- 7:1. Würde dieses Ergebnis nicht morgen früh frischtätowiert auf Jerome Boatengs Unterarm prangen, wir würden es wohl nicht glauben.
Dirk Gieselmann (11freunde.de)
Nun ist es also amtlich: die deutsche Mannschaft spielt am Sonntag (Anstoßzeit 21 Uhr MESZ) im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft gegen Argentinien. Während Deutschland gegen Brasilien am Dienstag ein Fußballfest feierte (siehe 11Freunde-Liveticker zum Nachlesen und Schmunzeln: Wenn dir etwas gefällt, analysiere es nicht, sondern tanze dazu!), konnte sich im 2. Halbfinalspiel Niederlande-Argentinien (siehe 11Freunde-Liveticker: Argentinien holt Silber) keiner so recht für das Fahrziel entscheiden: Brasilia zum Spiel um Platz 3 gegen Brasilien oder nach Rio de Janeiro zum Endspiel. Da selbst nach 120 Minuten kein Tor fiel, entschied das Elfmeterschießen zugunsten der Argentinier. Louis van Gaal hatte leider schon drei Spieler ausgewechselt (aber keiner der Joker zog), sodass Tim Krul nicht Held spielen konnte. Bis gestern noch als Taktikerfuchs gefeiert, mögen ihn heute die Holländer eher in den Hintern treten: van Gaal versucht von seiner verfehlten Defensivtaktik abzulenken und wettert gegen FIFA und Spiele um 3. Plätze.
- Bis gestern Abend war das noch ein Witz, jetzt ist es Wirklichkeit: Treffen sich ein Holländer und ein Deutscher beim Bäcker. Fragt der Deutsche: »Gegen wen spielt ihr morgen eigentlich?« Sagt der Holländer: »Argentinien!« Darauf der Deutsche: »Ach, guck an! Gegen die spielen wir am Sonntag!«
Nun ein solches Spiel wie das gegen Brasilien verdient besonderer Betrachtung. Zuvor ein kleiner Rückblick: 1970 noch jung an Jahren und damit dank der Gnade früher Geburt durfte ich ein WM-Spiel live am Fernsehgerät miterleben, dass als das Jahrhundertspiel in die Geschichtsbücher des Fußballsport einging: ebenfalls ein Halbfinalspiel, damals bei der WM in Mexiko: Deutschland-Italien, das in der Verlängerung 3:4 für Italien endete. Dieses Spiel und zuvor die Aufholjagd der deutschen Mannschaft im Viertelfinale gegen England (nach 0:2 noch ein 3:2) hatten großen Anteil daran, dass die WM von 1970 bis heute (bis Dienstag!) als fußballerisch bisher beste WM bezeichnet wird.
Nun das Spiel am Dienstag dürfte vielleicht als das Jahrhundertspiel des 21. Jahrhunderts verbucht werden. So etwas gibt es nicht alle Tage. Daher hier zum Nachlesen die Einzelkritiken der deutschen Akteure, einmal in Kurzfassung bei stern.de: Es regnet Einsen – nur einer bekommt keine – und einmal etwas ausführlicher bei 11freunde.de: Nashörner auf Anabolika.
Zum Endspiel 2014: Mir sind die Argentinier irgendwie lieber. Dank einer lange währenden Feindschaft mit Brasilien darf man davon ausgehen, dass die brasilianischen Fans die deutsche Mannschaft unterstützen werden. Aber mir ist vor allem ein Filigrantechniker des Schlags Messi lieber als der Hauruck-Fußballer Arjen Robben. Nichts gegen Robben. Er war (sic!) sicherlich einer der Stars dieser WM. Aber sein immer gleiches schablonenhaftes Angriffsspiel (Sprint auf der rechten Außenbahn, dann der Hakenschlag um 90 Grad Richtung Spielfeldmitte und dort dann der Torschussversuch) kann ich nicht mehr sehen. Wie die Holländer so spielen die Argentinier allerdings weitgehend defensiv. Da tut sich also nicht viel. Da müssen die Deutschen den Riegel schon knacken. Schauen wir mal (auf der Arbeit habe ich ein 2:0 für Deutschland getippt).
