Archiv für den Monat: August 2015

Stockender Start

Es kommt einem Déjà-vu gleich, der Start des SV Werder Bremen in die neue Fußball-Bundesliga-Saison: Wie in der letzten Saison verliert Werder sein Heimspiel gegen Schalke mit 0:3. Und im Spiel in Berlin gegen Hertha BSC reicht es nur zu einem Unentschieden. Immerhin. Da fürchtete ich gegen die Borussia aus Mönchengladbach auch ähnlich Schlimmes wie im Vorjahr. Aber die Bremer überzeugten mit einer kämpferischen Leistung und mit einem 2:1-Sieg gegen inzwischen eher verunsicherte Gladbacher (nach drei Niederlagen zum Start finden sie sich auf dem letzten Tabellenplatz wieder), wobei sich Felix Kroos noch den Luxus erlaubte, einen Elfmeter weit links neben das Tor zu setzen.

Vestergaard (SV Werder Bremen) bejubelt das 2:1 gegen Gladbach

Nun bei Werder hat sich in den letzten Wochen vor dem Saisonstart einiges getan. Nach dem frühzeitigen Wechsel von Davie Selke an den Brauseherstellerverein in Leipzig, packten auch Nils Petersen (jetzt mit festem Vertrag beim FC Freiburg in der 2. Liga) und Franco Di Santo, der sich zuletzt noch mit großen Worten zu Werder bekannte und dann in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu Schalke zog, die Koffer. Gleich drei Stürmer verließen die Weser. Wie gut, dass man mit dem Ex-Kölner Anthony Ujah schon einmal für Nachschub gesorgt hatte. Statt eines ‚Traumsturms‘ mit Ujah/Di Santo gibt es jetzt einen mit den Herren Ujah und dem US-Amerikaner mit isländischen Wurzeln, Aron Jóhannsson – beide 24 Jahre alt, beide zunehmend aufeinander eingespielt.

Mit Cédric Makiadi, eine Altlast aus Zeiten von Robin Dutt, Eljero Elia und Ludovic Obraniak ist Werder drei Spieler losgeworden, wenn auch ablösefrei, die die Erwartungen in sie nie erfüllt und nur viel Geld gekostet haben. Der sicherlich schmerzhafte Abgang von Sebastian Prödl wurde durch Ulisses Garcia und eigenem Nachwuchs (Jannik Vestergaard war ja schon zuvor zu Werder gekommen) kompensiert.

Nach dem stockenden Start mit Niederlage, dann Unentschieden und jetzt einem Sieg kommt die Länderspielpause gerade recht, bevor es am 13. September (wieder einem Sonntag) um 15 Uhr 30 gegen Hoffenheim geht, die auch alles andere als gewünscht gestartet sind.

Sollten die Zahlen halbwegs stimmen, dann hat Werder für neue Spieler 8,7 Millionen € ausgegeben, dafür das Doppelte (17,4 Mill. €) für Verkäufe eingenommen – erlöst somit 8,7 Millionen €, die den Schatzmeister freuen werden. Sportlich, so glaube ich, ist die Mannschaft nicht schlechter geworden. Obwohl man im DBF-Pokal gegen die Würzburger Kickers zwar alles andere als geglänzt hat, aber immerhin eine Runde weiter ist, so fließt auch hier noch einiges an Geld in Werders Kassen. Neben der sportlichen ist die finanzielle Konsolidierung des Vereins unumgänglich.

Das ist natürlich nichts gegen die Summen, mit denen die Bayern hantieren (rd. 86 Millionen € Ausgaben stehen 33,5 Millionen € Einnahmen gegenüber). Aber selbst das ist wenig gegen das, was die englische Premier League investiert. Da werden allein in einzelne Spieler ‚Unsummen‘ gesteckt (z.B. Kevin De Bruyne, Spieler des Jahres 2015 in Deutschland, geht für kolportierte 75 Millionen € von Wolfsburg zu Manchester City – ob er da wirklich glücklich wird, mag ich trotz der 20 Millionen €, die er als Jahresgehalt bekommen soll, zu bezweifeln). Und ein Hammer wäre es, wenn lt. Wild-Zeitung Louis van Gaal, Trainer von Manchester United, angeblich 330 Millionen € (mit allem Drum und Dran) für den Brasilianer Neymar locker machen will. Die Entartung des Fußballs wird nicht nur durch Funktionäre a la Blatter vorangetrieben.

