- Vielleicht war das bereits Liebe? Drohte die Zweisamkeit als Vereinzelung und spezielle Form der Einsamkeit, der Rückzug aus dem urbanen Leben. Die Paarbildung führte zur Lösung aus der Gruppe, war gerade deshalb Pfeiler der Macht des Staates. Gruppen ließen sich nicht so gut lenken. In ihnen herrschte Solidarität. Paare verlangten untereinander Loyalität. Brahms schwankte …
(Gunter Gerlach: Tod in Hamburg, S. 107)
Auf besondere Empfehlung hin habe ich den Kriminalroman Tod in Hamburg: Brahms ermittelt (Ein Ellert & Richter Krimi – Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2008) von Gunter Gerlach gelesen. Er spielt in Hamburg und Hamburg spielt dabei eine durchaus wichtige Rolle. Ich mag Krimis mit Lokalkolorit.
Lutz Brahms, Gitarrist und privater Ermittler, findet die Leiche seines Bandkollegen Robert Manley. Schnell wird klar: Robert Manley hatte viele Feinde. Doch wer war sein letzter Gast?
Brahms nimmt die Ermittlungen auf und lässt sich von seiner Spürnase kreuz und quer durch Hamburg führen – sehr zum Verdruss seines Vaters, eines bekannten Kaffee-Importeurs, der seinen Spross endlich im Familienunternehmen sehen will.
Von den grünen Vierlanden bis zum noblen Blankenese, von der szenigen Schanze bis zum schicken Eppendorf – Gunter Gerlach fängt die Atmosphäre und den Charme der Hansestadt ein und lässt seinen Helden und Hundekenner an allen Ecken schnüffeln.
(aus dem Umschlagtext)
Im Nachhinein hat dieser Kriminalroman seine eigenen Besonderheiten. Selten haben sich so viele Verdächtige selbst bezichtigt. Und am Ende stellt sich der Fall als ein Doppelmord heraus. Nicht das zwei Menschen ermordet werden, nein, ein Mensch wird – unabhängig voneinander – von zwei Menschen ermordet. Die Idee hat etwas. Aber die Umsetzung scheint mir nicht so ganz geglückt.
Ich kenne Hamburg nun einmal einwenig. Aber „die Atmosphäre und der Charme der Hansestadt“ kommen nicht wirklich herüber. Und auch die Protagonisten bleiben eher blass, allen voran Lutz Brahms, Gitarrist in einer Band, ehemaliger Kammerjäger, jetzt privater Ermittler und zudem Hundeflüsterer. Welch kuriose Mischung.
Natürlich kann und muss man wohl Gunter Gerlachs Kriminalroman aus einer etwas anderen Sicht betrachten. Ich habe bisschen auf Gerlachs Website gestöbert und bin dabei auf durchaus Interessantes gestoßen, z.B. seine visuelle Poesie und öffentlichen Performances. Gunter Gerlach besticht durch außergewöhnliche Ideen (die Idee vom „Doppelmord“ hat ja etwas – oder die Allergie-Krimis). Es ist wohl schon richtig, dass „seine Helden in kein Schema passen, seine Sprache anders ist.“ (Joachim Schneider, Badische Zeitung). So habe ich mich auch für ein Zitat (siehe oben) aus dem Buch entschieden, das so gar nicht zu einem Kriminalroman passen will und vielleicht doch ganz gut den „Tonfall“ des Buchs wiedergibt.
siehe auch Gunter Gerlachs Beiträge im CULTurMAG: Gerlachs Unmögliche Lektüren (u.a.)