Bot die Vorrunde noch wirklich ansehnlichen Fußball, so beherrschte taktisches Geplänkel das Viertelfinale bei der Fußball-Europameisterschaft 2008. Die größte Enttäuschung: Der „Europameister der Vorrunde“, die Niederlande. Der Mannschaft war über Nacht jeder Mut zum Risiko, jeder Spielwitz und jegliches Selbstvertrauen abhanden gekommen. So gewann ein junges, unbekümmert aufspielendes russisches Team völlig verdient gegen die Holländer.
Und mit einer taktischen Meisterleistung, allerdings auch mit einer spielerisch guten Vorstellung, konnte eine deutsche Elf den Mitfavoriten Portugal schlagen, der ebenfalls nicht an die Leistung der Vorrunde anknüpfen konnte.
Fußball zum Abgewöhnen boten dagegen Kroatien gegen die Türkei. Sicherlich muss man den Türken zugute halten, bis zuletzt gekämpft zu haben, wenn es auch mehr Krampf als Kampf war, was da geboten wurde. Dieses Hin- und Hergeschiebe des runden Spielgeräts im Mittelfeld konnte keinen aus dem Sessel reißen. Nach 90 Minuten habe ich das Fernsehgerät ausgeschaltet. Mir fielen die Augen zu. Mein jüngerer Sohn war bereits eingeschlafen …. Ähnliches dann auch beim Spiel Spanien gegen Italien. Als hätte ich es geahnt, habe ich es mir geschenkt, das Spiel anzuschauen (ich schlafe lieber in meinem Bett als auf der Couch vor dem Fernseher).
Ungewöhnlich dabei das Ausscheiden der hoch gehandelten Favoriten. Es mag ja sein, dass die OK-Runde andere Gesetzen hat als die Vorrunde. Aber wer seine Spielweise auf taktische Mätzchen reduziert, muss fürchten, auf der Verliererstraße zu landen.
Deutschland spielt jetzt also im Halbfinale gegen die Türkei. Sicherlich hat der deutsche Bundestrainer Recht, wenn er meint, die Türken wären unberechenbar und gefährlich. Wer aber nichts wagt, der kann auch nichts gewinnen. Ähnlich wie gegen Portugal muss die deutsche Mannschaft daher couragiert auftreten, das Heft in die Hand nehmen und nach vorn spielen. Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung. Also, Herr Löw, keine taktisches Sperenzien. Wohin das führt, haben wir im Viertelfinale zuhauf gesehen. Und aufgepasst bis zur letzten Spielsekunde: Die Türken (bei deren Glück) sind immer noch für ein Tor kurz vor Toresschluss gut!
Im 2. Halbfinale trifft Russland erneut auf Spanien. Das Spiel dürfte anders als in der Vorrunde (4:1 für Spanien) ausgehen. Die jungen Russen haben Mut gefasst und werden es den Spaniern nicht noch einmal so einfach machen.
Da meine Viertelfinal-Tipps völlig in die Hose gegangen sind, verzichte ich auf weitere Tipps fürs Halbfinale und das Endspiel. Wer hätte schon 2004 auf Griechenland getippt (außer einige Griechen). Wahrscheinlich gewinnt am Ende die Türkei. Auf jeden Fall nicht die Italiener!