Archiv für den Monat: Mai 2007

Hagenbeck wird 100

Keine Ahnung, wie oft ich bereits in Hagenbecks Tierpark war. Zuerst als Kind mit meinen Eltern von Bremen aus (Kartoffelsalat und hart gekochte Eier im Gepäck), dann auch mit der Schulklasse. Und später, inzwischen selbst zweifacher Vater, war ich bei Hagenbeck viele Male mit meiner Frau und unseren Söhnen.

Jetzt besteht dieser schön angelegte Zoo bereits seit 100 Jahren in Hamburg-Stellingen. Und immer noch wird er von der Familie Hagenbeck geführt. Damals waren die Freigehege eine echte Sensation. Inzwischen haben andere Tiergärten diese Konzeption längst übernommen.

Lange Zeit und lange vor dem Eisbären Knut war das Walross Antje das Aushängeschild von Hagenbeck. Als sie 2003 starb, wurde es etwas still um den Tierpark. Aber das soll natürlich anders werden – und muss es auch, denn die Familie Hagenbeck kämpft mit finanziellen Problemen. Die am 11. April geborene kleine Elefantendame Shila soll neuer Publukumsliebling werden.

Und just in diesen Tagen wird das neue Tropen-Aquarium bei Hagenbeck eröffnet. Sicherlich eine sehenswerte Neuerung, die auch ich mir mit meinen Lieben nicht entgehen lassen werde.

siehe auch meine Beiträge: Hagenbecks Tierpark 1992: AquariumHagenbecks Tierpark 1992: Robben- und Delphinschau

siehe außerdem bei zdf.de zum 100. Geburtstag von Hagenbecks Tierpark

Albert Camus: Der Fremde

Heute ist Mama gestorben. Vielleicht auch gestern, ich weiß es nicht. Aus dem Altersheim bekam ich ein Telegramm: „Mutter verschieden. Beisetzung morgen. Vorzügliche Hochachtung.“ Das besagt nichts. Vielleicht war es gestern.

Mit diesen lakonischen Worten beginnt Albert Camus‚ erster Roman „Der Fremde“, eigentlich nur eine Erzählung von knapp 120 Seiten, 1940 entstanden und 1942 – wie eines seiner philosophischen Hauptwerke „Der Mythos des Sisyphos – Ein Versuch über das Absurde“ – veröffentlicht.

Das frühe Meisterwerk schildert in einer Sprache von kristallener Härte und Klarheit die Geschichte eines jungen Franzosen, der unter der unerbittlichen Sonne Algiers bar aller Bindung ohne Liebe und Teilnahme gleichgültig dahinlebt, bis ihn ein lächerlicher Zufall zum Mörder macht. Im Scheitern seiner scheinbar absolut freien Existenz erfährt er, daß Leben Miterleben heißt.

Albert Camus

Albert Camus war französischer Philosoph und Schriftsteller, 1913 in Algerien geboren, 1957 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet und am 4. Januar 1960 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Man zählt ihn zu den Vertretern des Existenzialismus wie Jean-Paul Sartre, mit dem er zunächst befreundet war, sich später aber wegen grundsätzlicher Meinungsverschiedenheiten entzweite (für den Marxisten Sartre endet die Revolte im Endziel Kommunismus, bei Camus ist die Revolte ‚endlos‘).

Ausgangspunkt der Philosophie Camus‘ ist das Absurde des Lebens, die Sinnlosigkeit. Dem kann der Mensch nur durch die Revolte, durch ein tägliches sich Aufbäumen, entgehen. Morgens, wenn ich aufstehe, so lebe ich trotzdem (trotz der Sinnlosigkeit) und mühe mich um menschliche Solidarität. Wesentlich ist dabei die Gleichgültigkeit, die Indifferenz, gegenüber dem Leben. So tue ich Gutes, nicht weil es einen Sinn macht, sondern aus völliger ‚Gleichgültigkeit‘.

„Der Fremde“ ist ein Beispiel für diese ‚Gleichgültigkeit‘ dem Leben gegenüber. Er lebt scheinbar in den Tag hinein. Aber dieses Leben hat seine Ordnung und muss jeden Tag neu gelebt werden. Ein dummer Zufall lässt ihn einen Araber töten. Absicht? Notwehr? Es war die Sonne!

