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Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Wiederaufgeführte Stücke: Friedrich Dürrenmatt – Die Physiker

Das Ernst Deutsch Theater in Hamburg ist mit 744 Sitzplätzen. Deutschlands größtes privatgeführtes Theater. Die Spielstätte befindet sich am Friedrich-Schütter-Platz im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst, Bezirk Hamburg-Nord, im ehemaligen, 1962 geschlossenen UFA-Palast-Kino an der Mundsburg.

Bis zum 24. September d.J. wird nun am Ernst Deutsch Theater in der Regie von Wolf-Dietrich Sprenger das Stück Die Physiker von Friedrich Dürrenmatt aufgeführt. Diese Komödie entstand 1961, ist also fast 50 Jahre alt, und wurde am 21. Februar 1962 unter der Regie von Kurt Horwitz im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt. 1980 überarbeitete Dürrenmatt das Theaterstück zu einer Endfassung für seine Werkausgabe. Diese Fassung Die Physiker. Eine Komödie in zwei Akten habe ich mir jetzt zugelegt, um das Stück zu lesen, bevor ich es mir dann voraussichtlich am nächsten Wochenende mit meinen Söhnen anschauen werde.

Zum Inhalt:

In einem Privatsanatorium leben unter Aufsicht von Frau Dr. von Zahnd drei verrückte Physiker: Ernst Heinrich Ernesti, der sich für Einstein hält, Georg Beutler, der meint, Newton zu sein, und Johann Wilhelm Möbius, dem regelmäßig König Salomon erscheint. Bereits zum zweiten Mal ist hier eine Krankenschwester erdrosselt aufgefunden worden. Die mysteriösen Morde soll Inspektor Voss aufklären …

Ach, du lieber mein Schwan

Schwäne haben etwas Majestätisches, wenn sie so sanft über das Wasser gleiten (weniger, wenn sie über Land watscheln). Wegen des rein weißen Gefieders der europäischen Arten und der eindrucksvollen Größe sind sie in zahlreiche Mythen und Märchen eingegangen.

Hier aus unserem Brandenburg-Urlaub eine Schwanenfamilie auf dem Scharmützelsee bei Bad Saarow:

Schwanenfamilie auf dem Scharmützelsee/Brandenburg

Schwanenfamilie auf dem Scharmützelsee/Brandenburg

Schwanenfamilie auf dem Scharmützelsee/Brandenburg

„Im Europa des Mittelalters galt die Schwanenhaltung auf offenem Gewässer als Hoheitsrecht. Als politisches Symbol der Unabhängigkeit vom Deutschen Reich stellte z. B. der Rat der Stadt Hamburg 1664 die Belästigung der Alsterschwäne (Höckerschwäne auf der Alster) unter Strafe. Futterzahlungen der Stadt an die Tiere lassen sich ab 1591 belegen. Heute werden die Tiere von einem Schwanenaufseher (Volksmund: Schwanenvater) betreut. Seit 1957 wird im Winter für die ca. 120 Tiere der Eppendorfer Mühlenteich eisfrei gehalten.“

Leichtathletik-WM Daegu 2011

Noch bis zum Sonntag, den 04.09 2011, dauert die 13. Leichtathletik-Weltmeisterschaft im südkoreanischen Daegu an. Nach wie vor ist die Leichtathletik für mich die Königsdisziplin des Sports. Sie ist auch weiterhin der Mittelpunkt von olympischen Spielen. Athleten treten gegeneinander an, um sich im ursprünglichen Sinne im körperlichen Wettstreik zu messen: Laufen, werfen, springen …

Bisher haben sich deutsche Athleten nicht mit Ruhm bekleckert. Gerade in den Wurfdisziplinen, oft eine Domäne der Deutschen, gab es bisher nur einmal Silber im Diskuswerfen der Frauen durch Nadine Müller. Heute will nun Diskuswerfer Robert Harting trotz der Knieprobleme seinen Titel verteidigen (ab 12.55 Uhr). Wieder im Rennen ist nach einem verkoksten ersten Tag Jennifer Oeser im Siebenkampf. Im abschließenden 800 m-Rennen kämpft sie (ab 13 Uhr) zumindest um Bronze.

