Nach einem Kirchgang beschließen sieben kluge junge Damen aus gutem Hause, sich für einige Tage aufs Land zurückzuziehen, und sie laden drei junge Männer ein, mitzukommen. Sie bleiben zwei Wochen lang und erzählen sich außer freitags und samstags jeden Tag zehn Geschichten.
Einmal begab es sich, daß eine von den anderen Nonnen aus dem Fenster ihrer Zelle den Handel gewahr ward und noch zwei anderen zeigte, was vorging. Sie dachten zuerst daran, der Äbtissin alles zu verraten. Doch besannen sie sich eines Bessern und beackerten mit ihren beiden Gespielinnen gemeinsam Masettos Acker. Durch Zufall wurden auch die drei übrigen Nonnen Teilnehmerinnen an dem Geheimnis, so daß nur noch die Äbtissin die einzige war, die nichts davon wußte. Indem nun diese einmal, wie es schwül war, allein im Garten wandelte, fand sie Masetto, den die Reitübungen der Nacht mehr als die Arbeiten des Tages ermüdet hatten, unter einem Mandelbaume liegen. Der Wind hatte ihm die leichten Kleider vorne ganz zurückgeweht, so daß er bloß dalag und die Äbtissin, die sich allein befand, einiges sehen ließ, das in ihr die gleichen Begierden weckte, die ihre Nonnen überfallen hatten. Sie weckte den Schläfer, nahm ihn mit in ihre Zelle und ließ ihn in einigen Tagen nicht von sich; zum nicht geringen Verdruß der Nonnen, die sich sehr beklagten, daß der Gärtner nicht kam und ihren Garten begoß. […]
Giovanni Boccaccio: Decamerone (aus: 5. Novelle – Masetto von Lamporecchio stellt sich stumm, wird Gärtner in einem Nonnenkloster, wo die Nönnchen eine nach der andern bei ihm liegen)