Den Prozess gegen ihn erlebt er ebenso indifferent. Erst in der Verkündigung des Todesurteils gegen ihn dämmert es ihm, wie die ganze Absurdität des Lebens über ihn hereinbricht. Plötzlich beginnt er dagegen zu rebellieren. Er anerkennt seine Situation als unausweichlich und akzeptiert sich nun auch als ein Teil seiner Welt. Damit und in der Erwartung seiner Hinrichtung lässt er das Absurde des Lebens hinter sich.

siehe auch meine Beitrag. Mythos Kafka – Mythos Camus

Was ist bloß mit Ian los? Teil 60: Standing Ovation

Hallo Wilfried,

die Frage, ob Blog, Youtube und JT-Gedankenaustausch sich für Dich lohnen, kannst nur Du beantworten. Vielleicht ist an dieser Stelle ein kurzes Zwischenergebnis angebracht: Selbst wenn Du heute Deine Aktivitäten hierzu einstellen würdest, so hättest Du doch bereits viele Menschen (incl. mir !!) sehr gut unterhalten und sie auf ihrem Weg zum Jethro Tull – Experten ein ganzes Stück vorangebracht. Ob sich das für Dich lohnt, keine Ahnung. So ist das nun mal mit dem Idealismus. Den von Dir in diesem Zusammenhang erwähnten Egoismus klammern wir aus; an Kleinigkeiten können wir uns nicht aufhalten. In einem Punkt hast Du allerdings meine uneingeschränkte Zustimmung: Es gibt wichtigere Dinge im Leben als die Geschicke des Mr. Anderson von allen Seiten zu beleuchten. Solange wir uns dessen bewusst sind und andere Dinge darüber nicht sträflich vernachlässigen, ist es in meinen Augen in Ordnung.

Natürlich waren meine Google-Zahlen übertrieben, nein, sie waren vollkommen falsch. Ich wollte lediglich auf den Stellenwert hinweisen, den die Beiträge des WilliZ im JT – Universum mittlerweile erreicht haben. Dazu habe ich mich leichtsinnigerweise des Stilmittels der Überzeichnung bedient. Schade, dass Du das wörtlich genommen hast. Ich wollte niemanden hinters Licht führen, was hätte ich davon ?

“King Henry’s Madrigal“ ist ein schönes Stück. Beim Hören tauchen Ritter und Burgfräuleins vor dem inneren Auge auf, trotz der E-Gitarre. Das spricht wieder einmal für die (frühere) Qualität unserer Lieblingsgruppe.

„The Donkey and the Drum“ erinnert mich durch die Einflüsse der ethnischen Musik an Divinities. Ich finde es nicht schlecht, aber es wird wohl nie mein Lieblingslied werden. Dessen ungeachtet danke ich Dir für die Datei !

Deine Theorie bestätigt sich: Durch die Stimmprobleme wird der Meister immer flötenlastiger. Klar, was bleibt ihm auch übrig ? Für jemanden wie mich, der die Gitarre und die Stimme des Meisters geschätzt hat, ist es allerdings der falsche Trend.

Zu den weiteren aktuellen Aktivitäten von Ian Tull bzw. Jethro Anderson möchte ich nichts mehr sagen; ich würde mich nur wiederholen. Nur einen Punkt wiederhole ich ganz bewusst: Mr. Anderson hat keinerlei Hemmungen, irgendwelche „fremde“ Musiker um sich zu scharen und das ganze unter dem Label JT zu verkaufen. Das ist der Sieg des Unternehmers über den Musiker. Pfui !

Letzte Woche kamen meine Jungs vom Schachtraining nach Hause und erzählten, dass der Sohn (etwa 17) des Trainers ein T-Shirt mit dem Konterfei Ian Andersons trug. Ich wollte es nicht glauben und habe alle drei unabhängig voneinander befragt. Es ist kein Zweifel möglich, ein Irrtum ist ausgeschlossen: Es war tatsächlich Mr. Anderson. Respekt vor Mr. Anderson, der es tatsächlich schafft, neue Fans zu gewinnen. Respekt vor dem jungen Mann, der die Musikszene so gut beobachtet, dass er einen Ian Anderson dort entdeckt.