Bei der letzten, der 12. Leichtathletik-Weltmeisterschaft, die vom 15. bis 23. August 2009 in Berlin stattfand, war der Sprinter Usain Bolt aus Jamaika der große Überflieger, der nicht nur zwei neue Weltrekorde über 100 m (9,58 sec.) und 200 m (19,19 sec.) aufstellte, sondern insgesamt drei Goldmedaillen (wie in Peking 2008) ‚abräumte’. Im 100 m-Finale von Daegu wurde er nach einem katastrophalen Fehlstart disqualifiziert und musste seinem Landsmann Yohan Blake, der mit 9,92 Sekunden (bei heftigem Gegenwind) Weltmeister wurde, den Vortritt lassen. Schauen wir, ob er es im 200 m-Rennen (Finale am Samstag um 14 Uhr 20) besser macht.

Offizielle Website der Leichtathletik-WM Daegu 2011
Daegu WM 2011 beim ZDF

… til a big surprise (4)

Nun bin ich aber platt wie ‘ne Briefmarke. Das ist der Hammer. Damit hat ja nun wirklich keiner gerechnet. Ian Anderson lüftet sein ‚big surprise‘ – und was ist es: Thick as a Brick goes on Tour – nächstes Jahr! Zum 40. Jahrestag des legendären Albums! Warum eigentlich große Überraschung? Die Spatzen haben es ja schon längst von den Dächern gepfiffen … Nun ist es immerhin offiziell.

TAAB goes on Tour

Mitte April 2012 geht’s also in UK los. Ian Anderson (nicht Jethro Tull) offeriert uns dann „Thick as a Brick“ in seiner Gesamtheit als eine ‚more theatrical production’ mit Video, zusätzlichen Musikern (mit Band und zusätzlichen Gästen) und einer Truppe tanzender Elefanten, die – welch köstlicher Witz – nicht tanzen können (ich liebe Andersons Späße). Was soll ich dazu sagen: Schön, schön … (mir fehlen wirklich glatt die Worte)!

Aqualung 40th Anniversary Collector's Box

Aber dem nicht genug: Längst angesprochen und verkündet ist auch das jetzt offiziell: Zum 40. Jahrestag des Albums „Aqualung“ gibt es ab dem 28. Oktober d.J. dieses in einem neuen Stereo Mix und gar einem 5.1 Surround Sound Mix: Aqualung 40th Anniversary Collector’s (mit einer 180g LP / 2CD / DVD / BLU-RAY und einem 48page hard back book, presented in a hardback slipcase.) für gut 100 € oder als Aqualung 40th Anniversary Special Editions für den etwas dünner geratenen Geldbeutel (2 CDs mit dem neuen Stereo-Mix und zusätzlichem Material). Wer lässt Geld vom Himmel regnen?!

Zurück zur Thick as a Brick-Tour von Herrn Anderson (ich wiederhole: nicht Jethro Tull). Ich muss hier wohl keinem sagen, wie sehr ich das Album liebe. Es gäbe nichts Größeres, als es einmal vollständig auf der Bühne live vorgetragen zu sehen. Ohne Wenn und Aber geht das aber leider nicht: Wie will das der Herr Anderson gesanglich eigentlich hinbekommen (es sei denn, strange avenue von Laufis Jethro Tull Board hätte Recht: Andersons „Stimmbandprobleme waren eine Katzenallergie!“). Ein Gastsänger (wurde natürlich längst diskutiert) wäre denkbar (nicht aber bei Herrn Anderson). Und wie steht es mit seinem ‚Versprechen’, niemals mehr zum Saxophon zu greifen? TAAB aber ohne Sax? Und TAAB ohne Martin Barre? Irgendwie geht das alles nicht. Es käme einer völligen Demontage von TAAB gleich. Ist ja gut gemeint, Herr Anderson!

