Was ist bloß mit Ian los? Teil 26: Kashmir & Elegy

Hallo Wilfried !

Gegensätzliche Meinungen und kein Ende abzusehen !

Wenn ich Mr. Anderson durch die Mühlen meiner persönlichen Kritik drehe, werde ich damit dem Anspruch gerecht, den Du im Prolog zur neuen Rubrik formuliert hast: „…eine unkritische Anbetung wird es nicht geben…“.

Wenn Du konstatierst, dass ich Mr. Anderson wieder und wieder kritisiere, darfst Du nicht vergessen, dass er der einzige Künstler ist, mit dessen Werk ich mich sehr intensiv befasse. Warum befasst man sich intensiv mit einem Künstler ? Weil man ihn schlecht findet, ihn ablehnt, ihn nicht mag ?

Ich habe es an anderer Stelle bereits geschrieben: Mr. Anderson ist für mich der Größte. Aber auch er steht nicht jenseits aller Kritik; zumindest nicht bei mir. Ich denke, in einer Schriftensammlung, die nach eigener Aussage kritisch mit einem Thema umgeht, sollte Kritik auch erlaubt sein. Natürlich, das sei an dieser Stelle noch einmal ausführlich erwähnt, handelt es sich bei meinen negativen Äußerungen stets um persönliche Eindrücke; sie erheben keinesfalls den Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

Zu Kashmir:
Das Gekrächze auf der Geige der guten Mrs. Micarelli trägt in meinen Augen wirklich nicht dazu bei, die Coverversion von JT gut zu finden. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass einige Lieder so eng mit ihren Original-Interpreten verbunden sind, dass alle potentiellen „Coverer“ gut beraten wären, die Finger davon zu lassen. Kashmir ist ein solches Lied. Dieser Song gehört zu Led Zeppelin wie der Schwanz zum Hund. Jeder andere kann sich daran nur die Finger verbrennen. Stell‘ Dir vor, Modern Talking hätten damals Locomotive Breath gecovert. Hätte dabei etwas Gutes herauskommen können ?

Dass Mr. Palmer auf dem Warchild-Cover Gottvater darstellt, ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern steht, wenn ich mich recht erinnere, im Booklet dieses Albums. Natürlich in englischer Sprache. Möglich wäre, dass meine bruchstückhaften Kenntnisse dieser Sprache mir einen Streich gespielt haben.

In meiner letzten mail fragte ich Dich nach dem Lied von JT, dass in Deinen Augen die Gruppe am besten repräsentiert. Hast Du das überlesen oder war die Frage zu dumm, um darauf zu antworten ?

Es bleibt dabei: Ian Anderson ist der Größte !
In dieser Gewissheit verbleibe ich
Lockwood

24.10.2006

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Hallo Lockwood,

was rechtfertigst Du Dich so ausführlich? Habe ich Dir den Mund verboten, nein! Es ist doch schön, wenn wir so gegensätzlich debattieren können. Aber genug …

Zu Kashmir mag ich eigentlich nichts Weiteres sagen. Led Zeppelin waren mir damals schnuppe und sind es mir heute auch. Natürlich kenne auch ich das eine oder andere Stück von denen. Aber es hat mich nichts wirklich vom Hocker reißen können. Ähnlich geht es mir mit Pink Floyd. Die waren mir z.B. zu pompös, wenn Du weißt, was ich meine: zu dick aufgetragen! Ähnlich geht es mir mit der Cover-Version von Kashmir. Das liegt in erster Linie an meiner subjektiven Einstellung und weniger an den Fähigkeiten der Musiker (ich höre gerade im Hintergrund Pink Floyds „The Wall“, na ja …).

Modern Talking und Locomotive Breath? Warum eigentlich nicht. Es ist nicht unbedingt das Stück von Tull, das ich repräsentativ und überhaupt gut finde. Da können auch Bohlen und Co. nicht viel kaputt machen.

Von Warchild habe ich nur (nur ist gut) die Vinyl-LP. Es liegt zwar ein Blättchen bei, aber das enthält nur die Texte. Von daher bin ich auch gar nicht auf die Idee gekommen, David Palmer entsprechend zu klassifizieren. Aber er war sicherlich so etwas wie ein väterlicher Freund von Ian Anderson, der ihn auch in musikalischen Dingen unterstützend zur Seite stand. Gottvater ohne Gott. Auch übrigens: Das wohl 2002 aufgenommene Video mit Noch-David Palmer und Ian Anderson habe ich gefunden (ich muss meine Festplatte wirklich einmal ausmisten, ist schlimmer als in den Ställe des Augias). Ich habe mich bei youtube.com angemeldet. Dort findest Du das gute Stück namens Elegy.

„Stell‘ Dir vor, Du müsstest jemandem, der JT nicht kennt, ein Lied der Gruppe nennen, das repräsentativ für das musikalische Werk der Gruppe steht. Nur ein Lied.“ Deine Frage habe ich nicht vergessen. Was soll ich darauf antworten? Eiskalt wie ich bin: Living in the Past. Unbedingt repräsentativ ist das nicht. Aber es war das erste Stück, das ich von Tull gehört habe und das das Feuer in mir gelegt hat, das heute noch brennt – um es einmal ganz dick aufgetragen zu formulieren. Damals war an „Thick as a Brick“ und dergleichen noch gar nicht zu denken. „Living in the Past“ ist in einem schönen 5/4-Takt, was auch nicht alle Tage vorkommt und so schon etwas aus dem 4/4-Takt-Einerlei heraussticht.

Jethro Tull: Living in the Past - Notenauszug

Für heute genug.
Bis bald
Wilfried

24.10.2006

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Hallo Lockwood,

Ein Nachtrag zu Palmer und Gottvater: Das englische godfather (so wird es doch wohl im Booklet heißen) hat nicht viel mit dem deutschen Gottvater zu tun. Es bedeutet nur Pate, Patenonkel usw. und ist sinngemäß ein Vater, der von Gott eingesetzt wird. Also ein Ersatzvater. Das kommt meiner Einschätzung der Rolle Palmers zu Ian Anderson sehr nahe. Er war eine Art Vaterfigur, wenn auch im Wesentlichen musikalischer Art.

Gruß
Wilfried

25.10.2006

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Hallo Wilfried,

den genauen Wortlaut des Booklets kriege ich im Moment nicht hin. Ich halte es für denkbar, dass dort nicht der Begriff Godfather stand, sondern Gott, und ich das nur mit Gottvater übersetzt habe.

Die Kostümierung des Mr. Palmer auf Warchild zeigt eher eine Figur, die an Gott erinnert (oder so, wie er Jahrhunderte lang in der Kunst dargestellt wurde) als an einen Patenonkel. Ich werde es im Booklet nachlesen, dann haben wir Klarheit.

Viele Grüße
Lockwood

25.10.2006

English Translation for Ian Anderson