Nach nur drei Spieltagen in der neuen Saison findet man wieder Dortmund und ‚natürlich‘ Bayern München an der Tabellenspitze. Überraschend gut verkauft haben sich bisher die Aufsteiger Ingolstadt und Darmstadt. Am Ende rangiert (siehe oben) neben Hannover und Stuttgart eben Mönchengladbach, die damit als Tabellendritter der letzten Saison einen klassischen Fehlstart hinlegen (wie gut für Werder). Verunsicherung macht sich breit. Zudem dürften es die Gladbacher auch in der Gruppenphase der Champions League nicht leicht haben. Mit Manchester City, Juventus Turin und dem FC Sevilla warten hochkarätige Gegner auf sie. Nach Top kommt der Flop?

Ums kommende Wochenende herum steht dann auch wieder die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 an. Für das deutsche Team geht es am Freitag gegen den Gruppenersten, Polen – und dann am Montag darauf in Schottland schon fast um Alles oder Nichts. Für mich interessant ist auf jeden Fall das Spiel Niederlande – Island am Donnerstag. Das Spiel wird live von RTL Nitro übertragen (Spielbeginn wie auch bei den Deutschland-Spielen: 20 Uhr 45). Für die Isländer drücke ich die Däumchen, damit sie es verdientermaßen zum ersten Mal zu einem großen Turnier schaffen!

Der Fußballwahnsinn ist also wieder voll im Gange.

Tilman Spreckelsen: Das Nordseegrab – ein Theodor-Storm-Krimi

Als ich mit meiner Frau aus unserem Kurzurlaub in Sizilien kommend am Koblenzer Hauptbahnhof Anfang Mai d.J. am sehr frühen Morgen auf unseren Zug nach Bremen warteten (der Bahnstreik war da noch im vollen Gange), hatten wir einige Zeit, um uns mit Frühstück und Lektüre zu versorgen. So kaufte meine Frau u.a. den Roman Das Nordseegrab: Ein Theodor-Storm-Krimi von Tilman Spreckelsen.

    Tilman Spreckelsen: Das Nordseegrab - ein Theodor-Storm-Krimi

Apropos Sizilien und Theodor Storm: Im August 2000 (also vor nun 15 Jahren) weilte ich mit Frau und beiden Söhnen anlässlich einer sizilianischen Hochzeit schon einmal auf der großen Mittelmeerinsel. Dort in Marina di Ragusa fand gerade ein Bouquinistenmarkt, ähnlich wie in Paris an der Seine, statt, also ein Markt mit alten Büchern. Bei meinem Faible für Bücher (auch besonders für alte Bücher) kamen wir nicht umhin, dort ein wenig zu stöbern. Und so fiel uns Theodor Storms Roman Der Schimmelreiter – in deutscher Sprache – in die Hände. Der ältere meiner beiden Söhne wollte das Buch unbedingt haben, vielleicht des Titels wegen. So kauften wir es. Die letzten Tage dort im Süden fanden wir unseren Sohn immer wieder hingebungsvoll im Buch lesend. Dazu muss gesagt werden: Sohnemann war damals gerade zehn Jahre alt.

Urlaubszeit ist, wie öfter an dieser Stelle gesagt, auch Lesezeit. Nachdem meine Frau dem Theodor-Storm-Krimi gelesen hatte, nahm ich ihn mir während meines diesjährigen Sommerurlaubs vor. Husum (vor Jahren habe ich dort einmal bei einer Radtour in der Jugendherberge übernachtet, bin auch sonst schon öfter durch die Stadt gekommen), Theodor Storm und ein Kriminalfall – ein Mix, der Spannung verspricht.

Husum 1843: Die Stadt ist in Aufregung. Ein Bottich voll Blut, darin eine Leiche, die sich als Wachspuppe erweist. Wenig später wird ein echter Toter gefunden. Der junge Anwalt Theodor Storm spürt dem Geheimnis nach, in alten Dorfkirchen und vor den Deichen Husums. Ihm und seinem Schreiber Peter Söt schlägt die ohnmächtige Wut armer Bauern entgegen und das arrogante Schweigen der Reichen. Bis er auf ein fast vergessenes Schiffsunglück stößt, auf eine alte Schuld und einen Mörder, der diese Schuld eintreiben will.
(aus dem Klappentext)

Husum und Umgebung im 19. Jahrhundert

Was die Nordsee sich holt, gibt sie nicht mehr frei. Aber ihre Opfer sind nicht vergessen. – Husum im Jahr 1843: Eine falsche Leiche und eine echte, ein Schiffsunglück, das keines war, und ein Mörder, der Rache will: der junge Anwalt und zukünftige Dichter Theodor Storm stößt zusammen mit seinem geheimnisvollen Schreiber Peter Söt auf Wut, Schweigen und eine alte Schuld.