Nun, keine Vorschusslorbeeren und auch kein Verriss vor der Zeit. Warten wir es ab, was sich da der Meister ausgedacht hat. Vielleicht ist er ja doch zu einer echten Überraschung fähig (nur fehlt mir der Glaube)!

Suche nach CO2-Endlager

CO2-Abscheidung und -Speicherung (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage, kurz CCS) ist die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid (CO2) insbesondere aus Verbrennungs-Abgasen sowie dessen Injektion und behälterlose Lagerung in unterirdischen Gesteinsschichten auf unbegrenzte Zeit.

In Deutschland ist der Einsatz von CCS bislang gesetzlich nicht geregelt. Die EU-Richtlinie 2009/31/EG verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die Richtlinie binnen zwei Jahren (d.h. bis zum 25. Juni 2011) in nationales Recht umzusetzen. Am 13. April 2011 verabschiedete das Bundeskabinett einen insbesondere mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgestimmten Entwurf; zu diesem nahm der Bundesrat in seinem ersten Durchgang am 27. Mai 2011 Stellung. Die erforderliche Zustimmung oder Nicht-Zustimmung durch den Bundesrat zum Gesetz erfolgt erst in dem noch ausstehenden zweiten Durchgang im Bundesrat.

Aber die ersten Einsätze von CCS sind bereits geplant, so vom Stromkonzern Vattenfall ab 2015 in den Brandenburger Landkreisen Oder-Spree und Märkisch-Oderland. Die Einlagerung bzw. Endlagerung von CO2-Industrieabfall soll in ca. 1000 – 1200 Metern Tiefe erfolgen. Bürger der betroffenen Regionen um Beeskow und Neutrebbin gründeten eine Bürgerinitiative zur Verhinderung der Endlagerung von Millionen Tonnen CO2 Industrieabfall in den salzwasserführenden, porösen Gesteinsschichten unter Städten, Gemeinden und Naturschutzgebieten.

Kein CO2-Endlager unter dem Scharmützelsee

Die Endlagerung von CO2 birgt allerdings erhebliche Gefahren: So kann das CO2 ausgasen und mit dem vorhandenen Grundwasser Kaltwassergeysire erzeugen. Diese können lokal im Untergrund teils erhebliche Mengen giftiger Schwermetalle aus den Gesteinen lösen und diese so in das regionale Grundwasser eintragen. Außerdem kann es vorkommen, dass das CO2 plötzlich in großen Mengen an die Oberfläche tritt und Menschen und Tiere in der Umgebung tötet, wie beispielsweise bei der Katastrophe am Nyos-See in Kamerun 1986.

Auf der Suche nach Gaddafi

Wie gut, dass es den meisten Diktatoren am Ende doch an den Kragen geht. So dürften in Bälde auch Herrn Gaddafi die Hammelbeine langgezogen werden. Aber noch ist er auf der Flucht – wie weiland Richard Kimble. Nur war dieser bekanntlich unschuldig, während Herr Gaddafi und sein Clan jede Menge Dreck am Stecken haben. Aber wem sag ich das.

Gestern noch suchten die libyschen Aufständischen im Zentrum von Tripolis in einer ausgedehnten Bunkeranlage nach dem Diktator Muammar al Gaddafi. Die Anlage liegt unter der riesigen Residenz Gaddafis und Militärbasis Bab al Asisija. Aber gefunden haben sie ihn nicht. Dabei will er doch wie ein Märtyrer sterben. Gewinnen kann er nicht mehr.


