Okay, ich bin auch nicht der geborene Kameramann. Besonders auf früheren Filmaufnahmen ruckelt das Bild etwas zu oft, die Schwenks sind viel zu schnell ausgeführt und die Zooms … na ja. Heute ist jeder Eigentümer eines Handys, eines Smartphones oder Tablets sein eigener Kameramann samt Regisseur in Personalunion. Dass da nicht gerade Oscar-verdächtige Filmaufnahmen entstehen, ist klar. Aber was da leider viel zu oft ins Netz gestellt wird, ist Augenkrebs erzeugend.
Krönung dieses Auswuchses sind Hochkant-Aufnahmen. Natürlich kann man Fotos sowohl im Hoch- als auch Querformat aufnehmen. Aber hat schon einmal einer einen Film in hochkant gesehen? 90 Minuten lang oder noch länger? Warum filmt ihr also im Hochformat? Oder gefallen euch etwa diese dicken schwarzen Balken (Trauerränder!) links und rechts, wenn ihr eure Aufnahmen einmal auf einem normalen Bildschirm betrachtet?
So beengt die Aufnahmen sind, so eingeengt erscheint mir das Blickfeld dieser Amateurfilmer zu sein (Tunnelblick!). Und wenn’s schlimm kommt, dann beschränkt sich auch ihre Sichtweise auf die Dinge und Ereignisse dementsprechend. Sie nehmen nur noch das wahr, was unmittelbar vor ihnen liegt.
Die Medienrevolution verschwimmt also in hochkanten Wackelbildern. Dank Livestreaming-Apps haben viele ihren eigenen Nachrichtensender in der Tasche. Bei den Anschlägen in Paris waren viele Linsen von Handykameras auf die Ereignisse gerichtet. Das Ergebnis waren meist verwackelte, wenig aufschlussreiche Bilder: Polizei auf den Straßen, laufende Menschen, gelegentlich eine Sirene im Hintergrund. Die Bilder waren dank des Ansturms und der daraus resultierenden schwachen Netzqualität verschwommen: Die 1000 Augen des Dr. Mabuse!
Die 1000 Augen des Dr Mabuse – BRD/Frankreich/Italien 1960 – Regie: Fritz Lang
Smombie wurde 2015 im Auftrag des Langenscheidt-Verlags von einer Jury zum so genannten „Jugendwort des Jahres“ in Deutschland gewählt. Es handelt sich dabei um ein Kofferwort aus den Begriffen „Smartphone“ und „Zombie“. Es steht für Menschen, die durch den ständigen Blick auf ihr Smartphone so stark abgelenkt sind, dass sie ihre Umgebung kaum noch wahrnehmen. Solchen Smombies begegnet man an allen Ecken und Kanten. Meist blockieren sie unseren Weg.
Was die Anschläge von Paris angeht, so witterten einige dieser Smombies das große Geschäft und versuchten ihre aufgezeichneten Videos aus der Anschlagsnacht und den darauffolgenden Tagen an die Medien zu verkaufen. Man kann es ja mal versuchen. Geschmacklosigkeit kennt keine Grenzen!