Noch ein Wort zur „Entdeckung des Himmels“: Der Autor hat die Charaktere sehr gründlich angelegt. Er hat sie sehr genau und detailliert beschrieben. Sicher hat er dabei sehr viel Phantasie bemühen müssen, wodurch die Protagonisten, wie Du sagst, etwas künstlich wirken. Aber die Hauptfiguren hatten auch eine schwere Aufgabe zu bewältigen; die Rückführung der Gesetzestafeln in das Heilige Land. Wie würde es der Leser aufnehmen, wenn diese Aufgabe durch einen Bäcker und einen Buchhalter mit unspektakulärem Lebenslauf erledigt würde ? Ich gebe dem zuständigen Engel schon Recht, wenn er sagt, dass diese Aktion von langer Hand geplant sein muss und nicht von Hinz und Kunz durchgeführt werden kann. Und haben wir nicht alle schon erfahren, dass das Leben vielschichtiger, verworrener, komplizierter und unglaublicher sein kann, als ein Mensch sich das ausdenken kann ? Deinen Hinweis auf ein zu „katholisches“ Ende des Romans verstehe ich nicht. Himmel, Engel, Dekalog sind doch die Dinge, die alle christlichen Konfessionen gemeinsam haben. Oder zumindest fast alle. Die Entdeckung des Aufenthaltsortes der göttlichen Wesen durch einen Astronomen ist in meinen Augen eine Allegorie für die jahrzehntelange Suche der Physiker nach der Ursingularität, der Weltformel. Schon Einstein war von dieser Idee begeistert. „Dem Alten in die Karten schauen“, wie er es nannte.

Seit meine Zwillinge vor einigen Monaten die Gelegenheit hatten, mit den Alemanniaspielern aufzulaufen, interessiere ich mich ein wenig für den Verein. Nur ein wenig. Wenn ich Zeit habe und dran denke. Die Niederlage gegen Bremen war leider nicht die letzte und im Moment ist der Klassenerhalt in fast unerreichbare Ferne gerückt.

Ich war heute am Brückentag ebenfalls im Büro. Einer der wenigen. An diesen Tagen ist es sehr ruhig ringsherum und man kann viel Arbeit wegschaufeln. Das Wetter ist auch bei uns immer noch fantastisch und es soll bis mindestens Ende der Woche so bleiben. Es ist das erste Mal, dass mir bereits im April der Rasen verbrannt ist.

In Deinem Blog habe ich den Beitrag über Beltane gelesen. Dabei fiel mir ein, dass meine Heimatstadt in der Bronzezeit von Kelten besiedelt war. Vielleicht rührt daher meine Vorliebe für britische Folklore (kleiner Scherz).

Ich habe es mir nicht nehmen lassen, den Auftritt der Beatless anzusehen. Für eine neu gegründete Schülerband war das wirklich ein gelungener Auftritt. Hiermit gratuliere ich Deinem Jan ganz herzlich !! Der Vortrag der Band war für mich eine gelungene Mischung aus Beatles und Pogues. Und ganz wie die Namenspaten aus Liverpool haben die Tostedter Jungs einen Linkshänder in ihren Reihen. Das ist bestimmt ein gutes Omen. Dein Jan wird sicher wissen, dass viele der ganz Großen im Musikgeschäft als Schülerband angefangen haben. Jemand, der es wissen muss, hat einmal gesagt: Stars werden auf der Bühne gemacht und nicht bei RTL.

So, genug für heute.
Viele Grüße in die sonnige Heide und bis bald

Lockwood

30.04.2007

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Hallo Lockwood,

nun schnell doch noch an den Rechner, dieses Wochenende bin ich kaum zu Hause; so wenigstens eine kurze Antwort von mir:

ob Blog, Youtube und JT-Gedankenaustausch sich für mich lohnen, beantworte ich mit meiner weiteren ‚Anwesenheit’. Also positiv. Irgendwie gehört es zu meinem täglichen Gehirnjogging dazu. Denn wer rastet, der verkalkt.

Natürlich habe ich das mit Deinen Google-Zahlen wörtlich genommen – oder hätte es gern, wenn Google solche für mich schmeichelhaften Zahlen ausgeworfen hätte.

Bei „The Donkey and the Drum“ geht es mir wie Dir: Auch ich dachte gleich an das “Divinities”-Album. Wenn also das für Ende des Jahres angekündigte neue Jethro Tull-Album in diesem Stile wäre, so hätte es zwar wenig mit Tull alter Tage zu tun, ich würde es aber akzeptabel finden. Die zwölf Tänze gefallen wir nämlich ganz gut. Und ich könnte auch mit einem Ian Anderson leben, der sich mehr seinen Instrumenten als dem Gesang widmet. Wie Dir wäre es mir aber ganz recht, wenn er dabei auch öfter zur akustischen Gitarre griffe. Da unsere Zukunftserwartungen Jethro Tull betreffend nicht sehr hoch geschraubt sind (eigentlich bei annähernd null liegen), können wir eigentlich nur noch positiv überrascht werden, was das besagte neue Album betrifft. Notfalls bleibt es für uns im Plattenregal liegen.