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Bab Al-Aziziyyah (Bab al-Asisija)

Was mich immer wieder erstaunt, ist, dass solche Männer über Jahrzehnte ohne großen Widerstand ein Land beherrschen und ausplündern können. Gaddafi ‚regierte’ Libyen immerhin über 40 Jahre. Gaddafi, so denke ich, ist hier ein besonderer Fall. Er gilt als hoch intelligent und ist nach einem unblutigen Putsch, bei dem sein „Bund freier Offiziere“ am 1. September 1969 den libyschen König Idris stürzte, mit gewiss hehren Zielen als Führer einer Militärjunta, die sich im Revolutionären Kommandorat (RCC) organisierte, an die Macht gekommen. Erst später machte er sich zum großen „Revolutionsführer“. Schon früh war er von den arabisch-sozialistischen und nationalistischen Ideologien des damaligen ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser angetan und erweiterte diese zu einer eigenen politischen Ideologie. Nennt man es nun Selbstüberschätzung, Glaube an die eigene Unfehlbarkeit oder Größenwahn: Seit Ergreifung der Macht baute Gaddafi einen ausschweifenden Kult um seine Person auf, zu dem auch im gesamten öffentlichen Raum präsente überlebensgroße Bilder von ihm mit dunkler Sonnenbrille oder im bunten Gewand gehörten. 1992 wurde in Libyen eine Briefmarke zum Jahrestag der Revolution herausgebracht, auf der Gaddafi auf einem weißen Pferd abgebildet ist und auf diesem gen Himmel zu steigen scheint. Es ist ein schleichender Prozess, der solche Menschen in den Größenwahn ‚treibt’ und als solches ist Gaddafi dann doch kein Einzelfall. Wenn keiner dem großen ‚Führer’ zu widersprechen wagt, so wähnt sich dieser mit der Zeit als unfehlbar. Wahrscheinlich kann man diese dann auch nur noch mit Gewalt vertreiben – wie jetzt Gaddafi.

Aber das ist nur die eine Seite der berühmten Medaille. Libyen verfügt über Gas und Öl. Und wie sehr diese Energieträger als Spielball in der Weltpolitik missbraucht werden, kennen wir zur Genüge. Libyen war Anfang der 20. Jahrhunderts von Italien annektiert. Aus dieser Zeit rühren wohl die Beziehungen, die bis heute andauern. Wer kennt nicht die Bilder dieser ‚wunderbaren’ Männerfreundschaft zwischen Gaddafi und Berlusconi. Libyens Öl fließt zu einem Drittel nach Italien. Und aus solchen wirtschaftliche Interessen hofiert man auch als angeblicher Demokrat schon einmal einen ansonsten verhassten Tyrannen.

Gaddafis Tage sind gezählt. Die Frage ist jetzt, wie lange es der Herr Assad in Syrien noch macht. Wie schrieb ich hier anfangs: Wie gut, dass es den meisten Diktatoren am Ende doch an den Kragen geht. Auch Dir, Herr Assad, wird es an den Kragen gehen.

Satire-Nachruf auf Gaddafi – Fotos, Videos, Texte

Übrigens – wie sprach Goethe: Einen Tyrannen zu hassen vermögen auch knechtische Seelen, nur wer die Tyrannei hasset, ist edel und groß.

Michael Roes: Leeres Viertel – Rub’ Al-Khali

Als wir vor einigen Jahren unseren Reise in die Wüste Südtunesiens planten, fiel mir beim Buchhändler ein Roman in die Hand, der im Wesentlichen in der größten Sandwüste unserer Erde, der Rub’ Al-Khali, spielt: Michael Roes: Leeres Viertel – Rub’ Al-Khali – Invention über das Spiel (1. Auflage btb Taschenbuch im Goldmann Verlag – 1996).

Die Kritiken sprechen für sich:
„Besessen wie Reinald Goetz, belesen wie ein Gelehrter alten Schlages, dazu furchtlos wie der junge Clint Eastwood.“, schrieb damals DIE ZEIT über Michael Roes bzw. „Das ist Literatur pur!“ (Die Zeit). – „Eine kühne Gratwanderung zwischen den Gattungen: Abenteuerroman, Ethnographie, phantastische Legende und autobiographisches Fragment.“ (Die Woche)

Und nicht umsonst habe ich dieses 800 Seiten umfassende Buch bereits mehrmals in diesem Blog zur Sprache gebracht (Lob der KinderarbeitDas Leben als SpielDer heilige KriegKamelliste). Heute komme ich nun zum Buch selbst, das u.a. auch Ergebnis von ethnologischen Studien des Autors ist, als dieser im Rahmen eines ethnologischen Forschungsprojektes 1994 /1995 ein Jahr im Jemen verbrachte.


