Fantasy, Gothic, alte Mythen und auch Sagen aus dem Mittelalter – immer wieder erleben sie eine Renaissance, so auch heute – allerdings im neuen Gewand als Computerspiel; z.B. World of Warcraft, das zigtausende Internet-Spieler weltwelt gefunden hat.
Da weckt ein Buch, das vor immerhin 90 Jahren geschrieben (1915) wurde, weniger Interesse: Der Golem von Gustav Meyrink. Ich habe mir nach über 20 Jahren das Buch erneut vorgenommen und gelesen. Der Golem, der sagenumwobene künstliche Mensch aus Ton, der durch Zaubersprüche durch den Prager Rabbi Löw ben Bazalel in Jahre 1580 belebt wurde und durch die Gassen des alten Judenviertels taperte, er spielt in diesem Buch eigentlich keine Rolle. Es sind die Menschen, die entseelt durch die Gassen eines Prags um das Jahr 1885 geistern:
< < ... so müßten auch ... alle diese Menschen entseelt in einem Augenblick zusammenfallen, löschte man irgendeinen winzigen Begriff, ein nebensächliches Streben, vielleicht eine zwecklose Gewohnheit bei dem einen, bei einem andern gar nur ein dumpfes Warten auf etwas gänzlich Unbestimmtes, Haltloses - in ihrem Hirn aus. >>>
(S. 33 Ausgabe: Ullstein Buch Nr. 20140 August 1981)
< < Wenn die Menschen aufstehen von ihren Lagerstätten, so wähnen sie, sie hätten den Schlaf abgeschüttelt, und wissen nicht, daß sie ihren Sinnen zum Opfer fallen und die Beute eines neuen, viel tieferen Schlafes werden ... >>>
(S. 80 Ausgabe: Ullstein Buch Nr. 20140 August 1981)
Liest man das Buch, so wird man an E.T.A. Hoffman oder Edgar A. Poe erinnert. Vieles lässt aber in seiner Dunkelheit auch an Franz Kafka denken, dessen Werk ohne die Stadt Prag nicht denkbar wäre. Und wie bei Kafka gehen auch bei Meyrink Realität und Überwirklichkeit ineinander über.
Am Ende kommt eine spannende Geschichte heraus, der auch eine gehörige Portion Erotik nicht fehlt, wenn diese wie die Handlung selbst auch im Nebulösen verschwimmt.