Was den Trainersohn betrifft, bin ich schon gar nicht mehr verwundert. Ich kenne einige junge Burschen, die Flötenunterricht nehmen und sich von daher für Ian Anderson interessieren. Aber überhaupt gibt es einen Trend nach Rockmusik früherer Jahre (mein Sohn hört zunehmend Hardrock der 70- und 80-er Jahre, z.B. Led Zeppelin, Black Sabbath usw.), da ist der Weg zu Jethro Tull nicht mehr weit. In den letzten Wochen fielen mir Plakate von Gruppen auf, von denen ich lange Zeit nichts mehr gehört habe und die jetzt wieder auf Tournee gehen (z.B. Steely Span, Van der Graaf Generator). Und bei youtube.com bin ich über die holländische Gruppe „Focus“ gestolpert, auf die wir schon einmal zu sprechen kamen. Jan Akkerman ist zwar nicht mehr dabei, dafür hat der Focus-Gründer Thijs van Leer (Keyboards und Flöte, sowie instrumentalen Gesang, wenn man das so nennen kann) seinen ehemaligen Mitstreiter, den Drummer Pierre van der Linden, zurück ins Boot geholt und ist ansonsten mit jungen Leuten unterwegs. Unbedingt ansehen solltest Du Dir Focus: Hocus Pocus 1973. Am Schluss die standing ovation der Zuhörer sind mehr als verdient.

Weshalb ich hier auf Focus zu sprechen komme? Schau Dir den Thijs van Leer von heute einmal an: fett und aufgedunsen, aber immer noch voller Power. Das 17-minütige Eruption sei Dir anempfohlen. Klingt ziemlich jazzig, hat aber nahe dem Ende ein starkes Flötensolo. Ich will van Leer nicht mit Ian Anderson vergleichen (da schneidet Anderson rein äußerlich viel besser ab). Aber auch er hat wie Anderson neue junge Musiker um ich gescharrt. Wenn Du mich jetzt fragst, von welchen der beiden ich mir durchaus gern ein Konzert anschauen und anhören möchte, dann wäre es Thijs van Leers Focus. Eigentlich wundert es mich heute, dass ich die Gruppe Focus so aus den Augen verlieren konnte. Dabei hatten die einige Stücke, die mir heute noch, wenn ich diese höre, eine Gänsehaut verursachen.

Ja, die Alemannia. Es sieht schlecht aus, aber noch ist nicht alles verloren. Leider war die Niederlage gegen Hertha BSC doch etwas unerwartet und auch ziemlich hoch. Werder Bremen hat der Sieg gegen die Aachener auch nicht viel gebracht. Ich glaube nicht, dass Werder noch Meister wird. Also ich drücke die Daumen für die Alemannia.

Ja, der Auftritt meines Großen mit seiner Schülerband war ganz in Ordnung – Beatles mit Punk-Einschlag! Es war so eine Art Ausscheidung wie bei DSDSS („Deutschland sucht …“); sie sind eine Runde weiter und üben jetzt kräftig ein neues Stück, es soll „Iron Man“ von „Black Sabbath“ werden.(deren Tony Iommi hatte sich ja auch einmal kurze Zeit als Nachfolger von Mick Abrahams bei Tull versucht, wurde dann aber sehr bald durch Martin Barre ersetzt). Das Stück ist nicht ganz so einfach. Schauen wir ’mal. Auf jeden Fall vielen Dank für Deine Gratulation.

Hast Du den Kommentar zu Andersons Augen- und Haarfarbe gelesen? Da scheint uns eine junge Dame nicht so ganz ernst zu nehmen. Wir wühlen uns da durch alle erdenklichen Videos und Fotos hindurch, teilweise mit Lupen oder sogar Mikroskopen, um unumstößlich die Farbe von Herrn Andersons Augen zu ermitteln (‚grün’), und da wird einfach salopp behauptet, die wären braun. Schlimmer noch bei den Haare! Ian Anderson mag wohl Schotte sein, aber so viele Rothaarige bzw. Rotblonde gibt es dort gar nicht (vielleicht in Irland, aber er ist kein Ire), wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Anderson ist dunkelblond – und dabei bleibe ich (Barriemore Barlow mag von mir aus rotblond sein). Wenn etwas rot ist, dann sind es die Videos, nämlich rotstichig bei all dem Scheinwerferlicht.