Sana’a/Jemen

„Zwei deutsche Forschungsreisende machen sich auf in jenes Wüstengebiet Südarabiens, das Rub’ Al-Khali, Leeres Viertel, genannt wird. Beide führen ein Tagebuch. Nur reiste der eine am Ende des 18. Jahrhunderts und war auf der Suche nach den mosaischen Gesetzestafeln. Der andere folgt 200 Jahre später den Spuren seines Vorgängers, um eine Theorie über archaische Formen des Spielens zu entwickeln. Für beide wird es eine Reise ins Ich und in die Fremde …“
(Klappentext)

Oder wie es auf der Innentext zum Buch heißt:
„Ein junger deutscher Völkerkundler unternimmt eine Forschungsreise nach Südarabien. Ziel seines großangelegten Projektes ist das Sammeln der Spiele der arabischen Welt, mit deren Hilfe er eine übergreifende Theorie über den Zusammenhang zwischen Spiel und menschlicher Kultur entwickeln will. Während der Anreise liest er die Abschrift eines alten Berichts über eine Expedition in den Orient, auf die er in der Herzogin-Anna-Bibliothek zu Weimar gestoßen ist. Der Verfasser des Berichts, Alois Schnittke, macht sich am Ausgang des 18. Jahrhunderts auf den Weg von Weimar in die größte Sandwüste der Welt, die Rub’ Al-Khali. Er und seine Reisegefährten brechen auf, das Geheimnis der mosaischen Gesetzestafeln zu ergründen. Das Reisetagebuch berichtet von stürmischen Seefahrten, singendem Sand, der Pest, Beduinenüberfällen, der Königin von Saba und Amazonen, Scheichs und Narren, einem geheimnisvollen Reverend Fox, der die Christianisierung der Heiden im Sinn führt, einer verborgenen Bibliothek, Stammesbrüdern, die sich als die Wächter der Gesetzestafeln herausstellen, nächtlichen Leichenraub und schließlich dem Tod der Reisegefährten …“ Schnittke ist der einzige Überlebende des Unternehmens.

Zunächst: Die Geschichten beider Forschungsreisenden werden parallel erzählt, und es gibt Entsprechungen zwischen ihren Geschichten, denn auch Schnittke interessiert sich für Spiele wie der Tagebuchautor heutigen Tags. Und beide werden durch einheimische Stämme im Jemen verschleppt. Unterschieden werden die Berichte durch die Orthographie, die Schnittkes kommt altertümlich daher, die andere in gemäßigter Kleinschreibung (und das ß wird zu sz).

„Baron Ernst Eugen le da Motte, Poet, Diplomat, Mäzen, Financier und Führer der Expedition, Doctor Tertulio Liebetrud Schotenbauer, Altphilologe, Historiker und tragischer Abklatscher, und zweyfellos auch der Geist unseres immer theilnahmsvollen Gefährten, des Arztes und Botanikers Hans-Jakob Schlichter, […] meine Wenigkeit, Acteur und Publicum zugleich, Prospectmaler, Marionettenspieler, Theaterdirector und Principal Alois Ferdinand Schnittke, gegenwärthig persönlicher Secretaire des edlen Chef de Mission und, in aller Bescheidenhait, selbsternannter Chronist der Sitten und Gebräuche der orientalischen Völker nebst besonderer Berücksichtigung ihrer lustigen Compagnien und schrecklichen Sprachkriege, und sein stummer Bruder, ja, Schatten Frere Jacque d’Afrique […].“ (S. 294)

Das geheime Ziel besteht in der Wiederfindung der mosaischen Gesetzestafeln, die bekanntlich König Salomo einst fahrlässig der im Jemen residierenden Königin von Saba anvertraute. Schnittke findet sie am Ende tatsächlich, doch seine drei Gefährten verlieren bei dem Wüstenabenteuer ihr Leben. Natürlich sind die Tafeln leer, und auch die Spuren ihres Entdeckers verlieren sich irgendwann im „Leeren Viertel“.

