Boykott der Olympischen Spiele in Peking 2008?

Drehen wir die Uhr zurück und ändern unseren Standort: Es ist 1936 und wir leben in einer Demokratie, die der unseren von heute gleichkommt. Die Olympischen Spiele wurden an ein Land vergeben, in dem eine Diktatur herrscht, die im Inneren jegliche Opposition unterdrückt: Deutschland – Berlin 1936.

Wäre es angebracht, an Olympischen Spielen in einem Land teilzunehmen, das später große Teile Europas annektiert? Von Völkermord und Krieg ganz zu schweigen! Sicherlich nicht!

Fesselnde Spiele ...

Die Olympischen Spiele 2008 hätten nie und nimmer an Peking vergeben werden dürfen. Darin sind sich viele inzwischen einig. Jetzt finden sie dort aber statt und sollen es auch.

Vielleicht hinkt der Vergleich mit Berlin 1936, trotzdem gibt es viele Parallelen. Auch wenn sich die Machthaber in China Kommunisten nennen, eigentlich bilden sie eine links-faschistische Diktator. Der Propagandaapparat ist gewaltig und wird für eine einseitige Berichterstattung genutzt. Geschickt werden Proteste selbst bei Live-Übertragungen herausgefiltert (die Übertragungen erfolgen zeitversetzt und erlaube so das Einblenden ‚neutraler’ Bilder, wenn eigentlich Bilder von Protesten zu sehen sind).

Und so soll und wird die Olympiade zu einem Werkzeug chinesischer Agitation. Werte und Ideale, auf die sich Olympia beruft, werden einfach ignoriert. Es geht nicht um die Einhaltung von Menschenrechten. Es geht lediglich darum, China in einem Licht erstrahlen zu lassen, wie es sich die Herrschenden vorstellen, das aber nicht der Wirklichkeit entspricht. Wie in Berlin 1936.

Wie passt z.B. der olympische Frieden zu der Meldung, dass ein Schiff aus China mit 77 Tonnen Waffen und Munition (drei Millionen Schuss Kalaschnikow-Munition, Granaten und Panzerabwehr-Raketen) an Bord nach Simbabwe unterwegs ist. Auch wenn das Simbabwe eines Robert Mugabe enger Verbündeter Chinas ist, so sollte es sich aus den inneren ‚Angelegenheiten’ eines anderen Landes heraushalten. Schließlich verbietet sich Peking ja auch jede Einmischung ausländischer Staaten im Tibet-Konflikt, Tibet, ein Land, das von China annektiert wurde.

Es spricht vieles für einen Boykott der Spiele in Peking. Da mögen deutsche Wirtschaftsführer (wie Jürgen Hambrecht, Vorstandsvorsitzender von BASF) behaupten, dass „China ist auf dem richtigen Weg“ sei: Das Land verändere sich zu mehr Wohlstand, zu mehr Einkommen und auch zu mehr Rechten. Ich meine: Mehr Wohlstand bedeutet nicht gleichzeitig ein Mehr an Menschenrechten. Auch unter Hitler gab es Wohlstand.

Zurecht warnt Herr Hambrecht vor negativen Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft in China, wohl besonders für BASF: BASF in einer der größten Investoren in China. Nachtigall ick hör dir trapsen, wie der Berliner sagt. Was kümmern Wirtschaftsbosse wie Hambrecht Menschenrechte, Hauptsache ist, der Profil stimmt. Aber auch das kann sich ändern, Herr Hambrecht: Wenn die Chinesen dank Industriespionage und dergl. erst einmal über das benötigte Know-how verfügen, wird man die ‚Hilfe’ westlicher Staaten nicht mehr gebrauchen.

Olympia in Ketten: Peking 2008

Ein Argument, das für den Dialog mit Peking spricht, ist der Hinweis darauf, dass die jetzige Führung als gemäßigt zu gelten habe. Die Olympischen Spiele wurden sicherlich auch deshalb nach Peking vergeben, um diese Reformkräfte zu unterstützen. Denn hinter der Führung warten anscheinend nur die richtigen Hardliner, die dem ganzen Spuk der Westorientierung (einschließlich Olympia) am liebsten schnell ein Ende bereiten möchten.

Nur welche Reformen sind das, die jetzt auch mit Olympia unterstützt werden? Es sind wirtschaftliche Erfolge, die China ohne Zweifel aufzuweisen hat. Aber dient das wirklich den Menschen in China (und Tibet)? Verbergen sich dahinter nicht Machtgelüste, die ohne Rücksichten China zur Weltmacht, am Ende zur einzigsten Weltmacht erheben wollen? Solange die so genannten Reformer Erfolge vorweisen können, werden die Hardliner im Hintergrund bleiben.

Was also tun? Boykott der Spiele – ja oder nein? Ich plädiere für einen Boykott. Aber im Grunde spielt das keine Rolle. Die Führung in China wird so oder so ihren rigorosen Kurs beibehalten, ob nun mit Spielen oder nicht. Bei einem Boykott müssten sich allerdings die Machthaber in Peking einiges einfallen lassen, um ihren Bürgern zu vermitteln, dass Sportler aus demokratischen Staaten nicht angetreten sind. Sollte da den Menschen in China vielleicht klar werden, dass sie nicht nur in Sachen Olympia hinters Licht geführt werden?

So oder so: Die Olympischen Spiele 2008 sind bereits jetzt eine Farce. Der Fackellauf verkommt zum Spießrutenlauf! Hoffen wir nur, dass die Spiele selbst nicht – in welcher Form auch immer – entgleisen!

Siehe zdf.de: Peking 2008 – Proteste und Spiele

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

2 Gedanken zu „Boykott der Olympischen Spiele in Peking 2008?

  1. Der Vergleich zu Berlin ’36 hinkt auf beiden Beinen: Erstens wurde Olympia damals an die Weimarer Republik vergeben. Und zweitens verstieß Deutschland damals nicht gegen die Grundvoraussetzung der Olympischen Charta (der einzigen politischen Grundvoraussetzung): das Friede im Land herrsche. Die Auslegung ist grenzwertig, denn es gab ja schon deutliche Repressionen gegen ehtnische Minderheiten und die politische Opposition: der Konflikt war aber nicht regional besetzt.

    Ich sage das, weil ich der festen Überzeugung bin, dass der Vergleich Berlin 36 Peking 08 relativierend ist. Und so sehr ich für zumindest die Androhung eines Protestes der Spiele bin, so wenig hilfreich finde ich es, Peking immer wieder über die Nazi-Spiele zu brechen.

  2. Es ist richtig, dass die Olympischen Spiele 1936 an die Weimarer Republik vergeben worden. Die Entscheidung für Berlin wurde im Mai 1931 getroffen, also zu einer Zeit, als der „politische Wandel“ zwar noch nicht vollzogen, aber durchaus erkennbar wurde. Und zum Boykott wurde damals in ähnlicher Weise aufgerufen wie heute zu den Spielen in Peking. Trotzdem hinkt natürlich mein Vergleich Berlin-Peking: Die Nationalsozialisten hatten noch keine anderen Länder annektiert wie China es mit Tibet vor über 50 Jahren getan hat.

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