Kintopp – Teil 6: Wolfgang Kieling

Meine Eltern hatten früher eine kleine Ferienwohnung an der Costa del Sol in dem ehemaligen Fischerdorf Torre del Mar. Dort hatte sich auch der Schauspieler Wolfgang Kieling eine Ferienwohnung zugelegt. So kam es, dass meine Eltern öfter einmal auf der Straße dem Herrn Kieling begegneten; sicherlich grüßte man sich. Mehr aber nicht. Mein Vater respektierte die schauspielerische Leistung des Mimen, aber weniger seine politischen Ansichten, wenn sich diese auch mit den Jahren gewandelt haben mögen. Dazu später etwas mehr.

Wolfgang Kieling war in den 60-er Jahren ein in Deutschland angesehener Schauspieler, der es auch zu einem Kurzeinsatz in einem Film von Alfred Hitchcock brachte. Zusammen mit Paul Newman, Julie Andrews und den anderen deutschen Schauspielern Hansjörg Felmy und Günter Strack spielte er in „Der zerrissene Vorhang“ von 1966 eine kleine Rolle. Der Film selbst zählt sicherlich nicht zu den besten Filmen von Hitchcock (der kalter Krieg ist Ausgangspunkt der Handlung). Eine bemerkenswerte Szene jedoch ist diejenige, in der Stasi-Mann Gromek (gespielt von Wolfgang Kieling) ermordet wird: Hitchcock wollte nach eigenen Aussagen zeigen, dass es nicht immer so einfach ist, einen Menschen umzubringen, wie im Film häufig dargestellt. So wird auf Gromek mit einem Messer eingestochen (die Klinge bricht ab), eingeschlagen, er wird gewürgt und schließlich im Gasofen erstickt.

Ich habe Wolfgang Kieling in meiner Kinder- und Jugendzeit häufiger im Fernsehen gesehen. Besonders beeindruckt hat mich sein Spiel in dem Shakespeare-Drama König Richard III, in dem er die Titelrolle spielte (TV-Produktion in S/W 1964) . Er stellte Richard, der von Natur aus hässlich und missgebildet war, als Spastiker dar. Im gleichen Jahr konnte man Kieling auch in Dürrenmatts Die Physiker sehen.

Kieling spielte also durchaus anspruchsvolle Rollen. So erhielt er u.a. 1968 die Auszeichnung mit dem Bundesfilmpreis. Diese versteigerte er dann zugunsten des Vietcong im Zeichen des Vietnamkriegs. Nach einer Umsiedlung von 1968 bis 1970 nach Ostberlin kehrte er wieder nach Westdeutschland zurück. Kieling hatte gegen die politische Situation im Westen, insbesondere auch gegen den Vietnamkrieg der Amerikaner, ein Zeichen setzen wollen, sich aber schließlich nicht in der Lage gesehen, sich in die ostdeutsche Gesellschaft einzufinden.

In den Westen zurückgekehrt wurde es merklich ruhiger um den Schauspieler. Im Fernsehen sah man ihn meist nur noch in Serien (z.B. Schwarzwaldklinik, Traumschiff, Der Alte und Derrik). Außerdem arbeitete er dank seiner markanten Stimme viel als Synchronsprecher für verschiedene englische und hauptsächlich US-amerikanische Schauspieler. Seine Stimme dürften den meisten durch die Kindersendung Sesamstraße bekannt sein, dort sprach er den Bert (von Ernie und Bert).

Für mich zählt Wolfgang Kieling zu den hervorragenden Schauspielern deutscher Sprache, der heute völlig in Vergessenheit geraten ist. Sein Sohn Florian Martens ist wohl auch ein bekannter Schauspieler.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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