Diese Tagebuchaufzeichnungen sind übrigens fiktiv und zum Teil eine Montage aus alten Reiseberichten verschiedenster Autoren.

Kommen wir in das Jahr 1994 und damit in die Wirren des jemenitischen Bürgerkriegs. Der junge Ethnologe fliegt nach Sana’a, der Hauptstadt des Jemens, um dort und in der Umgebung die Spiele der arabischen Welt, besonders der Kinder, zu erforschen. Sicherlich ist die Beschreibung der vielen Spiele manchmal ermüdend. Aber ich mag solche Bücher, die Momentaufnahmen einer Welt sind, die vielleicht schon bald in dieser Form nicht mehr existieren wird (Stichwort: arabischer ‚Frühling’, der mit vielen Veränderungen daherkommen wird). Bemerkenswert dabei ist die Feststellung, dass viele der hier genannten Spielen auch bei uns bekannt sind. Die Ergebnis seiner Forschungen versucht nun der Autor in eine „Invention über das Spiel“, einer Art Theorie, zusammenzufassen. Wesentliche Impulse für diese Arbeit gewinnt er dabei aus Ludwig Wittgensteins Konzept vom „Sprachspiel“, das in dessen „Philosophischen Untersuchungen“ zu finden ist.

Das ist natürlich schon Stoff genug für ein eigenes Buch, bleibt leider im Ansatz stecken und geht so in einem 800 Seiten fassenden Buch eher unter. Aber das Buch will ja mehr sein als ein Exposé über das Spiel (neben dem Reisetagebuch Schnittkes): Roman will es sein!

So binden sich die Abhandlungen über das Spiel in ein Tagebuch ein. Wir erfahren einiges vom arabischen Alltag, besonders von der Männerwelt, die sich fast nur auf sich selbst beschränkt und so in homoerotischen Bekundungen zeigt. Als Leser fühle ich mich plötzlich aufs Glatteis geführt. So ist zaghaft von kleinen sexuellen Erlebnissen die Rede, homosexuellen Abenteuern, die in der arabischen Welt höchst verpönt sind. Es bleibt bei vagen Anspielungen, so als getraue sich der Autor nicht zu einem Bekenntnis seiner Homosexualität. Auch das wäre eigentlich Stoff genug für ein eigenständiges Buch. Dann wäre es Roman oder zumindest Reisetagebuch.

Sicherlich ist dieser ‚Roman’ spannend erzählt und hat mich durch seine Vielschichtigkeit zu allerlei Gedanken angeregt. So bekam er 1997 durchaus verdient den Bremer Literaturpreis zugesprochen. Ich kann mich aber eines Eindrucks nicht erwähren, nämlich dessen, dass der Autor zu viel gewollt hat und dann in vielem halbherzig stecken geblieben ist. Das Buch ist des Guten zuviel. So wundert mich die harsche Kritik Sprachlos in der Wüste von Volker Hage nicht, der dem Autor Michael Roes manche Banalität zum Vorwurf macht.

Loriot gestorben

Es ist schon einige Zeit her, da feierten wir seinen 85. Geburtstag. Jetzt ist er am Montag im Alter von 87 Jahren ganz friedvoll entschlafen: Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow, noch viel kürzer: Loriot, Deutschlands bekanntester, beliebtester und ohne Frage bester Humorist. Damit folgt er der bereits im Oktober 2007 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 65 Jahren in ihrer Geburtstagsstadt Hamburg verstorbenen Evelyn Hamann, seiner kongenialen Partnerin in so manch herrlichen Sketchen (Jodeldiplom, „Das Bild hängt schief“, Die Nudel, Opa Hoppenstedt uvm.), in die ewigen Humoristenjagdgründe. Endlich hat auch der Himmel wieder etwas zu lachen.


