Was für ein Saisonende für den SV Werder Bremen. Bis zur 88. Spielminute im ‚Endspiel‘ gegen die Eintracht aus Frankfurt sah es so aus, als müsse Werder in der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg ‚nachsitzen‘. Dann fiel das erlösende Tor durch eine Gemeinschaftsaktion von Anthony Ujah und Papy Djilobodji. Am Ende der Saison finden sich die Bremer plötzlich sogar auf Platz 13 mit 38 Punkten wieder. Insgesamt war es ein Spiel auf des Messers Schneide, zumal den Frankfurtern ein Unentschieden genügt hätte, um sich zu retten. So bleibt der SV Werder weiterhin der Fußballbundesliga erhalten.
Ohne Zweifel haben die Werder-Fans großen Anteil an diesem Erfolg. Besonders jetzt in der Endphase standen sie hinter der Mannschaft und unterstützten diese lautstark. Schon allein der Empfang des Mannschaftbusses am Weserstadion war sensationell.
WAHNSINN!!! THIS IS OSTERDEICH (Werder TV)
Werder ist Bremen und Bremen ist Werder. Es ist gar nicht auszudenken, was wäre, wenn sich die Mannschaft in der 2. Liga wiedergefunden hätte. Neben den finanziellen Einbußen litte auch das Renommee der Stadt Bremen. Nicht nur Werder-Fans dürfte ein Stein vom Herzen gefallen sein.
Nach der Saison ist bekanntlich vor der Saison. Nachdem Clemens Fritz bereits ein weiteres Jahr dranhängt, hat auch Claudio Pizarro nachgezogen und bleibt weitere 12 Monate an der Weser. Mit seinen 14 Treffern (Platz 6 der Torjägerliste 2015/2016) hat der Oldie aus Peru einen erheblichen Anteil am Klassenerhalt. Dafür werden Papy Djilobodji (Ausleihe von FC Chelsea) und Levin Öztunali (Ausleihe von Bayer Leverkusen) den Verein wieder verlassen. Auch Jannik Vestergaard dürfte Werder den Rücken kehren, was angesichts der weiterhin vorhandenen Abwehrmisere der Bremer sicherlich ein herber Verlust wäre. Allerdings will man ihn nur für eine hohe Ablösesumme gehen lassen.
Erste Verstärkung kündigten sich ja bereits vor Wochen an: Justin Eilers vom Aufsteiger in die 2. Liga, Dynamo Dresden, und Torschützenkönig der 3. Liga kommt nach Bremen (vielleicht ein 2. Jamie Vardy, Leicester City?), ebenso Thanos Petsos von Rapid Wien fürs defensive Mittelfeld. Mit den Rückkehrern Felix Kroos und Levent Aycicek dürfte es da in der nächsten Saison ein ziemliches Gedränge im defensiven Mittelfeld geben – wie auch in der Mitte des Sturms mit Lennart Thy, der sich diese Position mit Ujah, Pizarro und dem hoffentlich bald genesenen Aron Jóhannsson streitig machen dürfte.
Eine Verstärkung der Abwehr, besonders wenn Vestergaard gehen sollte, tut mehr als Not. Es droht der Innenverteidigung ein kompletter Umbau.
Dann stellt sich natürlich die Trainer-Frage. Es sieht so aus, als könnte es hier einen Machtkampf zwischen Marco Bode (Aufsichtsratschef und Pro Skripnik) und Eichin (Sportchef und Kontra Skripnik) geben. Viktor Skripnik wird vorgeworfen, er hätte „kein Spielkonzept, keine klare Linie bei Personalentscheidungen und kein Trainingsprogramm, das die Mannschaft weiterbringt.“ So habe in der Endphase der Saison „die Mannschaft quasi das Zepter übernommen – mit Führungsspielern wie Clemens Fritz und Claudio Pizarro an der Spitze. Zudem wurde Sportpsychologe Prof. Dr. Andreas Marlovits ganz eng zu den Profis geholt – gegen den Willen von Skripnik.“ Und weiter: „Skripnik ist mit der Aufgabe des Cheftrainers überfordert. Er kann Mannschaft und Mitarbeiter nicht führen, er muss selbst geführt werden. Er betrachtet die Medien als Feinde und verweigert sich damit einer im Jahre 2016 sehr wichtigen Aufgabe eines Bundesliga-Trainers: der Öffentlichkeitsarbeit. – Skripnik hat auch den Kontakt zur Basis verloren, er nimmt überhaupt keinen Einfluss auf die Nachwuchsarbeit. Das kann nicht der Werder-Weg sein, von dem auch der Aufsichtsrat immer wieder spricht.“
(Quelle: kreiszeitung.de: Ein gefährlicher Machtkampf – Die Mannschaft rettet sich selbst)
Das sind natürlich heftige Vorwürfe. Der Chefcoach ist ein Schüler von Thomas Schaaf. „Er war damals dabei, als Werder für berauschenden Offensivfußball stand. Dominant. Druckvoll. Mit Raute und tollen Spielmachern. Diesen Fußball liebt auch Viktor Skripnik. Sein Problem: Wenn er so spielen ließ, mit Raute, mit Zehner und ausgerichtet auf Ballbesitz, dann hatte Werder keinen Erfolg, weil die Mannschaft in dieser Besetzung so nicht spielen kann.
Doch wofür steht Werder heute? Das Team hat fußballerische und taktische Defizite. Es fehlte lange die Disziplin, auch defensiv zu denken und zu handeln. Werder war in dieser Saison nur dann gut, wenn der Gegner den Ball hatte. Wenn Werder sein Umschaltspiel spielen konnte – was ursprünglich nicht Skripniks Plan gewesen ist.
Einzig die starke Rückrundenoffensive und der starke Endspurt haben den Klub im Abstiegsstrudel über Wasser gehalten. Spektakel und Debakel – es war alles dabei in dieser Spielzeit. Die unerwarteten Erfolge im DFB-Pokal haben überdies vieles kaschiert. Fakt ist aber: Werder ist im Mai 2016 eine große Baustelle.“
(Quelle: weser-kurier.de: Jetzt braucht Werder einen Schnitt)
Werder-Fans im Freudentaumel (Radio Bremen – buten und binnen)
Skripnik ist ein altgedienter Werderaner, den man natürlich nicht so ohne Weiteres vor die Tür setzt. Aber die alten Zeiten sind nun einmal vorbei. Bekommt er eine Kehrtwendung hin? Wer sollte sonst statt Skripnik den SV Werder trainieren? René Breitenreiter wäre gerade frei … Es sieht so aus, als gäbe man Viktor Skripnik eine weitere Chance.
Nachtrag: Natürlich habe ich Werders U23-Mannschaft nicht vergessen. Nachdem diese letztes Jahr in die 3. Liga aufgestiegen sind, haben sie den Klassenerhalt geschafft. Okay, knapper geht’s nicht: Mit den Stuttgarter Kickers hat Werder Bremen II gleiche Punktzahl und Tordifferenz. Aber die Werder-Jungs haben mehr Tore geschossen. Das zählt. – Leider nicht geschafft haben es die Frauen des SV Werder. Während wie bei den Männern die Frauen des FC Bayern erneut Meister wurden, müssen die Werder-Frauen aus der Bundesliga wieder absteigen.