Gestern sah ich auf 3SAT in der Sendung Kulturzeit einen Bericht über Aron Ralston, einem jungen Extrembergsteiger, der ein Buch veröffentlichte, das jetzt auch auf deutsch erschienen ist („Im Canyon – Fünf Tage und Nächte bis zur schwierigsten Entscheidung meines Lebens“ (Ullstein) – englischer Titel: Between a Rock and a Hard Place) und in dem er seine unglaubliche Geschichte erzählt, die im Frühjahr 2003 weltweit durch die Medien ging:
Im Jahr 2003 stand der damals 27-jährige Aron Ralston vor einer schier unmenschlichen Entscheidung: Überleben oder sich selbst den Arm amputieren. Bei einer Bergtour im Blue John Canyon im amerikanischen Utah klemmte ein herabstürzender, 400 Kilogramm schwerer Felsbrocken seine rechte Hand ein. Nachdem fünf Tage und Nächte vergangen sind und die Hoffnung auf eine glückliche Rettung schwindet, beginnt die Hand abzusterben. Den sicheren Tod vor Augen greift Aron Ralston zu einer extremen Maßnahme: Er amputiert sich selbst mit einem einfachen Camping-Taschenmesser den eigenen Unterarm. Nur einen kleinen Fehler hatte der erfahrene Bergsteiger bei seiner verhängnisvollen Klettertour gemacht: Er hinterließ entgegen aller sonstigen Gewohnheiten keine Nachricht, wohin sein 3-Tages-Ausflug führen sollte. Keiner wusste also, wo er war und wo nach ihm zu suchen war, als er nach einigen Tagen nicht zur Arbeit erschien. Das Messer, mit dem sich Aron Ralston schließlich den Arm abschnitt, war so stumpf, dass es zunächst nicht einmal seine Haut ritzte. Dennoch bezwang er seine Schmerzen, befreite sich aus der Falle, legte einen Druckverband an und seilte sich einhändig ab. Danach lief er 10 km, bis er endlich auf jemanden traf, der den Rettungshubschrauber rief. Aron Ralston hat 18 Kilogramm Gewicht und über die Hälfte seines Blutes verloren, zwei Jahre nach dem Unglück geht er mit einer Spezialprothese trotzdem wieder seiner größten Leidenschaft nach: dem Bergsteigen.
Was muss in einem vorgehen, wenn man sich in einer solch schier aussichtlos scheinenden Situation befindet? Zu welchem Lebenswillen ist man plötzlich fähig? Fragen, die man sich erst beantworten kann, wenn man eine solche Situation erlebt hat. Aron Ralston beschreibt es in der TV-Sendung als das größte Erlebnis, das er bisher hatte, und sein jetziges Leben als ein ganz neues. Um den Verlust des halben Armes ist es ihm nicht Leid. Dafür hat es etwas ‚erlebt‘, das in dieser Art keinem anderen so schnell widerfährt. Hoffen wir nur, dass nicht eines Tages viele Armamputierte durch die Gegend laufen. Ich brauche einen solchen ‚Kick‘ sicher nicht und wäre nur heilfroh, ähnlich ungeschoren davongekommen zu sein.
Allerdings bräuchte manch einer eine dieser Erfahrungen an der Grenze der eigenen Leistungsfähigkeit, um sich selbst, aber auch andere besser verstehen zu lernen. Nur so extrem muss diese Grenzsituation wirklich nicht sein.
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