Zum Autoren: Tilman Spreckelsen wurde 1967 in Kronberg/Ts. geboren. Er studierte Germanistik und Geschichte in Freiburg und arbeitet heute als Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Mit diesem Roman gewann er den Theodor-Storm-Preis 2014. Begründet wurde das wie folgt: „Subtiles, von Ideenreichtum funkelndes Fortschreiben von Storms erzählten Welten.“

Man merkt ziemlich schnell, dass Tilman Spreckelsen nicht unbedingt ein Autor von Kriminalromanen ist. Er macht den Fehler, den jeder Anfänger macht, der sich an Krimis wagt: Er trägt etwas zu dick auf. Damit verzettelt er sich ziemlich schnell. Auch gibt es ein Zuviel an auftretenden Personen, sodass man manchmal nicht weiß, von wem gerade die Rede ist. Nicht umsonst hat der Autor am Ende des Buchs eine dem Leser hilfreiche Liste der wichtigsten Personen angefügt:

Die wichtigsten Personen (S. 266 f.):

Heinrich Bandmann, Kaufmann aus Hamburg
Christian Ulrich Beccau, Untergerichtsadvocat
Peter Behrens, Gastwirt in Schwabstedt
Hinrich Bohn, Gemeinderat in Schwabstedt
Henning Brauer, Gemeinderat in Schwabstedt
Claus Clausen, Schreiber von Johann Casimir Storm
Johann Dames, Kaufmann aus Husum
Harro Feddersen, Primaner
Johann Fenner, Gastwirt
August Gläser, Apotheker
Bottilla Sophia Greol, Dienstmädchen
Peter Heyne, Kaufmann in Friedrichstadt
Sophia Heyne, seine Witwe
Thede Honnens, Trinker aus Mildstedt
Reinhard, Hermann Ludwig Karl von Kaup, Bürgermeister von Husum
Heinrich Friedrich Kramer, Landvogt in Husum
Hans von Krogh, Amtmann
Johann Kuhlmann, Arzt
Paul Lüdersen, Kaufmann in Husum
Hinrich Möllers, Kaufmann in Plön
Knut Petersen, Gemeinderat in Schwabstedt
Carl Ernst Schmidt, Vermieter von Storms Kanzleiräumen
Anton Setzer, Amtsverwalter
Hanne, Laura und Sophie Setzer, Töchter des Amtsverwalters Setzer
Peter Söt, Schreiber von Theodor Storm (und Ich-Erzähler)
Johann Steffens, Armenhäusler aus Schwabstedt
Johann Casimir Storm, Koogschreiber, Abgeordneter und Anwalt in Husum, Vater von Theodor und Helene Storm
Helene Storm, Theodors Schwester
Theodor Storm, Anwalt in Husum
Friedrich Johann Christian Tostensen, Pförtner im Schloss
Christian Vorlauf, Geisterseher in Schwabstedt

So ist das Buch in erster Linie eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert, denn Spreckelsen hat die Hintergründe der damaligen Zeit sehr genau recherchiert – oder wie es auf der Rückseite des Buchs steht: Historisch genau, atmosphärisch dicht, nordisch gut: Theodor Storm und sein Gehilfe ermitteln

Für einen echten Krimifan fehlt es natürlich an ‚Psychologie‘ in dem Roman. Nun geschehen Verbrechen hier meist aus der Not der Täter heraus. Und die reichen Kaufleute ähneln in ihrer Arroganz heutigen Industriellen. Aber etwas mehr Farbe, besonders bei der Person des Theodor Storm, hätte ich mir schon gewünscht. Er bleibt recht blass.

Trotzdem hat mir dieser Krimi sehr gut gefallen. Sicherlich hat es mit diesem ungewöhnlichen Mix (Historie, Storm, der Norden, Mord) zu tun. Und es kann ja nur noch besser werden. Spreckelsen plant einen zweiten Band mit Storm und seinem Gehilfen, dem Schreiber Peter Söt. Dieser soll zu Weihnachten spielen und sich um eine Mordserie um eine religiöse Sekte ranken.

Fragen an Tilman Spreckelsen:

In ‚Das Nordseegrab‘ geht es um ein Schiffsunglück, bei dem es nicht mit rechten Dingen zugeht, um ehrenwerte Kaufleute und betrogene Bauern. Wie haben Sie Atmosphäre und Alltagsdetails des 19. Jahrhunderts recherchiert? Gab es solche Mordfälle wirklich?

