Es ist bereits geraume Zeit her, da ich unter der Rubrik ‚Knisterndes‘ aus Eckhard Henscheids ‚Mätresse des Bischofs‘ zitiert habe. Das war natürlich geschmacklich Entglittenes, zumal besagter Bischof inzwischen zum Papst aufgestiegen ist. Hier nun doch etwas weniger Anrüchiges, ja eher geradezu Philosophisches aus gleichem Buch, das ich mich wähne, endlich zu Ende zu lesen:
Was aber Alwin bzw. die Kurmusik bzw. das Weizenbier betrifft: Nach wie vor ist ja gänzlich ungeklärt, auch nach Schopenhauers Preisschrift, warum der Mensch sich meist zivil benimmt und nicht vielmehr tagein-tagaus alles Sicht- und Greifbare zusammenschlägt, die Wohnung zernichtet, die Sekretärin oder die Nichte überwältigt, unsere Kur-Combo, den eigenen Super-Autopark. Ungeklärt ist, warum es noch immer Dinge gibt wie Vertrauen, Kreditwürdigkeit, Rücksicht, formvolle Beerdigungen mit ehrenden Zeilen. Die Juristen schieben es – dumm! – auf das angeborene Rechtsempfinden, die Ärzte meines Wissens auf das Trägheitssyndrom – wir Chemiker … oder besser ich persönlich neige doch immer mehr und allen früher geäußerten Reserven zum Trotz zur – Theorie der Sicherung durch Weizenbier! Die allgemeinen unordentlichen Zustände verlangen halt, zumal bei haltlosen Naturen, nach seinem kontinuierlichen Einsaugen, dadurch erhöht sich zwar in nächster Instanz vorübergehend die Unordnung, und es würde alles ganz verheerend, also muß schnell ein neues Weizenbier eingeführt werden – und die Zivilisation bleibt konstant und mit ihr die Vision ewiger Seligkeit. Daß Alwin trotzdem den 2 Meter-03-Wirt Demuth im Weizentaumel zusammenschlug, bleibt Ausnahme, die die Regel bestätigt.
aus: Eckhard Henscheid – Die Mätresse des Bischofs
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