Leider hat der Getränkehändler meines Vertrauens seit geraumer Zeit geschlossen. Er ist in Rente gegangen, was ihm gegönnt sei, und hat keinen Nachfolger gefunden. So muss ich ‚ausweichen‘ und kaufe (wenn ich nicht gerade in Hamburg shoopingmäßig unterwegs bin) bei einen Getränkemarkt namens HOL‘AB ein, der in meinem Wohnort eine Filiale betreibt. Dieser muss einen guten Draht zum Frankenland haben, denn das Angebot an fränkischen Bieren ist überraschend groß. Franken ist neben dem Wein für sein Bier bekannt. Der Bezirk Oberfranken besitzt die höchste Brauereidichte Deutschlands und der ganzen Welt. In Franken befinden sich daher die meisten Brauereien Bayerns, die meisten Brauereien sind jedoch klein.
Da ich (und seit Neuestem auch wieder meine Frau) gern dunkle Biere bevorzuge, da tut sich hier ein hopfig-malziges Getränkeparadies auf. Einige dieser Biere möchte ich Euch heute vorstellen. Alle stammen aus kleinen Brauereien, die teilweise über Generationen in Familienbesitz sind. Hier die ersten vier dunklen Biere aus Franken:
Vier dunkle Biere aus Franken (1)
1. Vollbier der Brauerei Meister aus Unterzaunsbach/Franken – 4,9 % Vol.
Heute muss eine Brauerei über ein breites Sortiment verfügen, um auf dem Markt zu bestehen. Muss? Der Brauerei Meister genügt ein Bier, das zudem nicht auf einen wohltönenden Namen hört, sondern schlicht nur Vollbier heißt. Wie der Titel dieses Artikels besagt: ein dunkles Vollbier! Die Brauerei ist klein, aber fein. Und das Bier ist kastanienbraun und leicht trüb. Der Schaum hingegen weiß und feinporig. Man riecht viel Malz. Im Antrunk ist es ebenfalls malzig. Das Mundgefühl erkennt einen vollmundigen, würzigen Körper, dazu Malz und Karamell. Im Abgang dann hopfig herb und noch ganz leichte Malzsüße als Unterlage. Was soll ich sagen: Dieses Bier ist ganz nach meinem Geschmack. Hopfen und Malz sind in wunderbarer Balance. Nicht zu süß und nicht zu herb. Süffig wird das wohl genannt.
2. Braunbier Schinner aus Franken – 5,4 % Vol.
Eigentlich ist die Bezeichnung Braunbier (Bier nur aus Gerste) nur zur Unterscheidung zu Weißbier (gebraut aus Weizen und Gerste) in Gebrauch. Hier dürfte aber auch die Farbe eine gewisse Rolle spielen. „Himmel, welch ein Bier!“ urteilte bereits Ende des 18. Jahrhunderts der Dichter Jean Paul (in diesem Blog auch schon öfter zu finden) über dieses köstliche, fränkische Braunbier. Erfrischende Kaffeenoten, die leicht ausgehopft sind, machen einem leichten Karamellgeschmack Platz. Die malzige Spritzigkeit spielt im Körper eine leichte Obstung in Richtung Pflaume/Aprikose an. Jean Pauls Anrufung des Himmels ist berechtigt!
3. Weißenoher Bonifatius Dunkel – 5,1 % Vol.
Eigentlich weiß ich gar nicht, welches der hier aufgeführten Biere mir das liebste sein soll. Alle schmecken mir, der dunkle, malzige Biere liebt, ausgesprochen gut. Dieses dunkle Bier ragt vielleicht millimeterweise hervor. Es ist (wie die anderen) ein kräftiges, aber süffiges dunkles Landbier – Kräftig im Trunk mit angemessener Bittere und einem angenehmen Röstaroma. Farblich ist es ein wahrer Augenschmaus: tiefbraun mit deutlich erkennbarem Rubinstich im Gegenlicht. Der hellbraune Schaum ist üppig, sehr feinporig und hält sich lang. Erwartungsgemäß schmecke ich sattes Malz, das allerdings durch intensive Röstmalznoten bereichert wird, die in Richtung Kaffee gehen und leichte Aromen von Lakritz aufweisen. Der Antrunk ist leicht säuerlich und ebenfalls mit einer ausgeprägten Röstnote versehen Die Einflüsse von Kaffee und Schokolade sind markant, dazu ein paar Sprenkel Dörrobst. Zum rundum gelungen Gesamtbild passt auch die angenehm dosierte Rezenz. Der Abgang ist unheimlich lang, noch nach Minuten hat man diese ausgeprägte Röstnote am Gaumen. Also mir schmeckt so ein Bier!
4. Krug-Bräu dunkles Lager – 5,0 % Vol.
Zuletzt noch ein weiteres ganz bodenständiges Bier. Wie gesagt: In Franken gibt es viele kleine Brauereien. Und so hört auch zu dieser Brauerei in Waischenfeld in Oberfranken ein Gasthof mit preiswerten Zimmern (und einem reichhaltigen Frühstück). Grad ein Bier am Morgen muss es dann vielleicht doch noch nicht sein. Dieses Bier hat eine braune Farbe, die braunrötlich im Licht schimmert, und ist vollmundig, würzig, kernig malzig mit einer dezenten Süße: Röstmalziger Geruch legt Noten von dunkler Bitterschokolade frei. Milder und malziger Antrunk mit leichter Süße und mit Noten von Karamell. Würze und röstmalzige Noten von dunkler Bitterschokolade und Kaffee im Mittelteil. Hopfenherbe entwickelt sich zum Abgang hin. Der Nachgeschmack ist zuerst malzig mit leichter Süße und mit Noten von Karamell, dann würzig und röstmalzig mit Noten von dunkler Bitterschokolade und Kaffee und zum Ende hin hopfigherb, bitter und leicht röstig-säuerlich.
So kann (und wird) es weitergehen. Demnächst komme ich zu Hirschentrunk, Pilgerstoff und Nothelfer. Auch Rauchbiere werden dabei sein. Lasst Euch überraschen.