Die Details waren mir sehr wichtig: ich wollte wissen, was man 1843 in Husum für ein Stück Butter bezahlen musste, auf welchem Weg man von Storms Wohnung zum Hafen kam, welche Kartenspiele bei vornehmen und einfachen Leuten beliebt waren oder was in diesem Jahr die Attraktionen der Schausteller auf dem Pfingstmarkt der Stadt waren. Ich habe alte Reisebeschreibungen gelesen, juristische Texte, das damalige Husumer Wochenblatt, Storms Briefe … Ich habe die Häuser in Husum besucht, in denen Storm lebte oder seine Freunde traf. Und viele der Verbrechen, die ich schildere, haben so oder so ähnlich tatsächlich stattgefunden. Nur dass sie bei mir in einem größeren Zusammenhang stehen.

Theodor Storm kennt man als Dichter und Autor von ‚Der Schimmelreiter‘. Wie kamen Sie darauf, Storm als Ermittler zu entdecken?

Storm war Jurist und hat damit immerhin eine zehnköpfige Familie ernährt – das ist nur heute wenig bekannt. Ich wollte mir vorstellen, wie er als junger Anwalt – noch ohne Familie – nach dem Studium wieder nach Husum zurückkehr, manchmal einen Mandanten betreut, einen Chor gründet, sich verliebt und sonst ziemlich in den Tag hinein lebt, immer ein bisschen unter der Fuchtel seines erfolgreichen Vaters. Und dann plötzlich tief in einem Fall steckt, ohne es richtig zu merken.

Ihr Kriminalroman spielt an der Nordseeküste in Husum. Was hat Sie an diesem Landstrich gereizt, was ist das Besondere an dieser Gegend?

Der Himmel, das Meer, Husums wundervolle Altstadt … Da ist vieles noch so wie zur Zeit Theodor Storms. Ganz spannend ist, wie sich dort die Grenze zwischen Land und See immer wieder verschoben hat und noch heute verschiebt. Wer vor Husum bei Ebbe durchs Watt läuft, hat unter den Füßen eine versunkene Welt. All die alten Dörfer mit ihren Kirchen, Häusern, Brunnen und Äcker, die sich das Meer geholt hat! Wahrscheinlich muss man wie Storm in einer solchen Landschaft leben, um den >Schimmelreiter< zu schreiben.

Wieder zurück …

Mit einem „Wie schön, dass Sie wieder da sind …!“ wurde ich heute auf der Arbeit empfangen. Auf solche Schmeicheleien kann ich gut verzichten. Dafür hätte ich gern noch einige Tage mehr Urlaub. Aber bekanntlich hat alles ein Ende („… nur die Wurst …“). Und so hat mich nach 26 freien Tagen die Arbeit wieder (und ich vor allem sie). Schön, wie sich da die unerledigten Sachen gestapelt haben. Und kam in der Tür, da klingelte auch schon das Telefon.

Aber so bin ich auch HIER wieder zurück, denn während meines Urlaubs habe ich mir erlaubt, auch mein Blog stille stehen zu lassen. Dafür hat sich natürlich einiges an Material angesammelt. Urlaubstage sind für mich nämlich Lesetage. Und zu dem einen oder anderen Buch lässt sich sicherlich noch etwas sagen (es war allerdings viel leichtere Kost dabei).

Urlaub und Wetter sind wie siamesische Zwillingen. Das eine geht nur mit dem anderen. Ist das Wetter mau, dann ist es eigentlich auch der Urlaub. Wie schon früh befürchtet, so zeigt sich dieser Sommer nach wie vor durch und durch wechselhaft. Immerhin: Außer von der einen großen Hitzewelle Anfang Juli wurden wir hier im Norden von weiteren Rekordtemperaturen weitgehend verschont.

Blickt man auf die Temperaturen der letzten 26 Tage (meine Urlaubstage), dann bewegte sich diese meist zwischen 20 und 25 ° C, also durchaus im sommerlichen Rahmen.

Wetter Tostedt 31.07. – 25.08.2015: Lufttemperatur

Aber schon ein Blick auf den Luftdruck dieser Tage lässt erahnen, dass es ein ziemliches Auf und Ab im Wettergeschehen gab.

Wetter Tostedt 31.07. – 25.08.2015: Luftdruck

Im Schnitt jeden zweiten Tag gab es Regen. Mehr als zwei schöne Tage am Stück gab es die ganze Zeit nicht. Spätestens am dritten Sonnentag wurde es schwül-drückend. Am Abend ‚krachte‘ es dann.

Wetter Tostedt 31.07. – 25.08.2015: Niederschlag

(Quelle: webs.idu.de/wetter)

Ob’s ein Trost ist? Ich telefonierte gestern mit Bekannten in Sizilien. Und auch dort, wo der Juli samt dem August immer ein gleichmäßig sonniges Wetter bietet, war es in den letzten Wochen wechselhaft, sogar mit Gewittern.

Und im ähnlichen Maße soll es weitergehen. Bald schon winkt dann auch der Herbst. Aber eines nach dem anderen …