Niclaas Thomas Bernhard (* 9. Februar 1931 in Heerlen, Niederlande; † 12. Februar 1989 in Gmunden, Österreich) war ein österreichischer Schriftsteller. Er zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Stücke von Thomas Bernhard). Vor dem Ruhestand ist ein Theaterstück, das am 29. Juni 1979 im Württembergischen Staatstheater Stuttgart uraufgeführt wurde.
“Vor dem Ruhestand” habe ich in einem Band mit verschiedenen Theaterstücken (suhrkamp taschenbuch 1190 – 1. Auflage 1985) Theater heute vorliegen. Anlass für das Stücks war die damalige Filbinger-Affäre in der BRD und die Auseinandersetzung zwischen dem Regisseur Claus Peymann und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger, der aufgrund seiner nationalsozialistischen Vergangenheit als Marinestabsrichter zum Rücktritt gezwungen wurde.
Personen:
Rudolf Höller, Gerichtspräsident und ehemaliger SS-Offizier (Obersturmbannführer)
Clara (im Rollstuhl), seine Schwester
Vera, seine Schwester
Ort: Im Haus des Gerichtspräsidenten Höller
Der Untertitel zu dem Stück lautet „Eine Komödie von deutscher Seele“ und verbindet Tragödie und Komödie auf sehr sarkastische Weise. Dem Zuschauer bzw. Leser bleibt dabei das Lachen im Halse stecken. Inhaltlich geht es um eine Familie (Bruder mit zwei Schwestern), in der die nationalsozialistischen Ideen noch höchst lebendig sind. Am Abend des 7. Oktober jedes Jahr feiert man Heinrich Himmlers Geburtstag,
Der Bruder, ehemaliger SS-Offizier und jetzt Gerichtspräsident, steht kurz vor seiner Pensionierung. Das Theaterpublikum darf sowohl den Vorbereitungen für das Fest als auch diesem selbst zuschauen. Am Ende des Stücks stirbt der von nationalsozialistischem Wahn ergriffene Rudolf an einem Herzkollaps.
VERA … Wir können nicht anders
wir belügen uns
aber wie schön ist letztenendes das
was wir tun
indem wir es spielen
und das was wir spielen
indem wir es tun
(S. 58)
… Wir haben unser Theaterstück eingeübt
seit drei Jahrzehnten sind die Rollen verteilt
jeder hat seinen Part
abstoßend und gefährlich
jeder hat sein Kostüm
wehe wenn der eine in das Kostüm des andern schlüpft.
Wann der Vorhang zugemacht wird
bestimmen wir drei zusammen
Keiner von uns hat das Recht
Den Vorhang zuzuziehen wann es ihm paßt
(S. 59f.)
CLARA ist infolge eines amerikanischen Bombenangriffs querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Sie hasst ihre Geschwister, ist aber auf sie angewiesen und kann deshalb nicht davonlaufen:
CLARA … unter eueren Händen ist die Musik
immer etwas Entsetzliches geworden
Wenn der Vater Gedichte vorgelesen hat
war es das Entsetzlichste das man sich vorstellen kann
ihr habt euch so oft an Musik vergriffen
an Dichtung an Poesie
ihr habt sie immer mißbraucht die Kunst …
(S. 64)
Erstaunlich ist es zu erfahren, wie gesellig, wie kultiviert sich die Bestie Mensch immer wieder präsentiert. Diese empfindet sich selbst als Opfer der ‚niedrigeren Kreatur’, der man nur durch ‚Ausrottung’ Herr werden kann.
RUDOLF [schildert einen Prozess] …Du hättest diese Kreatur sehen sollen
beim Lokalaugenschein
kalt bis ins Mark
zynisch
vollkommen gleichgültig gegenüber seinem Opfer
einen Menschen umbringen wegen Viertausend
aber die sind alle gleich
das hat es zu unserer Zeit nicht gegeben
solche Elemente hat es ganz einfach nicht gegeben
sie sind gar nicht erst aufgekommen
jede Verhandlung eröffnet den Blick in eine menschliche Kloake …
(S. 106)
„Thomas Bernhard hätte geschossen“ war ein Programm des von mir hoch geschätzten Kabarettisten Georg Schramm.
Gruß
Lockwood
Hallo Lockwood,
Georg Schramm ist mir nur beiläufig ein Begriff (aber das lässt sich ja ändern). Das besagte Programm lässt sich im Netz ‚nach’-gucken (habe mir den ersten Teil bereits angeschaut):