Ob man es nun Wende, Wandel oder Umbruch nennt, wir haben es mehr oder weniger selbst erlebt: Die friedliche Revolution in der DDR, die zum Ende der SED-Herrschaft führte und den Übergang zur parlamentarischen Demokratie begleitete sowie die deutsche Wiedervereinigung möglich machte. Und dieser politische Wandel vollzog sich auch in den anderen Ländern des so genannten Ostblocks einschl. Jugoslawiens. Die Schlagworte Ende der 80er Jahre lauteten Glasnost und Perestroika.
Jetzt erleben wir einen ähnlichen Umbruch in den arabischen Staaten. Nachdem die Tunesier Ben Ali und die Ägypter Mubarek ‚in die Wüste geschickt’ haben, droht nun auch Muammar al Gaddafi mit seinem Clan das gleiche Schicksal. Große Teile Libyens sind bereits in den Händen der Aufständigen. Aber Gaddafi samt Sohn Saif al Islam al Gaddafi und Anhängerschaft haben sich in der Hauptstadt Tripolis verschanzt. Ein Bürgerkrieg hat begonnen, der vielleicht ein militärische Eingreifen von außen zur Folge haben könnte. Anders als in Tunesien und Ägypten stemmt sich Gaddafi weiter mit Waffengewalt gegen eine Niederlage im Machtkampf.
Und auch im Jemen kommt es zu Massenprotesten. Tausende Menschen versammeln sich immer wieder in der Hauptstadt Sanaa und fordern den Sturz des Präsidenten Salih. Und zumindest auch der Golfstaat Bahrain ist von Protesten der Bevölkerung betroffen.
Die Frage ist natürlich die, in welche Richtung entwickeln sich diese Staaten, die sich von jahrzehnte langer Tyrannei einzelner Despoten haben drangsalieren lassen. Schon fürchten viele neue Gottesstaaten nach iranischem Vorbild. Ich denke, dass viele Faktoren die weitere Entwicklung beeinflussen. Wichtig dabei ist, wie die westlichen Staaten auf diesen Umbruch reagieren. Wenn diese nur nach Gas und Öl schielen, dann müssen sie damit rechnen, etwas auf die Finger zu bekommen (nach südamerikanischem Vorbild). Es kann nur kooperativ auf Augenhöhe vorgegangen werden. Besonderes Fingerspitzengefühl ist sowohl von Politik und Wirtschaft erforderlich. Wer sich keine Freunde zu schaffen versteht, der schafft sich Feinde. Da China besonders hungrig nach Energie ist, wird das Land versuchen, seinen Einfluss in den arabischen Ländern zu erhören.
Apropos China: Die Nachrichten vom Umbruch in vielen arabischen Staaten sind auch in China angekommen und lassen die Machthaber in Peking äußerst nervös reagieren. Da die «Jasmin-Revolution» befürchtet wird, lässt man den Sicherheitsapparat aufmarschieren, um schon die kleinste Aktion im Keim zu ersticken. Man darf gespannt sein, wie sich die politische Lage in China entwickelt. Der Wandel zu einer freiheitliche Demokratie dürfte aber schwerlich in Gang kommen.