Umbruch und Ausverkauf

Die laufende Saison der Fußball-Bundesliga ist für den SV Werder Bremen beendet. Wie bereits die vorige Saison war auch diese reichlich verkokst. In der Rückrunde konnte Werder lediglich zwei Siege einfahren. Und da damit das Minimalziel, die Qualifizierung für die Europa League, nicht erreicht wurde, also keine zusätzlichen Gelder in den großen Topf fließen werden, muss Klaus Allofs, seines Zeichen Geschäftsführer des SVW, weiter den Gürtel eng schnallen.

Werder: Willkommen im Mittelmaß

Und so kommt, was kommen musste: Es erfolgt ein weiterer Ausverkauf von bisherigen Leistungsträgern. Zunächst verlässt Marko Marin (okay, Leistungsträger sehen anders aus) die Bremer, der beim FC Chelsea, immerhin Endspielgegner der Bayern in der Champions League, unterkommt. Marin ist so ein leider inzwischen typischer Fall: technisch brillant und schnell, aber eben auch zu verspielt, so ist er in seiner Entwicklung stehen geblieben. Thomas Schaaf, Trainer der Bremer seit 1999, wollte ihn zu einem Spielmacher (Marin hatte immerhin die 10 als Rückennummer) machen, statt seine Talente richtig einzusetzen. Immerhin bekommt Werder für ihn eine stattliche Ablösesumme aus London – und vielleicht auch noch den belgischen Stürmer Romelu Lukaku.als Zugabe, wohl eher nicht?!

Anders bei Tim Wiese: TSG 1899 Hoffenheim bekommt ihn ablösefrei. Immerhin sehe ich in dem noch jungen Sebastian Mielitz, der sich bereits öfter auszeichnen konnte, einen adäquaten Nachfolger. Das sehen Allofs und Schaaf aber wohl etwas anders. Obwohl Christian Vander (als 3. Torhüter) bleiben wird, sucht man jetzt einen Ersatztorhüter. Kevin Trapp vom Absteiger 1.FC Kaiserslautern oder Andreas Luthe vom VfL Bochum kämen in Frage, wären aber wohl zu teuer. Da gäbe es jetzt Michael Rensing vom Absteiger 1. FC Köln: erfahren, noch nicht zu alt und wohl ablösefrei. Allofs soll auch an Richard Strebinger von Hertha BSC II interessiert sein. Tom Starke von der TSG 1899 Hoffenheim gewissermaßen als Tausch mit Wiese ist zwar auch im Gespräch, wäre aber schon allein seines Alters wegen keine gute Wahl. Und … und … und …

Was nun mit Claudio Pizarro wird, ist immer noch nicht geklärt. Angeblich sollte es mit den Bayern schon klar Schiff sein (auch er würde ablösefrei gehen), aber irgendwie ist das letzte Wort immer noch nicht gesprochen. Er will, wie es aussieht, Werder verlassen. Auf jeden Fall ist man in Bremen auf der Suche nach einem Mittelstürmer (u.a. nähren sich Gerüchte um Nils Petersen vom FC Bayern München, eine Ausleihe wäre das wahrscheinlichste), nachdem man den Vertrag von Markus Rosenberg nicht verlängert hat.

Weitere Abgänge sind wohl Francois Affolter zurück in die Schweiz. Er war nur ausgeliehen und konnte sich in Bremen nicht durchsetzen. Mikaël Silvestre und Tim Borowski werden sich aufs Alterteil zurückziehen müssen.

Immerhin hat man jetzt einen Vertrag mit Sokratis, der sich zum Leistungsträger entwickelt hat, abgeschlossen. Und der Vertrag von Sebastian Prödl wurde verlängert wie schon zuvor der mit Clemens Fritz.

Und da gibt es noch andere Fragezeichen: Naldo? Mehmet Ekici? Sebastian Boenisch? Selbst Sokratis? Zur Gerüchteküche geht es hier lang …. Und Werder twittert, plus-googelt bzw. facebookt ja auch …

Es ist nicht zu übersehen: Klaus Allofs plant bei Werder Bremen den großen Umbruch. Vorbild sind da Stuttgart und Gladbach. Apropos Stuttgart: Mit 17 Treffern (nur einen weniger als Pizarro) haben die Schwaben da einen Torschützen namens Martin Harnik, der vor zwei Jahren (nach einem Intermezzo bei Fortuna Düsseldorf) für ein Butterbrot und ein Ei von der Weser an den Neckar wechselte (lt. transfermarkt.de angeblich für schlappe 300.000 €): Kein Kommentar!

Umbruch heißt auf neue junge Spieler setzen. Nun hat Werder Bremen schon jede Menge junge Spieler, die vor Jahresfrist als talentiert galten, die sich aber bis auf Ausnahmen nie so richtig durchsetzen konnten. Und jetzt sollen weitere junge Spieler hinzukommen.

Jörg Wontorra, einst Sportchef bei Radio Bremen und Aufsichtsrat bei Werder, seit 2004 Moderator des Fußball-Talk „Doppelpass“, hat sich Ende April zu einer ausführlichen Kritik hinreißen lassen: Werder braucht frische Impulse von außen (hierzu: Stimmungsbericht zu Reaktionen auf Wontorra-Kritik an Werder). Davon kann man halten, was man will.

Eines steht auf jeden Fall fest: Viele Jahre war Werder Bremen dick im internationalen Geschäft und hat dabei viel Geld gescheffelt. Hinzu kamen dann halbwegs satte Transfererlöse. Wo ist das Geld geblieben? Zum einen werden die Spieler dicke Gehälter kassiert haben (dem will Allofs jetzt endgültig einen Riegel vorschieben) und zum anderen dürfte einiges an Geldern in den Umbau des Weserstadions geflossen sein. Der eine oder andere Euro dürfte aber noch auf der hohen Kante liegen, oder?

Da Werder weiterhin keinen zusätzlichen Euro im internationalen Fußball verdienen wird, ist ein Umbruch durchaus sinnvoll. Allerdings halte ich ‚frische Impulse von außen’ auch für angebracht. Vielleicht sollte Klaus Allofs tatsächlich seinen zusätzlichen Job als Sportdirektor an einen Jüngeren abgeben (dürfte Frank Baumann nicht langsam für diesen Job bereit sein?). Oder Thomas Schaaf als Sportdirektor und dafür ein neuer Trainer (aber bitte nicht Holger Stanislawski)?

Ein Umbruch tut wohl wirklich Not. Aber es sollte dann auch ein Umbruch an der Spitze stattfinden. Es gab einfach zu viele Fehleinkäufe in den letzten Jahren. Und mir erscheint es schon so, dass Thomas Schaaf als Trainer nicht immer alle Spieler ‚erreicht’. Sowohl von Allofs als auch Schaaf werden leider nicht immer die glücklichsten aller Entscheidungen getroffen. Es bleibt in den nächsten Wochen und Monaten auf alle Fälle spannend beim SV Werder, wenn auch weniger sportlich … Die nächste Transferphase läuft bereits!

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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