GDL-Streik: Privatisierung der Bahn fehlgeschlagen?!

Inzwischen wettet man bereits, wer im Lokführerstreik der GDL gegen die metronom Eisenbahngesellschaft GmbH als erstes nachgibt. Eine Zugbegleiterin sagte gestern in einem der wenigen Züge, die zwischen Hamburg und Bremen verkehrten, sie glaube, dass Metronom ‚einknicken’ wird. Andere glauben, dass Metronom den Streik ‚aussitzt’, bis die Streikkasse bei der GDL leer ist.

Soviel ist klar: Die Fronten sind verhärtet und ein Ende des Streiks, so glaube auch ich, nicht abzusehen. Man werfe nur eine Blick nach Brandenburg. Dort dauerte der letzte Streik bei der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) geschlagene 264 Stunden, das sind 11 volle Tage. Da erahnt man, was uns, den Gastgästen des metronom, blühen kann.

Letzter Stand: Während die metronom Eisenbahngesellschaft GmbH Gehaltsverbesserungen anbietet, besteht die GDL weiterhin auf „‚Schutzbestimmungen’, etwa verbindliche Regelungen zur Personalübernahme bei Betreiberwechseln nach Ausschreibungen oder unternehmensinterne Weiterbeschäftigungsregelungen bei Fahrdienstuntauglichkeit unter voller Besitzstandswahrung. Darüber hinaus soll ein Berufsverbot für Hauptschulabsolventen eingeführt werden.“ (Quelle: zughalt.de)

Knackpunkt nach meiner Ansicht ist die Festschreibung einer garantierten Personalübernahme bei Betreiberwechseln nach Ausschreibungen. Anders als in alten Tagen werden Bahnstrecken jeweils für einen bestimmten Zeitrahmen (z.B. das so genannte Hanse-Netz seit Dezember 2010 für acht Jahre) ausgeschrieben. Ist die Zeit abgelaufen, wird neu ausgeschrieben und auch andere Bahnunternehmen können den Zuschlag erhalten. Wie aber soll diese von der GDL geforderte Übernahmegarantie funktionieren? Kann mich da vielleicht einer (z.B., von der GDL) aufklären?

Zum Teufel mit metronom und GDL

Erschreckend finde ich im Zusammenhang mit dem Streik die Informationspolitik der beiden Kontrahenten. Während sich metronom seit Tagen zu keiner Stellungsnahme auf seiner Website aufraffen kann (Warum lehnt man die von der GDL geforderten bundesweit einheitlichen Tarifstandards ab?) und nur mit einem ewig gleichen „Wir bitte Sie, die Ihnen entstehenden Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.“ daherkommt (die GDL ist dagegen nicht einmal im Stande, sich bei den Fahrgästen, die immerhin für die Gehälter der Lokführer aufkommen, zu entschuldigen), polemisiert die GDL statt zu informieren. Beide Seiten arbeiten dabei mit Unterstellungen:

GDL in einer Pressemitteilung vom 17.06.2011:

„Für die GDL sieht es klar danach aus, dass die metronom von den Gesellschaftern, allen voran der italienischen Netinera-Gruppe [vormals Arriva Deutschland GmbH], an die Wand gefahren werden soll“, so der Vorsitzende des GDL-Bezirks Nord, Lutz Schreiber. „Gerade die kürzlich nicht erfolgten Bewerbungen auf Ausschreibungen mit dem hohen Tarifniveau der metronom spiegeln wider, dass nach dem Willen der Gesellschafter der Wettbewerb weiterhin über das Einkommen und damit auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden soll.“

Warum konkretisiert die GDL z.B. nicht ihre Behauptung hinsichtlich der „kürzlich nicht erfolgten Bewerbungen auf Ausschreibungen“. Welche Ausschreibungen (Mehrzahl!), bitte?