Viele Grüße an die überlebenden Kelten
Wilfried

05.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Der Bürger hat entschieden

Im ersten Bürgerentscheid, der heute in der Gemeinde Tostedt durchgeführt wurde, hat der Bürger entschieden und damit die Mehrheit im Gemeinderat, die für einen Verkehrkreisel im Ortsteil Todtglüsingen ist, überstimmt. Die alte Eiche bleibt also stehen.

Hier das vorläufige Endergebnis:

Vorläufiges Endergebnis Bürgerentscheid Tostedt 2007

Bildung, ein angefressener Bauch

Bildung ist wie ein angefressener Bauch. Es nützt nichts, sich einmal den Wanst voll zu schlagen, man muss ihn sich kontinuierlich mit vielen kleinen genussvollen Häppchen über lange Zeit regelrecht anfressen. Manchmal muss man dabei auch eher ungenießbare oder schwer verdauliche Kost schlucken. Um so schneller wächst der Bauch.

Es geht um Allgemeinbildung, weniger um Bildung als die geistige Formung eines Menschen, als die Verwirklichung seines Menschseins, seiner Humanität, obwohl das eigentlich Resultat des ersten sein sollte.

Aber wie interpretieren wir Bildung, Allgemeinbildung? Es hat viel mit Wissen zu tun! Was muss man also wissen, um im gesellschaftlichen Umgang als gebildet zu gelten? Dietrich Schwanitz hat in seinem Buch „Bildung – Alles, was man wissen muss“ versucht, darauf eine Antwort zu geben. Es ist ein Streifzug durch das moderne Wissen aus Geschichte, Literatur, Philosophie, Kunst und Musik, die seiner Meinung nach zu einem Bildungs-Kanon in Deutschland gehören sollte.

Dietrich Schwanitz. Bildung - Alles, was man wissen muss

Um es gleich klarzustellen: Wenn man das Buch von Schwanitz durchgeackert hat, ist man noch lange davon entfernt, gebildet zu sein. Sich einmal den Wanst voll schlagen hilft wenig. Aber es ist ein guter Gradmesser für den eigenen Bildungsstand, auch wenn die „listenhafte Zusammenstellung“ des Schwanitz’schen „Was-man-wissen-Muss“ sich nicht mit dem eigenen Wissensstand decken muss, ein Beispiel: Mehr als ein Drittel des Buchs widmet sich der sicherlich kurzweiligen und interessanten Bildungsreise durch die europäische Geschichte. Aber einerseits muss man nicht alle Geschichtsdaten daherbeten können, andererseits ist die Welt nicht Europa allein. Kritiker bemängelt, dass die Naturwissenschaften in dem Kanon fehlen. So schrieb Ernst Peter Fischer inzwischen als Ergänzung „Die andere Bildung“.

Wissen allein genügt natürlich nicht, um als gebildet zu gelten. Es gedarf eines Mindestmaßes an Intelligenz, um das Wissen richtig anzuwenden. Und ein Klecks Kreativität sollte auch nicht fehlen.

Die Stärke von Schwanitz’ Bildung liegt vor allem in den scharfzüngigen Anmerkungen zum Wissenschaftsbetrieb und zur „gepflegten Konversation“. Überhaupt ist der knapp 30 Seiten umfassende Beitrag zum Thema Sprache („Das Haus der Sprache“) sehr empfehlenswert zum Lesen und für viele durchaus lehrreich.

Etwas daneben finde ich aber folgendes Zitat, das man wohl auch als „Message“ des Buches ansehen muss: „Wer selbst ungern liest, sollte sich ernsthaft überlegen, ob es sich lohnt, diese Unwilligkeit zu überwinden, sonst bleiben ihm die Fleischtöpfe der Bildung ebenso verschlossen wie der Zugang zu den gehobenen Einkommen.“

Bildung um der Fleischtöpfe wegen ist auch nur eine halbe Bildung!

