Keine Angst, ich habe nicht vor, mit Berichten über geistig abgetretene Menschen eine neue Serie zu beginnen (siehe meine Beiträge über Peter Green und Bobby Fischer), auch wenn mich solche Menschen und die Beweg- und Hintergründe interessieren, die diese Menschen haben werden lassen, was sie geworden sind. Tom Cruise halte ich für einen völlig belanglosen Menschen. Ich habe einige Filme mit ihm gesehen. Seine schauspielerischen Leistungen erschienen mir dabei eher durchschnittlich. Wenn, dann interessiere ich mich für ihn aus etwas anderen Gründen:
Tom Cruise, der US-Schauspieler, ist bekannt für seine Mitgliedschaft in der umstrittenen Sekte Scientology. Besonders sein Auftritt als deutschen Widerstandskämpfers Claus Schenk Graf von Stauffenberg in dem Film „Valkyrie“ (Walküre) sorgte für Aussehen, da u.a. befürchtet wurde, dass es in dem Film zu einer unangemessenen Interpretation des Attentatsversuchs Stauffenbergs auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 kommen könnte.
In diesen Tagen erschien nun eine Tom Cruise-Biografie von Andrew Morton: „Tom Cruise: Der Star und die Scientology-Verschwörung“. München: Droemer Verlag. 2008.
Nun Andrew Morton ist bekannt als Autor skandalträchtiger Bücher u.a. über die Prinzessin von Wales, Diana, und Monica Lewinsky, der wohl ‚bekanntesten’ Praktikantin des Weißen Hauses. Von daher ist die Tom Cruise-Biografie sicherlich mit Vorsicht zu genießen. Wie der Titel schon verrät, handelt es sich auch um eine Abrechnung mit Scientology. Morton bewegt sich mit seinem Buch viel im Raum der Spekulation; so hat er mit Dutzenden Aussteigern auf der ganzen Welt gesprochen und mit Noch-Mitgliedern, er hat Schulfreunde von Cruise befragt, Ex-Freundinnen und deren Familien.
Für Morton ist die Inszenierung von Cruise, seiner Frau Katie Holmes und der kleinen Suri, der gemeinsamen Tochter, als Heilige Familie der Höhepunkt von Cruises Karriere bei der Psycho-Sekte, wo er „de facto und informell die Nummer zwei ist, eingebunden in alle Aspekte der Planung und Strategie“. Auch sein eigenes Leben sei perfekt geplant. Was auch immer Cruise redet, wie und wo er auftritt, seine Filmrollen ebenso wie sein Privatleben, seien darauf ausgerichtet, seinen Glauben auszubreiten: Der Messias ist auch der erste Missionar seiner Sekte. Besonders Europa und Deutschland seien im Visier des „Operierenden Thetans VII“.
Tom Cruise – die Nummer zwei von Scientology?
Psycho-Sekten wurden besonders in den 90er Jahren kontrovers diskutiert. Auch ich bekam damals (oder schon früher) auf offener Straße ein Heftchen mit dem Titel „Dianetik“, verfasst vom Scientology-Gründer L. Ron Hubbard, in die Hand gedrückt.
Ich weiß nicht, was an der Ideologie bzw. Lehre einer solchen Bewegung so faszinierend ist. Ich finde diese und die Praktiken von Scientology auf jeden Fall ziemlich obskur. Es ist eine Mischung aus Religion mit pseudo-wissenschaftlicher Argumentation. Und dass so etwas aus den USA kommt, wundert mich dabei nicht. Der Zauber liegt wohl darin, dass die Mitglieder den Status von „höheren“ Wesen erlangen können, wofür man manchen Psycho-Terror in Kauf nimmt.
Ob nun Tom Cruise selbst Opfer oder Täter von Scientology ist (aus Opfern werden schnell Täter), spielt keine größere Rolle. Und ob er die Nummer zwei oder drei ist, auch nicht. Ich denke aber, dass er als prominenter Filmstar seinen Bekanntheitsgrad entsprechend ausnutzt und so als Botschafter besonders in Europa auftritt. So soll er auftreten. Er sollte aber auch erkennen, dass wir solcher Messiasse nicht bedürfen. Schicken wir ihn in die Wüste, wohin ein solch selbst Gesalbter hingehört.
Wie gesagt: Tom Cruise ist für mich eher belanglos und durchschnittlich. Aber als Rattenfänger für eine fragwürdige Sekte ist er gefährlich für solche, die nicht im Stande sind, ihrem Leben einen gewissen Sinn zu geben. Von daher kann ich es nachvollziehen, wenn Scientology wie z.B. rechtsextreme Gruppierungen vom Verfassungsschutz überwacht werden.
Siehe auch Interview des New Yorker ZDF-Korrespondenten Uwe Kröger mit Andrew Morton: Abrechnung mit Scientology