Eine Katastrophe?!

Wer in diesen Tagen wissen wollte, ob im Landkreis Harburg die Schule wegen der Witterungsbedingungen ausfällt, wurde, was das Angebot im Internet betrifft, auf eine harte Probe gestellt. Immerhin hatte man es geschafft, auf den Websites des Landkreises und der Kommunen eine vorgeschaltete Seite einzurichten, aber wer z.B. am Dienstagabend wissen wollte, ob der Mittwoch weiterhin schulfrei sein wird, konnte lange Zeit die entsprechenden Websites nicht erreichen.

Hatte man das Glück, die Info-Seite aufzurufen, so wurde man vertröstet. Eine Entscheidung der Schulabteilung des Landkreises Harburg werde nicht vor 20 Uhr 30 gefällt. Noch um 21 Uhr 30 kam die gleiche Meldung (wenn man die Seite überhaupt erreichte). Dann vermeldete die Website der Samtgemeinde Tostedt es zuerst: Eine Entscheidung werde erst am nächsten Tag gegen 5 Uhr 45 verkündet, da an diesem Dienstagabend eine genaue Prognose der Wetterlage für den kommenden Tag nicht möglich sei.

Als ich dann am Mittwochmorgen gegen 5 Uhr 40 die Website des Landkreises aufrief, bekam ich die benötige Information: Die Schulbeförderung entfällt, damit fällt auch der Unterricht an allen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen des Landkreises aus.

Warum tat man sich mit der Entscheidung so schwer? Und vor allem: Warum war keine der Websites in angemessener Zeit erreichbar?

Zum ersten: Die prognostizierte Wetterlage war meines Erachtens eindeutig: Frost, aber kein Niederschlag. Dass eine 100-%ige Prognose nicht möglich ist, wissen wir alle. Aber mit einem schnellen Wetterumschwung war nicht zu rechnen. Wichtig konnte so nur der Zustand der Straßen sein (z.B. für die Beförderung der Schüler mit den Schulbussen). An dem hatte sich in den letzten 24 Stunden wohl kaum etwas verändert (es besteht wg. Streusalzmangel schon seit Tagen nur ein stark eingeschränkter Winterdienst). Eine Entscheidung hätte also durchaus rechtzeitig gefällt werden können. Spätestens nach 20 Uhr am Dienstag hätte man sich für „schulfrei“ entscheiden sollen, wenn man eine Gefährdung der Schüler nicht eingehen wollte.

Vorsicht, Glatteis

Zum zweiten: Viel schlimmer finde ich, dass die Websites von Landkreis und Gemeinden lange Zeit nicht erreichbar waren. Nach der ersten Pleite am Sonntag hatte man inzwischen eine vorgeschaltete Seite eingerichtet – aber noch mit vielen hübschen bunten Bildchen, was natürlich zusätzliche Zeit beim Laden der Seite benötigt. Erst bei der nächsten Meldung (die ich Mittwoch morgens aufrief) verzichtete man endlich auch auf diese unnötigen Bilder. Die zuletzt aufgerufenen Websites des Landkreises und der Gemeinden Winsen/Luhe, Buchholz in der Nordheide und Tostedt verrieten zumindest, dass hier eine konzertierte Aktion ablief (alle ließen den gleichen Infotext verlauten, auch strukturell waren die Seiten in gleicher Weise angelegt, endend auf /internet/page.php bzw. /internet/).

Was mich eigentlich nachdenklich stimmt: Wie werden sich die genannten Websites verhalten, wenn es nicht mehr um schulfreie Tage, sondern um einen Katastrophenfall geht. Man stelle sich einmal vor, am Wochenende stürzt ein Flugzeug über dem Landkreis ab. Werden dann die Webserver von Landkreis und Gemeinden auch nicht mehr Herr der Anfragenflut? Welche Alternativen bieten dann die öffentlichen Verwaltungen noch (z.B. neben Telefon). Und eine ganz wichtige Frage. Gibt es so etwas wie einen Notfallplan für Landkreis und Gemeinden im Katastrophenfall?

Die Technik möchte ich hier erst gar nicht ansprechen. Leistungsfähige Server, evtl. eine Verteilung der Anfragelasten – all das ist mit Kosten verbunden, die in der augenblicklichen Lage wohl kaum zu tragen sein werden. Es muss auch andere Wege geben.

Immerhin hat man aus der jetzigen Lage schon etwas gelernt: Vorgeschaltete Seiten wurden eingerichtet, auf unnötige Grafiken wurde verzichtet. Aber es gibt bestimmt noch weitere Möglichkeiten, das Internet sinnvoll zu nutzen. Ich denke dabei z.B. an Twitter, den Mikroblog-Dienst. Die Hansestadt und der Landkreis Lüneburg nutzen z.B. diesen Dienst (Dank an herdavon für diese Info). Hier wurden z.B. Zahlen im Zusammenhang mit der Schulfrei-Anfrage genannt: Fünf mal so viele Zugriffe, wie sonst. Derzeit über 13.000 pro Tag. Den Newsletter haben übrigens fast 3.000 Leute abonniert.

