Lange hat man ihn verspottet, von Otto Waalkes, der ihn in einem Spot als Vampir auferstehen und eine Techno-Version von „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ singen ließ, bis zu Norbert Hähnel, dem wahren Heino aus Berlin, der im Vorprogramm der Toten Hosen auftrat. Aber aller Häme zum Trotz, war und ist er eine Karikatur seiner selbst: Heinz Georg Kramm alias Heino.
So nebenbei: Der „echte“ Heino erwirkte vor dem Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung gegen Hähnel. Infolge dessen durfte Hähnel nicht mehr als „Heino“ auftreten und musste 10.000 DM Ordnungsgeld zahlen. Die Toten Hosen spielten ein Benefizkonzert, um das Ordnungsgeld und die Kosten für Hähnels Anwalt zu tragen. Hähnel nahm das Geld dankend an, weigerte sich aber, die Strafe zu zahlen und saß ersatzweise lieber Ordnungshaft ab. Hähnel äußerte den Verdacht, der „echte“ Heino hätte nur gegen ihn geklagt, weil er befürchtete, seine Fans könnten langsam zu ihm, dem wahren Heino, überlaufen. (Quelle: de.wikipedia.org)
„Wer Heino schätzte, wusste immer, dass sein gesamtes Oeuvre eine subtile – na ja, subtil ist vielleicht übertrieben –, jedenfalls eine Dekonstruktion national-chauvinistischer Mythen und reaktionärer Einstellungen darstellt. Wer sonst hätte ganze Mehrzweckhallen bierseliger Deutscher dazu bringen können, offen zu bekennen: ‚Schwarzbraun bin auch ich!’“ (Quelle: welt.de – ich staune …)
Nun hat Heino ein Album mit Cover-Versionen von den Ärzten bis zu Rammstein aufgenommen: Mit freundlichen Grüßen. Und (fast) ganz Deutschland hat endlich ein Thema, um sich zu erregen – für oder gegen den blonden Barden aus Düsseldorf.
Dabei hat Heino die Originalinterpreten bzw. Rechteinhaber nicht gefragt, ob er ihre Lieder covern darf. Dies hatte nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Produktion. So durfte er an Komposition und Text nicht die kleinste Kleinigkeit verändern und musste sich stur ans Original halten. Täte er dieses nicht, bedarf es nur eines anwaltlichen Schreibens von einem der Rechteinhaber und die komplette Auflage landet im Shredder. Dies möchte Heino natürlich nicht, also bleibt alles wie beim Original.
Nun, ich habe einmal in „das verbotene Album“ hineingehört. Den Trubel kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Heino klingt weiterhin wie Heino. Zwischen den verschiedenen Musikstilen differenziert er nicht. „Wo ist der Unterschied, ob ich ‚Junge komm‘ bald wieder’ von Freddy Quinn oder ‚Junge’ von Die Ärzte singe?“, sagt Heino selbst. Er muss es wohl wissen.
Erstaunlich ist dabei besonders die Reaktion derer, die Heino bislang verachtet haben. So kaufen Leute das neue Album, obwohl sie „normalerweise keine Heino-Fans“ sind, finden die Scheibe „witzig und unterhaltsam“ oder sogar „endgeil“. Sicherlich ist die (Geschäfts-)Idee zu diesem Album clever zu nennen. Auch der Zeitpunkt, die Karnevalszeit, ist bestens gewählt. Und was Heino in all den Jahren seiner Karriere nicht gelungen ist, das gelingt ihm jetzt: Die Numero eins in den Charts zu sein. Selbst zum legendären „Wacken Open Air“ soll Heino nun eingeladen sein.
Jetzt darf man Heino also statt in schalldichten Kellerräumen auch bei der nächsten Gartenparty abspielen, ohne als verkappter Heino-Fan abgetan zu werden. Und wer nicht in diesen kollektive Jubel ausbricht, ist ein Spielverderber.
Nicht dass ich Herrn Kramm diesen Erfolg missgönne. Diese Art der späten Rache an seinen Verächter hat durchaus seine witzige Seite. Aber deshalb muss ich mir doch nicht dieses Album kaufen. Statt die Rentenkasse des Herrn Kramm aufzubessern, sollte man doch besser talentierte Nachwuchsmusiker unterstützen. Trotzdem Glückwunsch, Herr Kramm! Aber bitte NICHT weiter so …?!
siehe auch meinen Beitrag:
Die lebende Schlaftablette: Heino vor Gericht