Eine Fußball-Europameisterschaft oder wie jetzt die Fußball-Weltmeisterschaft – das ist auch Béla Réthy, der Fernsehkommentator, wenn der Ball im ZDF rollt. Er kommentierte u.a. die Endspiele der Europameisterschaft 1996 in England (Deutschland gegen Tschechien), der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea (Deutschland gegen Brasilien), der Europameisterschaft 2004 in Portugal (Portugal gegen Griechenland), der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 (Spanien gegen Niederlande) und der Fußball-Europameisterschaft 2012 (Spanien gegen Italien). Wie gut, dass das Endspiel bei der Weltmeisterschaft in Brasilien in der ARD (Kommentator: Tom Bartels) ausgestrahlt wird.
Nichts gegen Réthy. Es gehört zu einem Fußballländerspiel wie das Salz zur Suppe (wenn diese vielleicht auch oft genug versalzen ist). „Na klar, ein, zwei schräge Sätze“ sind immer dabei. Und lt. focus.de kommt er oft genug „daher wie der abgehalfterte Reiseführer einer Bus-Sightseeing-Tour. Das ist ein Ball! Das war ein Foul! Manchmal vergisst er Sehenswertes oder bringt auch mal Spieler durcheinander. … Réthy scheint zum Lothar Matthäus seines Gewerbes zu mutieren.“
„‚Ein 0:0 zur Halbzeit, das sich anfühlt wie ein 0:0’, mit dieser Botschaft schickte er die Zuschauer zum kalten Bier im Kühlschrank nach der ersten Halbzeit. Ein anderer Rethy-Satz: ‚Er hat eine Torquote von null, das ist für einen Torjäger nicht viel.’ Na, wo er Recht hat, hat er Recht.“ (Quelle: tagespiegel.de)
Manchmal weiß man wirklich nicht, ob es eher verbaler Slapstick oder einfach nur Gedankenverlorenheit ist, was Béla Réthy in Sätze verpackt. Seine Sprüche werden inzwischen als Best of im Netz gesammelt. Und wer Réthy absolut nicht mag, darf sich über Facebook der Gruppe BelaRethyUnlike anschließen.
Wie bereits erwähnt: Dieses Mal überträgt die ARD das Endspiel – und da ist Béla Réthy außen vor (aber auch Tom Bartels hat seine Kritiker). Wer partout weder Réthy noch Konsorten ertragen möchte, kann gewissermaßen den Kommentatoren die ‚rote Karte’ zeigen und den Fernseh- durch den Radiokommentar der ARD austauschen. ARD und ZDF übertragen diesen als zweite Tonspur, die sich bei gängigen Fernsehgeräten auswählen lässt. (siehe www.focus.de/digital).
Fernbedienung: z.B. Umschalten bei Stereo-/Bilingualsendungen
Und wer’s einmal ganz anders will, der kann Fußballspiele live selbst kommentieren – oder anderen dabei zuhören über marcel-ist-reif.de.
Wer etwas für Taktik übrig hat und sich z.B. das unfassbare 7:1 ‚erklärt’ haben möchte, der kann dies bei spielverlagerung.de tun. Da lernt man noch etwas ‚fürs Leben’.
Zuletzt: Angeblich sollen die Chancen für das deutsche Team bei 61 zu 39 % liegen (Quelle: fivethirtyeight.com). Ich habe ja wie geschrieben ein 2:0 für Deutschland getippt. Eines sei aber wiederholt: Jedes Spiel ist anders. Und wer ein ähnliches Spektakel wie gegen Brasilien erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden. Wohin allerdings ‚taktische Zwänge’ führen, haben wir im letzten Spiel der Niederländer gesehen. Da mag Louis van Gaal noch so ein Supertaktiker sein, wenn Herz und Leidenschaft fehlen, dann wird das nichts. Was das anbelangt, da bin ich bei der deutschen Mannschaft zuversichtlich. Die bewahren zudem immer auch einen ‚kühlen Kopf’. Auf denn nach Rio!