Mitmachen: Bürgerentscheid in Tostedt

Inzwischen wird die Politposse in Tostedt um den Verkehrskreisel im kleinen Zentrum Todtglüsingens, einem Ortsteil von Tostedt, bereits musikalisch begleitet. Thomas Krakowczyk, als Musiker unter dem Namen „Nat King Thomas“ bekannt und vor einem halben Jahr von Hamburg-Altona nach Königsmoor gezogen (die Schwiegereltern wohnen keine 100 m von der umstrittenen Kreuzung entfernt), nimmt den Ratsbeschluss für den Bau des Kreisel mit einem humorvoll-kritischen Lied aufs Korn. Siehe hierzu: Nat King Thomas bei myspace.com (Download des Liedes ist möglich)

Nat King Thomas in Todtglüsingen -Bürgerentscheid

Wie Nat King Thomas kann ich nur empfehlen, am Bürgerentscheid teilzunehmen. Also nicht vergessen: Am Sonntag, den 06. Mai, ist der Bürgerentscheid in Tostedt!

John Irving: Die vierte Hand

Dass an dieser Stelle (in meinem Weblog) bisher kein Sterbenswörtchen zu John Irving zu finden war, wundert mich selbst ein bisschen. Nicht, dass ich Irving für den größten aller Schriftsteller halte, davor kommen zunächst Franz Kafka (und dann erst einmal nichts), dann zeitgenössische Schriftsteller deutscher Zunge wie Martin Walser, Günter Grass usw. Aber bei Günter Grass ist man dann schnell bei John Irving, denn beide sind wohl nicht nur Freunde geworden, sondern Irving hat sich von Grass stark inspirieren lassen.

John Irving

Zunächst sollte ich an dieser Stelle einen Glückwunsch los werden: John Irving ist am 2. März 65 Jahre alt geworden, kommt also auch in die Jahre, was ihn aber nicht davon abhält, weiterhin seine Romane zu schreiben. 2002 erschien „Die vierte Hand“, mit 430 Seiten ein für Irving eher schmales Büchlein (dafür hat „Bis ich dich finde“ von Anfang 2006 sogar über 1100 Seiten), ein vom Inhalt her allgemein als schriftstellerische Talsohle empfundenes Werk.

Nachdem ich Irvings Werke wie „Garp – und wie er die Welt sah“, „Gottes Werk und Teufels Beitrag“, „Owen Meany“ und „Witwe für ein Jahr“ gelesen habe, muss ich mich diesem Urteil teilweise anschließen. Auch wenn es sich wieder um einen Entwicklungsroman handelt, wenn Irving sich durchaus gekonnt kritisch zum Fernsehjournalismus äußert, so schwächelt es ein wenig. Zunächst schrieb ich das der deutschen Übersetzung zu, aber auch im Original kann das Buch nicht völlig überzeugen. Vielleicht liegt es auch am Sujet, einer Handtransplantation.

Dem TV-Journalisten Patrick Wallingford wird anlässlich einer Reportage über einen indischen Zoo vor laufender Fernsehkamera von einem Löwen die linke Hand abgebissen. Ein Bostoner Handchirurg transplantiert ihm die Hand eines toten Bierfahrers, dessen Witwe ein Besuchsrecht bei der Hand verlangt. Und ein Kind!

Klingt merkwürdig. Aber so sind nun einmal die Romane von John Irving. Eigentlich geht es in dem Roman um Verlust, Trauer und um Sex, aber auch um Liebe. Der Protagonist, ein ziellos-unbekümmerter Don Juan, der sich von jeder Frau verführen lässt, entwickelt sich zu einem Mann, der sich ernsthaft um seine Liebe bemüht, plötzlich Verantwortung spürt und sich kritisch mit seiner beruflichen Tätigkeit auseinandersetzt. In seinen letzten Sendungen mahnt er Respekt vor den Opfern und die Wahrung der Privatsphäre beispielsweise der Hinterbliebenen an.

eine ausführliche Inhaltsangabe und Rezension bei TourLiteratur

Es gibt sicherlich bessere Werke von Irving. Aber wie die bereits genannten so macht auch dieser Irving süchtig. Sicherlich liegt es an den vielen skurrilen Typen, die er uns präsentiert, und der überbordenden Phantasie der Handlung.

1. Mai – Tag der Arbeit

Neben dem Tanz in den Mai (der 30. April ist auch die Walpurgisnacht) und der Tradition des Maibaumaufstellens ist der 1. Mai seit vielen Jahren der Tag der Arbeit, also der Tag, an dem die Arbeiterbewegung ihre Forderungen durch Demonstrationen bekräftigt. Statt Arbeiter setze man heute Arbeitnehmer.

In einer Gesellschaft, die sich als zivilisatorisch versteht, sollte jeder durch seinen Fähigkeiten entsprechende Arbeit den ihm angemessenen Lebensunterhalt bestreiten können. Dass das nicht immer selbstverständlich war und teilweise auch heute nicht ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.