Nun ja, der SV Werder Bremen hat immer noch die schlechteste Abwehr der Bundesliga (40 Gegentreffer nach 19 Spieltagen), aber mit 30 Toren mehr Treffer erzielt als z.B. der Tabellendritte Borussia Mönchengladbach (nur 27). Zahlenspiele, ist klar, die keinen in Bremen jucken.
In der Winterpause hat sich einiges getan bei Werder. Das Seltsame zuerst: Die Bremer haben eine Art Abo auf Torhüter. Zwar ist Sebastian Mielitz im letzten Sommer zum FC Freiburg gewechselt; und Richard Strebinger wurde bis zum kommenden Sommer an Jahn Regensburg ausgeliehen. Aber neben Raphael Wolf und Raif Husic (kam im Sommer 2014 zu Werder) hat man mit Michael Zetterer und Koen Casteels (ausgeliehen von Wolfsburg) jetzt vier Torwarte, so viele passen gar nicht in ein Tor hinein.
Den vermeidlich spektakulären Wechsel gab es nicht. Mit dem Uwe-Seeler-Enkel Levin Öztunali wurde von Bayer Leverkusen bis zum Sommer 2016 ein offensiver Mittelfeldspieler ausgeliehen, der in Bremen Spielpraxis sammeln soll – und hoffentlich die Mannschaft weiter nach vorn bringt. Erwähnenswert, da gerade in den ersten beiden Spielen voll überzeugend: der junge Däne Jannik Vestergaard (aus Hoffenheim kommend), der als Innenverteidiger mit bisher dafür gesorgt hat, das es in diesen ersten beiden Spielen der Rückrunde nur ein Gegentor gab.
Und schon sind wir beim Spielbetrieb. Gucken wir aber erst einmal in die Runde. Bei den Bayern stottert noch ersichtlich der Motor (fünf Gegentore in zwei Spielen sind bereits ein Tor mehr als in der ganzen Hinrunde), Wolfsburg etabliert sich als Bayern-Verfolger, Augsburg mischt weiter vorn mit – und Borussia Dortmund hat bereits eine Lizenz für die Zweite Liga beantragt.
Während dem SC Paderborn 07 so langsam die Luft ausgeht und die Mannschaft ‚nach unten durchgereicht’ wird (wie man so schön sagt), schlägt bei Werder das Skripnik’sche Jungbrunnenkonzept langsam, aber sicher durch. In der winterlichen Transferphase hat man zwar einiges Geld investiert (siehe oben), aber den Geldbeutel dabei nicht allzu sehr strapaziert. Den jungen Innenverteidiger Vestergaard habe ich ja bereits erwähnt. Nach heutigem Stand hat man da einen wirklich Guten nach Bremen geholt, der ein Problem (die löchrige Abwehr) minimieren könnte.
Und mit Franco di Santo ist nach längerer Verletzungspause auch endlich wieder ein Topscorer unterwegs, der sich zudem mit Davie Selke, unserem U19-Europameister, bestens zu verstehen scheint. Selke hat gottlob noch bis 2018 Vertrag, di Santo bis 2016, was man aber in absehbarer Zeit ändern sollte. Einziger Wermutstropfen: Der Vertrag von Zlatko Junuzovic, einer der wirklich Guten im Team, geht nur noch bis zum Sommer. Aber vielleicht kann man an dieser Schraube auch noch drehen.
Natürlich sollte und kann man nach diesem gelungenen Rückrundenstart der Bremer (mit dem Hinrundenende drei Siege in Folge) nicht in Euphorie ausbrechen. Aber das Tabellenende hat man erst einmal hinter sich gelassen und was man da bisher auf dem Spielfeld gesehen hat, lässt ‚aufhorchen’. Da überraschen zwar die Meldungen, dass z.B. Mehmet Ekici, der mit Verlust an Trabzonspor weitertransferiert wurde, dort wohl endlich die Leistungen bringt, die man zwar in Bremen von ihm erwartet hatte, die er aber höchstens in zwei oder drei Spielen auch tatsächlich ablieferte. Oder Eljero Elia (ausgeliehen an den FC Southampton) und Nils Petersen (ausgeliehen an den SC Freiburg), die dort mit Toren auf sich aufmerksam machten (Letzerer gleich in seinem ersten Spiel mit einem echten Hattrick). Ich behaupte: das waren Eintagsfliegen! Auch Ludovic Obraniak hat in der türkischen Süper Lig bei Caykur Rizespor endlich eine sportliche Heimat gefunden. Den Bremern lag er nur auf dem Portemonnaie.
In Bremen setzt man verstärkt auf Jugend. Und das ist auch gut so. Nach der sportlichen wie finanziellen Talfahrt kann und sollte es nur über sportlichen Erfolg wieder aufwärts gehen. Viktor Skripnik, der Trainer, scheint wirklich das richtige Händchen für die Spieler zu haben. Jedes Vorrücken um weitere Plätze in der Tabelle (jetzt ist es Platz 11) spült Geld in die doch eher klamme Kasse. Profifußball ist nun einmal ein Geldgeschäft.
Noch vor Wochen schaute man in Bremen eher betrübt aus der Wäsche. Wie schnell sich das ändern kann. Wie sehr der Kopf dabei mitspielt, lässt sich an der Borussia aus Dortmund ablesen. Da haben sie einen Trainer, den man vor kurzer Zeit noch über den Klee lobte. Da haben sie dort Spieler, die jeder andere Verein auch gern hätte (nicht nur den Reus). Und doch krebsen die seit Wochen in den Niederungen der Fußball-Bundesliga herum. Noch ist nicht aller Tage Abend. Aber noch scheint die Sonne auch keine 24 Stunden am Tag!