Loriot – Das schiefe Bild („Das Bild hängt schief“)

Was wäre ich ohne Loriot. Was habe ich über ihn, und damit insgeheim auch über mich selbst, lachen müssen. Welchen Stellenwert dieser unvergleichliche Humorist in meinem Leben hat, zeigt der Blick auf meinen Schreibtisch. Dort steht in einem Schuber mit 6 DVDs, immer griffbereit, Loriots vollständige Fernseh-Edition. Wenn mir danach ist, brauche ich nur eine Scheibe zu greifen, diese in den Rechner zu legen … und selbst in schlechtester Stimmung finde ich die nötige Aufheiterung.

Bemerkenswert finde ich die enorme Resonanz anlässlich seines Todes, überall trauert Deutschland um ihn, ob jung, ob alt – so viele Menschen haben ihn und seinen ganz speziellen Humor gemocht. Ruhe in Frieden, Loriot!

Auf die Frage, wer ihn geprägt habe, antwortete Loriot 2007: „Ich weiß, als ich anfing zu studieren, wohnte ich zwischen dem Irrenhaus, dem Zuchthaus und dem Friedhof. Allein die Lage wird es gewesen sein, glaube ich.“

Durchwachsener Start

Im Vorfeld zu der neuen Bundesligasaison 2011/2012 gab es einigen Knatsch beim SV Werder Bremen, da der Aufsichtsratsboss Willi Lemke einen strikten Sparkurs einschlug, der angesichts der fehlenden Gelder aus internationalen Wettbewerben (Werder darf sich dieses Jahr nur national austoben) durchaus verständlich erscheint. Am Ende hatten sich dann Manager Klaus Allofs und Trainer Thomas Schaaf doch durchgesetzt und die Spieler ins Boot geholt, die sie für ein Anknüpfen an frühere Erfolge für notwendig halten. Neben Mehmet Ekici, der neuer Spielmacher in Bremen werden soll, dem Allrounder Lukas Schmitz und den ablösefreien Innenverteidiger Andreas Wolf sind nun doch der griechische Innenverteidiger Sokratis Papastathopoulos (Ausleihe) und der junge Aleksandar Ignjovski, der zuletzt auf Leihbasis für 1860 München gespielt hat, an die Weser geholt worden. Viele neue Gesichter. Dafür haben neben Torsten Frings, der dem Verein wohl zu teuer wurde, auch viele andere gestandene Spieler den SV Werder verlassen (müssen). Zu fürchten ist, das vielleicht ein Spieler wie Per Mertesacker noch verkauft werden muss, um den hohen Spieleretat zu deckeln. Aber die Gerüchteküche gibt sich still.

Die Saison begann dann leider alles andere als glorreich. Gegen die Amateure vom 1. FC Heidenheim 1846 mussten die Bremer gleich in der ersten Hauptrunde des DBF-Pokals die Segel streichen. Damit können sie sich jetzt voll und ganz der Bundesliga widmen. Nach drei Spieltagen sieht es da schon einmal ganz gut aus. Mit zwei Siegen und sechs Punkten liegt die Mannschaft auf dem 5. Platz und nur einen Punkt hinter dem überraschenden Tabellenführer, der Borussia aus Mönchengladbach. Besonders der 5:3-Sieg am Wochenende gegen den FC Freiburg lässt hoffen. Der Angriff zeigte sich bestens aufgelegt, zumal Thomas Schaaf beim Einwechseln ein glückliches Händchen bewies. Sorgen bereitet nach wie vor die Abwehr, die noch mit einigen Abstimmungsproblemen zu kämpfen hat.

Warten wir die weiteren Spieltage ab. Dann wissen wir mehr. Aber die Mannschaft ist auf einem guten Weg. Die Spielfreude ist endlich zurückgekehrt. Und wenn die Abstimmung zwischen den Mannschaftsteilen optimiert wird, dann sollte der Werder-Fan in dieser Saison endlich wieder etwas mehr zu lachen haben.