Keine Angst – es wird weiterhin das Freibad in Tostedt geben: Bürgerwille hat die Politik zum Einlenken veranlasst. Auch der Herr Samtgemeindebürgermeister Dirk Bostelmann (CDU) ‚bekennt’ sich, wenn auch mit innerlichem Widerwillen, zum Freibad. Aber ein Parkhaus wird es auch geben – und einen neuen Kindergarten gleich neben dem Jugendzentrum. Von Freibädern, Parkdecks & HVV-Tarifen, von Kitas und S-Bahnlinien bis Tostedt – könnte mein Beitrag auch gut lauten, denn irgendwie ist in Tostedt zum einen die Baulust ausgebrochen, zum anderen möchten bestimmte Landkreispolitiker Tostedt via S-Bahn noch etwas näher an Hamburg heranführen. Da kommt die satte Fahrpreiserhöhung zum neuen Jahr gerade recht: die HVV erhöht kräftig um durchschnittlich 3,5 % die Preise – gerade wegen besonders im Landkreis Harburg deutlich gestiegener Fahrgastzahlen ist das ein Unding.
Nun ums Freibad gab es lange ein großes Trara mit Bürgerbefragung usw. Zwar soll das Freibad weiterhin bestehen bleiben, aber die eigentliche notwendige Sanierung ist auf die lange Bank geschoben. Vorerst werden lediglich die nur unbedingt notwendigen Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, mehr nicht. Dafür gab es um das Parkhaus direkt am Bahnhof keinen Protest. Der Deutschen liebstes Spielzeug ist und bleibt eben das Auto! Und dafür tut man alles … Die Verwaltung schätzt die Gesamtkosten des Projekts auf 4,1 Millionen Euro, die über Fördergelder der niedersächsischen Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) mit 2,2 Millionen Euro mitfinanziert werden sollen (übrigens auch unsere Steuergelder!). Der Förderantrag ist gestellt. So darf der Tostedter Steuerzahler immerhin noch 1,9 Millionen Euro für ein Projekt aufbringen, dass vor allem auch Nichttostedtern zugute kommt.
Hierzu schrieb ich bereits: „Die Engpässe bei den vorhandenen PKW-Stellplätzen ist übrigens vor allem eine Folge der HVV-Erweiterung bis Tostedt. Viele auswärtige Pendler, die früher in Lauenbrück, Scheeßel oder gar Rotenburg zustiegen, nutzen heute u.a. die kostengünstige ProfiCard des HVV, die allerdings erst ab Tostedt gültig ist. So kommen diese mit dem Auto nach Tostedt, um hier in den Metronom einzusteigen. Es sollten daher andere Lösungen bedacht werden als die, Tostedt mit Parkhäusern einzudecken.“
Bedenkt man dabei, dass vorgesehen ist, das Parkhaus kostenlos zur Verfügung zu stellen, während bei einer wirklichen Sanierung des Freibades dort Eintrittsgelder verlangt werden sollen, dann sträuben sich mir die Nackenhaare.
Wie in Buchholz so sollten auch in Tostedt Parkgebühren erhoben werden. Und bei den Fahrpreiserhöhungen des HVV könnten feinere Unterschiede gemacht werden; z.B. sollte man endlich die Proficard ‚herunterfahren’. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wenn Fahrgäste mit Proficard bis zu 800 € im Jahr gegenüber normalen Abo-Kunden an Fahrkosten sparen.
Und dann gibt es im regelmäßigem Abstand die Forderungen nach einer Erweiterung der S-Bahn bis Tostedt und Lüneburg (zuletzt im Wirtschaftsausschuss des Landkreises).Während der CDU-Mann Heiner Schönecke auf Wolke sieben zu entschweben scheint, wenn es um das Thema geht, halten andere das Ganze einfach für Mumpitz auf Schienen. Dem kann ich mich nur anschließen, solange eine S-Bahnverbindung bis nach Tostedt kein eigenes Gleisbett hat. Und hierzu wird es allein aus finanziellen Gründen nicht kommen. Bereits heute muss sich der Metronom in das sehr schmalen Zeitfenster zwischen Güter- und Fernverkehr Richtung Ruhrgebiet quetschen. Und als schwächstes Glied in der Kette muss er warten, wenn z.B. ein IC Verspätung hat. Zudem macht eine S-Bahn nur Sinn, wenn mehr Haltepunkte als bei der Regionalbahn angesteuert werden. Das wiederum verlängert die Fahrtzeit, was kein Fahrgast wirklich will (Carsten-Wilm Müller, Professor an der Hochschule Bremen und Lehrbeauftragter für Eisenbahnwesen an der TU Harburg).
Und dann wurde im Gesamtgemeinderat Tostedt mit deutlicher Mehrheit ein rund 2,5 Millionen teurer Kita-Neubau beschlossen. Die Grünen bezweifeln den Bedarf. Außerdem ist die Wahl des Standorts ein Streitpunkt. Während SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus-Dieter Feindt sagte, der Neubau zwischen Jugendzentrum, Turnhalle und Grundschule sei so etwas wie ein I-Tüpfelchen, ist Burkhard Allwardt (fraktionslos) der Auffassung, der bislang geschützte freie Raum für Schüler und Jugendliche werde mit dem Neubau erheblich eingeschränkt. Ein tolles I-Tüpfelchen, Herr Feindt. Konflikte sind vorprogrammiert.
Ja, Kommunalpolitik kann spannend sein. Dass man es nicht jedem recht machen kann, ist mir klar. Aber ich finde es schon ‚überraschend’, wenn z.B. der Samtgemeindebürgermeister Parkhäuser aus dem einen Ärmel schüttelt, während er Freibäder am liebsten mit dem Sand aus dem anderen zuschütten möchte. Auf welch wackeligem Grund dann ein Parkhaus stehen kann, wird sich vielleicht schon nach der kommenden Fahrpreiserhöhung und vielen weiteren Verspätungen im öffentlichen Personennahverkehr zeigen, wenn viele Pendler wieder ihr Auto aus der Garage holen. Sicherlich ist es sinnvoll, den Pendler von der Straße zu holen. Aber dann muss es aus allen Richtungen stimmen. Dann kann man nicht utopische, da unbezahlbare oder nicht durchführbare S-Bahnpläne entwickeln und Parkhäuser bauen und gleichzeitig das Ganze durch satte Preiserhöhungen torpedieren.