Apropos Newsletter: Auch das wäre ein Instrument, um Informationen weiterzugeben. Natürlich muss man hierzu beim Newsletterdienst angemeldet sein. Eben nur zwei Möglichkeiten, den Informationsfluss in Bewegung zu bringen. Vielleicht sollte man sich auf Landkreisebene mit den Gemeinden einmal zusammensetzen, um aus der jetzigen Panne für die Zukunft erfolgreich Konsequenzen zu ziehen.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Ein Gedanke zu „Eine Katastrophe?!

  1. Sehr geehrter Herr Albin,

    Herr Rempe bat mich, Ihnen auf Ihre Mail zu antworten – das tue ich gerne.

    Natürlich wissen wir, dass die kurzfristige Entscheidung des Landkreises über den Schulausfall Probleme gerade auch für die Eltern mit sich bringt, und uns selbst wäre eine Entscheidung zu einem früheren Zeitpunkt natürlich lieber gewesen (zumal wir ja sehr gut wissen, dass wir mit einer späten Entscheidung auch entsprechende Kritik auf uns ziehen).

    Die frühere Entscheidung hätte dann aus Sicherheitsgründen aber allenfalls lauten können: Unterrichtsausfall, da die Straßenverhältnisse kritisch waren. Doch eine solche Entscheidung ist ja nur dann angebracht, wenn sie wirklich begründet ist. Die Straßen- und Verkehrslage am Mittwochmorgen war aber tatsächlich nicht früher abzusehen. Und hier helfen auch nicht die üblichen Wettervorhersagen, sondern nur die kleinräumige Begutachtung der Situation auf den Straßen in der Nacht und vor Ort. Diese wiederum stellt sich im Landkreis – von der Elbmarsch über die Heide bis nach Königsmoor oder Neu Wulmstorf – ganz unterschiedlich dar, hängt in manchen Fällen von einem oder zwei Grad Celsius mehr oder weniger ab und übrigens auch davon, in welchem Maße in den einzelnen Gemeinden geräumt und gestreut wurde.

    Dass übrigens das Kultusministerium des Landes Niedersachsen grundsätzlich davon ausgeht, dass über Unterrichtsausfall am Morgen desselben Tages entschieden wird, möchte ich hier noch anmerken.

    Dass die Entscheidung, den Unterricht ausfallen zu lassen, mindestens angebracht war („richtig“ oder „falsch“ wären hier die falschen Begriffe), belegen die teils sehr kritischen Situation etwa auch im Landkreis Lüneburg am Mittwoch, der ja den Schulbusverkehr stattfinden ließ. Bei einem Schulbusunglück – der Bus rutschte in den Graben – kamen glücklicherweise alle glimpflich davon, und es gab noch weitere kritische Vorfälle.

    Übrigens auch noch heute Morgen (Donnerstag) im Landkreis Harburg. Die Situation war (und ist teilweise noch) deshalb so problematisch, weil sich trotz des Streuens von Salz aufgrund der Feuchtigkeit auf den Straßen nach nur wenigen Stunden wieder ein Eisfilm bildet. Und bedenken Sie hierbei, dass viele Gemeindestraßen im Landkreis nicht geräumt waren und auch nicht gestreut wurde. Zudem waren zahlreiche Bushaltestellen nicht geräumt – auch das ist kritisch.

    Und bitte bedenken Sie auch, dass eine Entscheidung, in der es um die Sicherheit von Schülern einerseits und um geregelten Unterricht andererseits geht, keine Entscheidung, ist, die man sich einfach macht. Insofern: haben Sie bitte Verständnis. Der Landrat entschied: Sicherheit geht vor.

    Womit Sie vollkommen recht haben, ist die Problematik Internet. Während im Normalfall ca. 2.000 User täglich auf unsere Homepage zugreifen, waren es fast regelmäßig 20.000 und mehr, in Spitzenzeiten (am Mittwoch) teils über 100.000(!!) Bürger. Dem waren die Serverkapazitäten nicht gewachsen.

    Diesem Problem werden wir jetzt, so weit es möglich und finanziell vertretbar ist, aufhelfen. Und gerade auch andere Möglichkeiten (Twitter, Newsletter) sondieren – besten Dank für Ihre Anregung!!

    Für den Katastrophenfall gilt allerdings, dass wir uns auf das Internet nicht verlassen. Für solche Fälle sind wir darauf eingestellt, zumal das Internet ganz ausfallen kann, gegebenenfalls nur über die traditionellen Wege zu kommunizieren – Radio, Lautsprecherdurchsagen, Funk.

    Zum Abschluss noch einmal dies: in Situationen wie den vergangenen Tagen macht man nicht immer alles richtig. Das behauptet auch der Landkreis beileibe nicht von sich. Wir handeln nach bestem Wissen und Gewissen – und man kann über die Entscheidung, auch am Mittwoch die Schule ausfallen zu lassen, sicherlich diskutieren.

    Umso mehr freut es uns, wenn Rückmeldung kommt – auch kritische. Wenn Sie auch noch mit Anregungen wie in Ihrem Falle verbunden sind, umso besser. Sie können sich vorstellen: es hagelt zum Teil auch wüste Schmähkritik, von der einen wie der anderen Seite…

    Daher hoffe ich, Ihrem Schreiben mit meiner Antwort einigermaßen gerecht worden zu sein,
    mit freundlichem Gruß

    Georg Krümpelmann
    – Pressesprecher –
    Landkreis Harburg
    Schloßplatz 6
    21423 Winsen / Luhe

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