokumente. Text Englisch, Deutsch, Französisch. 200 Abbildungen. 182 Seiten. Großformat 24 x 28 cm: Design for Obama

The Incredible Obamas
The Incredible Obamas

siehe auch meine Beiträge: Ry Cooder: Election SpecialRy und ‚Sandy’ sei Dank? Obama bleibt US-Präsident!