Erst waren es 50 Mitarbeiter, die alles Erdenkliche taten, um den Super-GAU am Atomkraftwerk Fukushima zu verhindert. Schon jetzt gelten sie als die großen Helden, die „Fukushima 50“, die ihr Leben riskierten, um den größten denkbaren Schaden von Land und Leuten abzuwenden. Inzwischen sollen sich nach einem Aufruf der Betreiberfirma Tepco weitere Mitarbeiter (auch von anderen AKWs) freiwillig für den Kamikazeeinsatz gemeldet haben. Auch Hubschrauber des Militärs kamen bis Donnerstag zum Einsatz, um Wasser über dem Krisen-AKW abzuwerfen. Und inzwischen sollen 140 Feuerwehrleute die Armee unterstützen.
Am Freitagmittag (Ortszeit) begann man erneut, Reaktor 3 mit Wasserwerfern zu kühlen. Diese Methode soll auch bei Block 4 und womöglich auch bei Block 1 helfen. Bei den Reaktoren 1 und 2 soll zudem eine neue Stromleitung das Kühlsystem wieder zum Laufen bringen. Der Ausgang des Dramas bleibt aber weiterhin ungewiss.
Experten gehen davon aus, das die meisten dieser Menschen dem Tod geweiht sind, weil die Strahlenbelastung vor Ort einfach zu hoch ist, um ungeschadet davon kommen zu können.
Was veranlasst einen Menschen, sich freiwillig für diesen Einsatz auf Leben und Tod zu melden? „Eine Rolle mag dabei spielen, dass in der Erziehung der Japaner das Opfer des Einzelnen für die Gemeinschaft eine große Rolle spielt. Dazu mag Zusammengehörigkeitsgefühl in solchen Kraftwerken kommen. ‚Es gibt einen Sinn für Loyalität und Kameradschaft, wenn man mit den Männern über Jahre trainiert und Schichtwechsel absolviert hat’, sagte ein langjähriger Anlageführer amerikanischer Akw der ‚New York Times’. Und der deutsche Arbeitspsychologe Michael Kastner ergänzte im Radiointerview: ‚Wer nahe dran ist an der Gefahr, der nimmt die nicht mehr so wahr.’“ (Quelle: zdf.de)
Das sind, wie ich denke, nur zwei Aspekte, wenn auch sehr wichtige, die zu einem solchen Handeln führen. In jedem Menschen liegt ein selbstzerstörerisches Potential, ein Todestrieb. Da wir von Natur aus jedoch jeder dem Tode geweiht sind, strebt ein jeder – bewusst oder nicht – dahin, dieses unvermeidbare Übel positiv zu besetzen bzw. den Todestrieb zu sublimieren. Wenn ich also mit meinem Tod etwas Positives bewirken kann (auf Fukushima bezogen die Vermeidung eines Katastrophe), dann bin ich sogar bereit, frühzeitig zu sterben. Sterben muss ich ohnehin. Aber selbst dieser frühzeitige Tod ist ja noch nicht vorprogrammiert. Vielleicht, und das ist gewissermaßen die kleine Hintertür beim Abwägen meines Tuns, entkomme ich ungeschadet oder wenigstens lebendig.
Ohne die ‚Heldentaten’ schmälern zu wollen, spielen sicherlich auch geldliche Gründe eine Rolle. Wenn ich weiß, dass meine Familie finanziell abgesichert sein wird, wenn ich sterbe, dann bin ich eher bereit, den Tod auf mich zu nehmen.
Auch ohne hier von der eigentlichen Nuklearkatastrophe ablenken zu wollen, so finde ich diese auf die einzelnen Personen bezogenen Erwägungen, diese zu gewinnenden psychologischen Erkenntnisse, sehr interessant. Die Taten und hierzu die Motive der „Helden von Fukushima“ sind dabei nur ein ‚Gegenstand’, der später einmal näher beleuchtet werden sollte. Die Ängste und die daraus resultierenden Handlungen auch aller anderen direkt oder indirekt Betroffenen (bis hin zu uns hier in Deutschland, denen unmittelbar keine Gefahr droht) wird man sicherlich zunehmend thematisieren. Die Ängste bestehen nun einmal. Und wer sie ignoriert oder instrumentalisiert, wird hierfür die Rechnungen zahlen müssen.