„In einer Pressemitteilung erklärte die Metronom, dass sich immer weniger Lokführer an dem seit Montagmittag laufenden Streik beteiligen würden.“ (Quelle: u.a. weser-kurier.de)

Also heute Morgen fielen, wenn ich das richtig sehe, bis 8 Uhr neun von zehn Zügen, die von Tostedt Richtung Hamburg fahren, aus. Auf den Tag gerechnet sind bisher 65-69 % der metronom-Züge in diesen ersten Streiktagen ausgefallen (wobei Züge, die zur Mittagszeit fahren, für die Pendler völlig uninteressant sind).

Man versucht sich nur gegenseitig mürbe zu machen und tönt lauthals und provozierend in die Gegend. Der Fahrgast (besonders der Pendler, der tagtäglich ‚nur’ zur Arbeit und zurück möchte) wird völlig außer Acht gelassen.

Und noch eine Meldung, die mich äußerst stutzig macht:

„Nach Aussage Schreibers [GDL-Bezirkschef] wollte das Unternehmen [metronom] auf den Tarifvertrag eingehen – doch dann habe man bei Metronom eine Kehrtwende vollzogen. Eine halbe Stunde vor der angesetzten zweiten Verhandlungsrunde hätte Metronom seine Mitarbeiter per Hausmitteilung wissen lassen, dass die Gesellschafter die GDL-Forderungen strikt ablehnen.“ (Quelle: nochmals weser-kurier.de)

Was ist das denn nun?!

Wie auch immer: Alles deutet für mich daraufhin, dass die Privatisierung der Bahn (bis Dezember 2003 bediente die Deutsche Bahn AG bzw. ihre Tochterunternehmen noch die Bahnstrecken Bremen-Hamburg-Uelzen, bis Dezember 2005 die Strecke Uelzen–Hannover–Göttingen – und sogar bis Dezember 2007 die Strecke Hamburg–Stade–Cuxhaven) gehörig in die Hose gegangen ist. Es beginnt damit, dass die Eigner deutscher Bahnunternehmen wechseln wie mancher nicht einmal seine Unterhose, und endet in einer Art verkehrspolitischen Deutschen Kleinstaaterei.

Konkurrenz soll angeblich den Wettbewerb beleben. Der Kunde, hier Fahrgast, soll davon profitieren. Welchen Profit er einfährt, ist jetzt endlich ersichtlich: Er ist der Gelackmeierte. Und die Fahrpreise steigen wie bisher!

Und was ich langsam wirklicht nicht verstehe: Warum wird nicht von höherer Seite endlich in diesen Streik eingegriffen. Der Tarifautonomie zum Trotz. Man bedenke, dass diese tarifliche Auseinandersetzung bereits ein Jahr währt. Soll das so bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag weitergehen? Was ist mit der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), die immerhin für die Ausschreibungen der genannten Bahnstrecken zuständig ist. Metromom erfüllt zz. nicht seinen Vertrag. Es muss doch Mittel geben, metronom zur Erfüllung zu zwingen. Auf der Website der LNVG aber kein Wort. Das Gleiche vom Fahrgastbeirat für den Landkreis Harburg. Auch hier nur der kurze Hinweis auf den Streik, keine Stellungnahme.

Und was ist mit dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV), in dem ab Tostedt auch der metronom verkehrt. Dort findet man unter Fahrplanabweichungen und Neuigkeiten auch nichts Neues. Ich kann Fahrgästen des metronom, die im HVV-Bereich unterwegs sind, nur raten, die so genannte HVV-Garantie in Anspruch zu nehmen. Wer sein Fahrziel einmal mehr als 20 Minuten zu spät erreicht, bekommen 50% des Fahrpreises erstattet. Das gilt auch für Monats- bzw. Abo-Karten.

Ich mutmaße, das die metronom Eisenbahngesellschaft GmbH den Streik aussitzen wird. Konkrete Hinweise dazu gibt es zwar nicht, aber wer beim Getöne von metronom und GDL genauer hinhört, kann das sehr gut heraushören. Ich will hier nicht wetten, ich will nur endlich wieder Züge sehen, mit denen ich halbwegs pünktlich zur Arbeit und zurück nach Hause komme. Es reicht …!

Siehe u.a. auch meine Beiträge:
Die Provinzposse geht in die nächste Runde
Tariftreueerklärung

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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