Der 12. Spieltag in der Fußball-Bundesliga ist absolviert und die Tabelle wartet mit einigen Überraschungen auf. Fange ich mit den Bayern an, die sich wohl kaum haben träumen lassen, nach einem Drittel der Saison nur auf Platz neun zu stehen. Okay, vom Zweiten der Liga trennen die Münchener gerade einmal drei Punkte. Aber was interessieren sich die Bayern für den zweiten Platz. Zum ersten sind es dann schon sechs Pünktchen.
Was ist los mit den Bayern? Mit van Gaal haben die Obersten des Vereins ihren ‚Wunschtrainer’ und Franck Ribéry konnte gehalten werden (noch). Und mit Investitionen in Höhe von über 70 Millionen Euro für Spieler wie Pranjic, Tymoshchuk, Arjen Robben und Mario Gomez (der allein kostete 30 Millionen) liegt Bayern München auf europäischen Spitzenniveau. Aber von Spitze, national wie international, keine Spur. In der Champions League droht bereits in der Gruppenphase das Aus. Ich will hier nicht analysieren; das können andere besser. Den Bayern wurde von unabhängiger Stelle bescheinigt, dass sie finanziell gesehen ein absolutes Topmanagement haben. Aber wie sieht es auf der psychologischen Seite aus? Sicherlich ist es nicht ganz richtig, wenn ein Spieler wie Philipp Lahm in aller Öffentlichkeit schonungslos Kritik übt – sowohl am Management, sprich an der Personalpolitik, als auch am Spielsystem. Aber man tut sich keinen Gefallen daran, wenn man Lahm mit der höchsten Geldstrafe der Vereinsgeschichte belegt. Auch Luca Toni, der das Stadion nach seiner Auswechslung fluchtartig verlassen hatte, bekam den Zorn der Vereinsführung zu spüren. Lahm hat noch vor kurzem seinen Vertrag verlängert, dabei wollte er gern ins Ausland (z.B. zu Real Madrid) gehen. Dieser Wunsch dürfte jetzt wieder aufflammen.
Mir ist es eigentlich gleich, was mit den Bayern los ist; zz. dienen sie auf jeden Fall als abschreckendes Beispiel für Management und Spielkultur – wie man es nicht machen sollte.
Komme ich so auf den SV Werder Bremen zu sprechen. Vor einem Jahr krebsten die Bremer auch in etwa dort herum, wo die Bayern jetzt sind, sie waren 10. wie auch am Saisonende. Natürlich wurde man damals bei Werder kribbelig. Aber man hat die Ruhe bewahrt. Und trotz des Abgangs von Diego – ist Werder jetzt Tabellenzweiter. Natürlich läuft auch bei den Bremern nicht alles rund. In den letzten Pflichtspielen hatte man viel Glück (der 2:0-Sieg gegen Austria Wien in der UEFA Europa League kam äußerst glücklich zu Stande – und das 2:2 in Nürnberg, in letzter Sekunde erzielt, zeugt von viel Dusel). Aber manchmal gehört auch das dazu, wenn man oben mitspielt.
Was macht den Unterschied zum Vorjahr bei Werder aus? Zunächst hat Trainer Thomas Schaaf etwas am System gedreht. Rehhagels „kontrollierte Offensive“ mit verstärktem Mittelfeld bringt hinten mehr Entlastungen. Dann sind es aber auch die Spieler selbst: Mesut Özil ist aus dem Schatten von Diego getreten, spielt eine Supersaison, wenn es zuletzt auch etwas weniger gut lief. Es ist jung und muss erst einmal mit der Hype um seine Person klarkommen. Ähnliches ist von Marko Marin und Aaron Hunt zu vermelden. Marin hat sich ziemlich gut in die Mannschaft eingefügt. Und Aaron Hunt, endlich einmal nicht von Verletzungen geplagt, zeigt, was er drauf hat. Da ist die Nominierung für die Nationalmannschaft kein Wunder (immerhin ist auch der englische Nationaltrainer Fabio Capello auf Hunt aufmerksam geworden – Hunts Mutter ist Engländerin, er könnte also auch für England spielen).
Aber auch Spieler wie Tim Wiese, Frings, Pizarro und Sebastian Boenisch (um Letzteren wirbt zz. sehr intensiv der polnische Nationaltrainer, Franciszek Smuda. Boenisch wurde in Polen geboren und könnte trotz der 20 Nachwuchs-Länderspiele für Deutschland für Polen in der A-Mannschaft spielen) zeigen konstant gute Leistungen (leider sind Frings und Pizarro im Augenblick verletzt, was vielleicht auch dafür spricht, dass das Spiel der Bremer zuletzt etwas aus den Fugen geraten ist).
Im Gegensatz zu van Gaal scheint mir Thomas Schaaf seinen Spielern immer noch so etwas wie Spielfreude abzugewinnen. Bei Werder ist alles etwas kleiner als bei den Bayern – übersichtlicher und familiärer. Dafür sorgt schon Thomas Schaaf, der so etwas wie eine kumpelhafte Vaterfigur abgibt. Vor allem schenkt er seinen Spielern Vertrauen (wie im Fall Marin, den er immer wieder von Anfang an spielen lässt) im Gegensatz zu van Gaal (Gomez sitzt zz. mehr auf der Bank als er spielt). Geld allein regiert nicht die Fußball-Welt. Was nützen den Bayern 4 oder 5 Mittelstürmer, wenn es in der Abwehr hapert.
Für den SV Werder Bremen kommt die Länderspielpause gerade recht, auch wenn viele Spieler für ihre Nationalmannschaften nominiert sind (Wiese, Özil, Mertesacker, Marin und Hunt allein für die deutsche A-Mannschaft). Die vielen englischen Wochen der letzten Zeit nagen schon an der Substanz. Immerhin Zeit für Frings und Pizarro, um von ihren Verletzungen rechtzeitig zu genesen.
Ist das Team wieder vollständig, dann sollte es auch wieder zu alter Spielstärke zurückfinden. Und dann dürfte Werder Bremen auch weiterhin in der Liga oben mitmischen. Aber freuen wir uns erst einmal auf den Einsatz von Wiese und Co. im Freundschaftsländerspiel gegen Chile in Köln am Samstag, den 14. November. Am Mittwoch, den 18. November, geht es dann in Gelsenkirchen gegen die Elfenbeinküste, die sich bereits wie Chile für die WM 2010 qualifiziert haben.
Nachtrag: Der 13-malige englische Meister FC Arsenal soll an einer Verpflichtung von Mesut Özil interessiert ist. Wie der „Daily Star“ berichtete, wollen die Gunners für den Mittelfeldspieler von Werder Bremen im Sommer 17 Millionen Euro Ablöse zahlen, um sich dessen Dienste zu sichern. Arsenals Teammanager Arsene Wenger soll Özil als Wunschkandidaten auf der Liste haben. Der Klub aus London rechnet damit, dass in der Sommerpause der Spanier Cesc Fabregas zum FC Barcelona in seine Heimat zurückkehrt. Özil soll dann dessen Rolle einnehmen.
Der 21-jährige Özil, der bei Werder noch bis 2011 unter Vertrag steht, hat bislang sechs Länderspiele bestritten. Bremens Manager Klaus Allofs würde den Kontrakt mit dem U21-Europameister gerne verlängern, bislang konnte aber keine Einigung erzielt werden.